Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
Kirchenschiffs war jetzt eben und
sauber gefegt, und Huddle, der Maler, ein junger Mann von
unbestimmter Herkunft, aber mit einem gottgegebenen Talent für das
Malen und Radieren, füllte jede verfügbare Fläche an Wänden und
Säulen mit farbenfrohen Szenen aus dem Alten und dem Neuen
Testament. Sämtliche Fenster waren jetzt mit Horn- oder
Glasscheiben verschlossen, und Athelstan war entschlossen, die
Gunst irgendeines mächtigen Wohltäters zu erlangen, der buntes Glas
für die Kirche bezahlen würde. Aber St. Erconwald war mehr als nur
ein Haus des Gebets. Hier trafen sich die Gemeindemitglieder, um
Geschäfte zu machen oder die großen liturgischen Feste zu feiern.
Junge Leute kamen, um sich trauen zu lassen; sie ließen ihre Kinder
taufen und sich von ihren Sünden lossprechen, und wenn Gott sie
rief, wurden sie im großen Gemeindesarg aufgebahrt und für den
letzten Segen vor den Lettner geschoben.
    Athelstan trommelte mit den Fingern
auf den Holzdeckel des Taufbrunnens und summte die Melodie des
Liedes, das er eben gesungen hatte. Anfangs hatte er die Pfarrei
gehaßt, denn die schmutzige Kirche hatte ihn abgestoßen; aber
mittlerweile hatte er gelernt, sie zu lieben, sie und die bunten
Gestalten, die ihn umgaben und sein einsames Leben mit der Dramatik
des ihren belebten. Crim war an die Tagträumereien seines Pfarrers
gewöhnt; er galoppierte durch das Kirchenschiff wie ein Pferd, und
Athelstan erinnerte sich plötzlich an Philomel, das ehemalige
Schlachtroß, das jetzt sein Reitpferd und beständiger Gefährte war.
»Gott beschütze uns«, murmelte er. »Der alte Herr wird schon die
Stalitür niedertreten!«
    Eilig verließ er die Kirche und lief
um das Haus herum zu dem kleinen Schuppen, in dem ein Stall für
Philomel eingerichtet worden war. Der alte Gaul wieherte und
schüttelte den Kopf, als Athelstan erschien, und trat sanft mit dem
Huf gegen die Tür. Athelstan gab ihm rasch eine Mischung aus Hafer
und Kleie zu fressen und warf ihm ein wenig Heu in den Stall.
Seinem schwerfälligen Wiegegang und seinen langsamen Bewegungen zum
Trotz hatte Philomel großen Appetit.
    Als Athelstan in die Kirche
zurückkam, saß Leif, der einbeinige Bettler, auf den Stufen. »Guten
Morgen, Pater.«
    »Guten Morgen, Leif. Wie geht es Sir
John?« Der Bettler kratzte sich am Kopf, und sein Pferdegesicht
wurde noch ernster.
    »Der Lord Coroner ist nicht in guter
Stimmung«, antwortete er. »Ich habe ihm erzählt, daß ich zum
Betteln über die Brücke wollte, und da schickte er mich mit einer
Botschaft her. Er hofft, Euch heute abend zu sehen.«
    »Oh, verflixt!« murmelte
Athelstan.
    »Pater«, drängte Leif flehentlich,
»ich habe Hunger, und es war ein weiter Weg.«
    »Die Haustür ist offen, Leif. Über
dem Feuer hängt ein Topf Brühe, und in der Speisekammer ist Wein.
Bediene dich.« Leif brauchte keine zweite Einladung; obwohl er nur
ein Bein hatte, sprang er wie ein Windhund auf und lief zum Haus.
Athelstan sah ihm nach und dachte an Cranston. Wieder ein Mord?
fragte er sich. Oder war es etwas Privates? »Wen kümmert das?«
fragte er den Kater. »Es wird ein schöner Sonntag werden.«
Athelstan kniff die Augen zusammen und spähte zum Himmel.
Vielleicht wurde es Zeit, daß er den wahren Grund für seine
glückliche Stimmung zugab - er war nicht aufgefordert worden, an
der Sitzung des Generalkapitels der Dominikaner zu Blackfriars
teilzunehmen. Dennoch fühlte er einen feinen Stich des Bedauerns.
Schließlich würden ein paar alte Freunde dasein … aber eben auch
William de Conches, der Ober-Inquisitor aus Avignon; er würde die
Debatte über die neuen Lehren des brillanten jungen Theologen
Bruder Henry aus Winchester verfolgen. »Wenigstens das bleibt mir
erspart«, murmelte Athelstan. »Mit wem redet Ihr, Pater?« fragte
Crim und schob den Kopf durch die Kirchentür.
    Athelstan zwinkerte ihm zu. »Mit
Bonaventura. Vergiß nicht, in dieser Katze steckt mehr, als man auf
den ersten Blick sieht.«
    Athelstan ging durch das
Kirchenschiff und am Lettner vorbei, beugte das Knie vor dem
flackernden Ewigen Licht und begab sich in die kleine Sakristei. Er
wusch sich noch einmal Hände und Gesicht, klopfte ein bißchen Stroh
aus Philomels Stall von seiner Kutte und begann, die goldenen
Gewänder anzulegen; die Kirche feierte ja immer noch in der Pracht
der Osterzeit.
    Er fuhr zusammen, als die Tür an der
Rückseite der Kirche krachend aufgestoßen wurde. Doch nicht
Cranston? dachte er. Aber es war nur Mugwort, der

Weitere Kostenlose Bücher