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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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scharlachrote
Kammer wurde wieder verschlossen und verriegelt. Die Jahre
vergingen, ich wuchs zu einem jungen Mann heran. Dann, eines Tages,
hörte ein Archivar aus einem Kloster in der Nähe von der
schrecklichen Geschichte. Er bat meine Tante um eine Audienz und
erklärte, er könne das Geheimnis um die scharlachrote Kammer
lösen.« Galeazzo zuckte die Achseln. »Euer Gnaden, liebe Gäste,
weiter kann ich nicht berichten.« Er schüttelte den Kopf, als die
Gäste zornig murrten; sie fühlten sich um eine gute Geschichte
betrogen. »Den Rest überlasse ich dem feinsinnigen Verstand des
Lord Coroner.« Er schaute Cranston geradeheraus an. »Sir John, habt
Ihr noch Fragen?«
    Cranston schüttelte ungläubig den
Kopf. »Vier Menschen starben in diesem Raum, und niemand war
hineingekommen? Man hatte ihnen weder Speise noch Trank gebracht?
Und als sie zu zweit waren, hat der eine den anderen
ermordet?«
    Galeazzo lächelte und nickte.
»Unglaublich!«
    »Mylord Coroner«, erklärte Cremona
so laut, daß alle ihn hören konnten, »was ich Euch erzähle, ist die
Wahrheit!« Plötzlich sprang der junge König auf. »Die
Herausforderung ist ausgesprochen und angenommen!« rief er mit
heller Stimme. »Aber, lieber Onkel und Mylord von Cremona,
Gerechtigkeit muß sein. Wieviel Zeit hat Sir John, dieses Geheimnis
aufzuklären?«
    »Zwei Wochen«, antwortete Galeazzo.
»Heute in zwei Wochen werde ich in diese Halle zurückkehren, und
Sir John muß seine Lösung
präsentieren.«       
    Cranston lächelte den jungen König
an, der ihn öffentlich unterstützte. »Woher soll ich wissen, daß
die Lösung, die ich vorschlage, die richtige ist? Nichts für ungut,
Mylord, aber es kann ja sechs Lösungen geben, die alle richtig
sind.« Galeazzo streichelte seinen seidigen schwarzen
Schnurrbart.
    »Nein, Sir John«, murmelte er und
wandte sich fingerschnippend an einen Gefolgsmann, der hinter ihm
stand. »Die Dokumente!«
    Der Knappe reichte sie herüber.
Eines war eine Pergamentrolle, die Galeazzo an Cranston weitergab.
»Eine Darstellung des Geheimnisses. Darin findet Ihr, was ich
berichtet habe.« Er hob ein viereckiges Stück Velin in die Höhe,
das mit vier purpurroten Wachsklecksen versiegelt war. »Hier ist
die Lösung.« Cremona reichte das Dokument dem König. »Euer Gnaden,
ich vertraue sie Eurer Obhut an, damit der Verdacht auf falsches
Spiel gar nicht erst aufkommen kann.«
    Beifälliges Murmeln erhob sich. Der
junge König klatschte entzückt in die Hände, und Gaunt grinste
Cranston an. »Zwei Wochen, Mylord Coroner«, knurrte Gaunt und
packte Cranston beim Arm. »Keine Sorge, Sir John. Wenn Ihr die
Wette verliert, werde ich die Schuld bezahlen.« Cranston begriff,
in was für eine schreckliche Falle er getappt war, und sein Gesicht
wurde lang. Es ging nicht bloß um den Verlust des Goldes oder die
Schmach der verlorenen Wette - und verlieren würde er, das war klar
aber Gaunt hatte das Ganze als raffiniertes Mittel benutzt, um
seinen italienischen Gast zu erfreuen und, was wichtiger war, sich
den Coroner zu verpflichten. Cranstons Wort hatte Gewicht beim
Bürgermeister, bei den Sheriffs und den führenden Abgeordneten der
Stadt London. Der Coroner war ein Mann, der wegen seiner Integrität
und unverhohlenen Kritik am Hof geachtet wurde. Wenn er Gaunts Geld
annähme, stände er in der Schuld des Regenten, und binnen eines
Jahres würde jedermann ihn für Gaunts Kreatur halten. Cranston
kochte innerlich vor Wut. Er mußte eine vernichtende Antwort
herunterschlucken; seine Finger umklammerten die Tischkante, bis
sie weh taten, und er war taub für die Gespräche ringsum. Er sah
dem Regenten in die Augen, hielt seinem Blick stand und holte tief
Luft.
    »Mylord Lancaster, ich danke Euch
für Eure Großzügigkeit, aber ich werde Euer Geld nicht brauchen.
Ich werde das Geheimnis lösen.«
    Gaunt lächelte und tätschelte seinen
Arm.
    »Natürlich, Sir John. Und es wird
mir eine Freude sein, Eure Lösung zu
hören.«
    Gaunt wandte sich ab und begann ein
Gespräch mit seinem jungen Neffen. Cranston konnte nur dasitzen,
kochend vor Wut über sich selbst und die Gerissenheit des Fürsten.
Eine Stunde später endete das Bankett. Cranston ließ sich von einem
Pagen seine Biberpelzmütze und den wollgefütterten Mantel geben und
stapfte durch die Straßen zur nächsten Schenke. Dort verlangte er
einen Tisch für sich allein, zwei gute Kerzen und den größten Krug
Ale, den die Taverne aufzubieten hatte. Eine Stunde lang las

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