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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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schnell!« Die Augen des Mannes waren angstvoll
geweitet. Schweißperlen rannen ihm über das staubige
Gesicht.
    »Was gibt es?« rief Watkin. »Ich bin
hier der Küster und Vorsitzende des Gemeinderates …«
    »Halt's Maul, Fettsack!« schrie der
Arbeiter. »Pater, Euch brauchen wir. Ihr müßt kommen.« Erregt
fuchtelte er mit den Händen. »Bitte kommt. Wir haben die
Steinplatten weggenommen …« Der Mann schluckte und starrte in die
Runde. »Wir haben die Steinplatten unter dem Altar weggeräumt und
eine Leiche gefunden.«
    Athelstan überlief es kalt; er
schlug mit der Faust auf den Tisch, um den Aufruhr zu beenden.
»Eine Leiche?« fragte er. »Unter unserem Altar?«
    »Na ja, Pater, um ehrlich zu sein,
da liegt ein Skelett, makellos geformt. Liegt einfach da! Es hält
ein kleines hölzernes Kruzifix in der Hand.«
    Angeführt von ihrem Priester
marschierten die Ratsmitglieder aus dem Haus hinaus und in die
Kirche; alle Feindschaft war vergessen. In der Kirchentür blieb
Athelstan plötzlich stehen, und die ganze Gruppe rumpelte und
stolperte ineinander.
    »O nein«, stöhnte er.
    »Keine Sorge, Pater«, erklärte
Watkin fröhlich. »In einer Woche ist das alles wieder in Ordnung.«
Athelstan starrte das Chaos an. Der Lettner war abgebaut, und der
Altarraum sah aus wie ein Bauhof. Die alten Steinplatten waren zu
unordentlichen Haufen gestapelt, und als sie jetzt durch das
Kirchenschiff nach vorn gingen, sah Athelstan das große Loch dort,
wo der Altar früher gestanden hatte. Die anderen Bauarbeiter
umstanden jetzt dieses Loch und schauten hinunter in die
Dunkelheit. Der Mann, der ihn geholt hatte, anscheinend der
Vorarbeiter, winkte Watkin und die übrigen wichtigtuerisch
zurück.       
    »Ihr seht, Pater«, begann er und
schaute sich Zustimmung heischend unter seinen Kollegen um, »der
Altar stand auf einer Steinplatte, die ihrerseits auf einem Block
ruhte, unter dem sich Kies und Erde befanden. Nun« - der Mann
räusperte sich und wischte sich mit dem Handrücken über den
staubigen Mund -, »wie Ihr befohlen habt, wollten wir den Boden des
Altarraums absenken und haben deshalb einen Teil der Erde entfernt.
Tja, und unter dem Altar brach der Boden einfach ein, und das da
haben wir gefunden.« Umdrängt von seinen Pfarrkindern, trat
Athelstan an den Rand der Grube, während einer der Arbeiter
behutsam hineinkletterte und eine Segeltuchplane entfernte.
Athelstan schnappte verblüfft nach Luft. Dort ruhte ein Skelett,
und in den knochigen Fingern hielt es ein kleines Kruzifix, dessen
Holz schon ganz verrottet und weich aussah. Die Handgelenke waren
gekreuzt, die Beine lagen ausgestreckt nebeneinander.
    »Das ist ein Märtyrer!« erklärte
Watkin plötzlich, als gebe er einen großen Triumph bekannt. »Pater,
schaut, es ist ein Märtyrer! St. Erconwald hat seinen eigenen
Heiligen, eine kostbare Reliquie!«
    Athelstan schloß die Augen und
murmelte ein Gebet. Das letzte, was er wollte, war eine Reliquie.
Er glaubte nicht, daß Gottes Wille von Knochensplittern oder
Fleischresten abhing.
    »Woher weißt du, daß es ein Märtyrer
ist?« fragte er matt. »Jemand könnte die sterblichen Überreste auch
einfach hier verscharrt haben.«
    Seine Gemeindemitglieder starrten
ihn erbost an; sie waren wild entschlossen, sich nicht um ihren
Heiligen und Märtyrer bringen zu lassen.
    »Natürlich ist es ein Märtyrer.«
Pike ergriff das Wort, unversehens in schöner Eintracht mit Watkin.
»Hört, Pater, Ihr habt doch schon manchen
Leichnam gesehen; man schmeißt sie einfach in ein Loch und läßt sie
da liegen. Der hier ist aber sorgfältig hingelegt worden, mit dem
Kopf nach Osten.«
    »Und das Kreuz!« krähte Ursula
triumphierend. »Vergeßt das Kreuz nicht!«
    »Das stimmt, Pater«, erklärte
Benedicta leise. »Wem auch immer dieses Skelett gehören mag, und
wer er oder sie auch war - diese Person wurde jedenfalls mit
Respekt hier begraben und zum Zeichen der Ehrerbietung mit dem
Kreuz versehen.«
    Athelstan schaute hilflos in die
Runde. »Concedo«, murmelte er auf Lateinisch. »Ich gestehe, daß die Möglichkeit
besteht. Aber wer ist es, und warum hier?«
    »Das ist ein Märtyrer«, erklärte
Mugwort. »Und wißt Ihr was, Pater, wahrscheinlich wurde er von den
Persern getötet.«
    »Von den Persern, Mugwort? Die
Perser waren noch nie in England.«
    »Doch, waren sie doch!« schrie Tab,
der Kesselflicker. »Ihr wißt doch, Pater - dieselben Mistkerle, die
Jesus ermordet haben. Als sie ihn umgebracht hatten«,

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