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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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zweihundert Jahren.« Er lächelte
die Witwe an. »Und bevor du fragst, Benedicta: Es gibt keine Karten
und Bücher - sie sind alle verschwunden. Ich bin ja erst seit
kurzem hier, und bevor ich kam, wurde diese Kirche von reisenden
Kuraten oder Wanderpriestern betreut.«
    »Und davor?« fragte
Benedicta.
    Athelstan erinnerte sich vage an die
Skandalgeschichten, die er gehört hatte,
und schaute hinüber zu seinem Gemeinderat.
    »Watkin!« rief er. »Auf ein Wort,
bitte!«
    Der Küster kam geschäftig herüber,
sein Gesicht glänzte vor Aufregung.
    »Hör mal, Watkin«, sagte Athelstan
knapp, »wir dürfen in dieser Sache nicht den Kopf verlieren. Was
weißt du über die Geschichte dieser Kirche? Vor allem über euren
letzten Pfarrer?«
    Der Mann kratzte sich am Kopf,
befingerte die große Warze an seiner Nase und schaute Athelstan
betreten an. »Nun, Pater, die Kirche war immer schon
hier.«
    »Und euer letzter
Pfarrer?«
    Watkin bog die Mundwinkel nach
unten. »Ein seltsamer Kerl,
Pater.«
    »Wie meinst du das?«
    Wieder kratzte sich Watkin am Kopf
und schaute zu Boden, als suche er dort etwas. »Na ja, er hieß
William Fitzwolfe, war einer von Euern Wanderpredigern, ein Gauner
und ein Stutzer. Er benutzte St. Erconwald als Spielhalle und hielt
hier sonderbare nächtliche Versammlungen ab.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ihr wißt schon, Pater - die
Galgenmänner.«
    »Du meinst Zauberer?«
    »Ja, Pater. Aber dann ist er
verschwunden und hat alle Akten und Bücher der Kirche mitgenommen.
Es hieß, das Erzdiakoniegericht sucht ihn, weil er sich mit Frauen
vom Schlage der jungen Cecily eingelassen hat.« Watkin scharrte mit
seinen großen, schmutzigen Stiefeln. »Er war ein schlechter Mensch,
Pater. Er soll hinter viel Bösem hier gesteckt haben: falsche Maße
in den Schenken, die Beschäftigung von Meerjungfern.« Er warf einen
Seitenblick auf Benedicta. »Prostituierte, Huren … so nennen wir
sie.«
    »Wie lange ist das alles her?«
fragte Benedicta. »Oh, ungefähr fünf Jahre. Ist das alles, Pater?«
Athelstan nickte und sah seinem Sakristan nach, als er
davonwatschelte.
    »Tja, Benedicta, da hast du eine
Antwort. Keine Akten, keine Bücher, keine Geschichte.« Er zuckte
die Achseln. »Wer weiß? Vielleicht hat das Skelett etwas mit
Fitzwolfes frevelhaftem Treiben zu tun.«
    Benedicta sah ihn scharf an. »Das
bezweifle ich. Einer wie Fitzwolfe, wahrhaftig ein König der
Schurken, hätte unzählige Stellen gewußt, um einen Leichnam zu
verstecken. Bis zum Fluß, Pater, sind es schließlich nur ein paar
Schritte. Nein, entweder wurde der Leichnam hier begraben, bevor
die Kirche gebaut wurde, oder …«
    »Oder bei ihrem Wiederaufbau
hierhergelegt«, unterbrach Athelstan sie. »Concedo, Benedicta, deine Logik ist
unangreifbar. Und das bedeutet, ich muß herausfinden, wann die
Kirche gebaut wurde und ob die Steinplatten schon einmal
ausgetauscht worden sind. Cranston wird uns dabei helfen müssen.
Aber bitte« - er wechselte das Thema -, »sag mir doch den Vornamen
deines Mannes. Und wie sah er aus?« Benedicta blinzelte und schaute
weg. »Er hieß James. Er war groß, von mittlerer Statur, blond. Er
trug das Haar dicht und lang, harte einen Schnurrbart und eine
Narbe von einem Messerschnitt unter dem rechten Auge.« Athelstan
dankte ihr, und eine Zeitlang standen sie noch da und überlegten,
wie die Pfarrgemeinde wohl reagieren würde. Dann kam der
Kesselflicker mit dem wichtigtuerischen, kurzsichtigen Bladdersniff
und dem weißhaarigen, fröhlich blickenden Culpepper
zurück.       
    »Was ist los, Pater?« Der Büttel
reckte den Kopf vor wie eine wütende Gans; seine Augen waren
schmal, seine Lippen geschürzt.
    Athelstan seufzte und zog es vor,
den dicken, erstickenden Bierdunst zu ignorieren, der den Kerl wie
ein Parfüm umwallte.
    »Ich brauche Euch, Master
Bladdersniff, und Euch, mein guter Doktor, denn man hat einen
Leichnam gefunden - oder, besser gesagt, ein Skelett. Kommt mit.«
Sie gingen zurück in die Kirche. Bladdersniff inspizierte leicht
schwankend das Skelett; er schnüffelte und murmelte vor sich hin.
Schließlich richtete er sich auf, schob die Daumen unter den
breiten Gürtel und verkündete: »Es ist tot, und es ist ein
Skelett!«
    Cecily und Benedicta fingen sofort
an zu kichern. Der Büttel warf einen mißtrauischen Blick auf Pike,
der hinter ihm stand und jede seiner Bewegungen so akkurat
nachahmte, daß selbst Athelstan wegschauen mußte. Der Arzt
Culpepper war eine größere Hilfe. Er hockte

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