Die Sakristei Des Todes
dem Boden. Er bewunderte
Bonaventuras schwarze Geschmeidigkeit, als dieser Lord der Gassen,
dieser einohrige König der Katzen, zierlich seine Milch
aufschleckte. Bonaventura liebt seine Milch, dachte Athelstan, wie
Cranston seinen Wein liebt. Der Bruder ging geistesabwesend zurück
in die Küche, setzte sich auf einen Schemel und starrte in die
ersterbende Glut des Feuers. Wie es dem braven Coroner wohl ergehen
mochte? Athelstan hatte mit der Einladung des Regenten ebensowenig
anfangen können wie Sir John, denn Cranston war kein Freund der
höfischen Partei.
»Hoffentlich ist er vorsichtig«,
murmelte Athelstan. Er schaute in seinen Weinbecher und lächelte.
Der Coroner hatte einen großen Wanst, einen großen Mund und ein
großes Herz, aber Athelstan fürchtete, daß Cranstons unverblümte
Ehrlichkeit ihn eines Tages in Gefahr bringen könnte. Er schloß die
Augen und sprach ein kurzes Gebet für Cranston und seine Frau, die
zierliche, stille Lady Maude, den einzigen Menschen, den Cranston
wirklich fürchtete. Athelstan schüttelte den Kopf; es wunderte ihn,
daß eine so zerbrechliche Lady derart stämmige Zwillinge wie
Francis und Stephen hatte gebären können. Gewiß, sie hatte bei der
Entbindung große Schmerzen gelitten und hinterher ein wenig Fieber
gehabt, aber jetzt sah Lady Maude jünger aus als zuvor, und
Cranston stolzierte umher wie ein Pfau. Der Ordensbruder lachte
leise bei sich, als er daran dachte, wie er vor nur wenigen Wochen
die Zwillinge in dem kleinen Taufbecken gleich hinter dem Eingang
von St. Erconwald getauft hatte. Die Jungen hatten sich die Seele
aus dem Leib gebrüllt, und Athelstan hatte nur mühsam ernst bleiben
können, denn die beiden glichen einander wie zwei Erbsen aus
derselben Schote. Niemand konnte daran zweifeln, daß es Cranstons
Söhne waren: rotgesichtig, brüllend, kahlköpfig, rülpsend und
furzend, wenn sie nicht gerade nach den großzügigen Brüsten einer
inzwischen erschöpft aussehenden Amme heulten.
Während der ganzen Zeremonie hatte
Cranston, der strahlende Vater, leicht vorwärts und rückwärts
geschwankt und hin und wieder ein Schlückchen aus seinem
wundersamen Weinschlauch genommen - so genannt, weil dieser
anscheinend nie leer wurde. Die Taufe hatte in einem Chaos geendet,
als Ursulas Sau in die Kirche gekommen und Bonaventura auf
Cranstons Schoß gesprungen war. Cecily, die Kurtisane, hatte eine
Ohrfeige von der Frau des Mistsammlers Watkin bekommen, die
behauptete, das Weib mache ihrem Mann schöne Augen. Die ganze Zeit
hatten Lady Maudes Verwandte und Sir Johns vornehme Bekannte aus
der Stadt vor Entsetzen die Mäuler nicht zubekommen und den
Mummenschanz begafft, der ihnen vorgeführt wurde. Dennoch hatte der
Tag ein gutes Ende genommen; in Cranstons Garten hinter seinem
großen Haus auf der anderen Seite des Flusses war ein kleines
Bankett abgehalten worden. Viele Gemeindemitglieder waren
eingeladen gewesen, und Athelstan hatte in seinem ganzen Leben noch
nicht so viel gelacht; zur Krönung des Ganzen war Cranston sehr
betrunken auf einem Misthaufen eingeschlafen, in jedem Arm ein
schlummerndes
Baby.
Athelstan schrak hoch, als
Bonaventura ihm, lautlos wie ein Dieb, auf den Schoß
sprang.
»Na los, Kater«, murmelte er. »Wir
müssen die Messe lesen, Gebete sprechen.«
Er griff nach dem kleinen
Schlüsselbund, der an seinem Gürtel baumelte, und ging hinaus, um
die Kirche aufzuschließen. Die Sau grunzte ihm freundlich zu, als
er vorbeikam, und kaute weiter fröhlich seinen Kohl. Bonaventura
bedachte das Schwein mit einem verächtlichen Blick und folgte
seinem Herrn hinüber zur Kirche. Crim, einer von Watkins, des
Mistsammlers, zahlreicher Brut, wartete auf der
Kirchentreppe.
»Du willst Meßdiener sein,
Crim?«
»Ja, Pater.«
Athelstan schaute das halb
gewaschene Gesicht an. Der Junge war ein boshafter Engel, aber
heute morgen wirkte er besorgt, ja schuldbewußt, und wollte
Athelstan nicht in die Augen sehen. Der Ordensbruder achtete nicht
weiter darauf. Schließlich hatten Crims Eltern ständig Streit.
Wahrscheinlich hatte es zu Hause Ärger gegeben. Er schloß die
Kirchentür auf und ging hinein. Crim und Bonaventura schlüpften
hinter ihm herein. Athelstan lehnte sich an den Taufbrunnen und
schaute sich beifällig um. Ja, diese bescheidene Pfarrkirche wurde
allmählich schön; die Deckenbalken waren verstärkt, das Dach neu
gedeckt worden, so daß es den winterlichen Stürmen und Regenfällen
widerstanden hatte. Der Boden des
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