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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Zustand des Skeletts gesehen und das Gutachten
Lord Cranstons über die Todesursache gehört hatte, da wußte ich,
daß ich es mit einem Mordopfer zu tun hatte. Euer Gatte hat die
Platten im Chor verlegt, und es ist kein Zufall, daß die
Wundergeschichte bei ihm ihren Anfang nahm.« D'Arques hob den Kopf
und umklammerte die Hand seiner Frau. »Ihr habt recht, Pater. Vor
ungefähr fünfzehn Jahren war ich ein junger Tischler in der Pfarrei
St. Erconwald. Ich liebte den alten Pater Theobald, und als er im
Chor gestürzt war, erbot ich mich, dort ein wenig zu arbeiten. Ich
kaufte die Steinplatten, schnitt in einem Anfall von Stolz das
Zeichen ›A.Q.D.‹ hinein und sagte Pater Theobald, ich könnte sie
ihm verlegen, ohne daß er viel Geld an die Zunft bezahlen müßte.«
D'Arques fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich hatte ganz
vergessen, wißt Ihr, daß ich ›A.Q.D.‹ in die Steine gemeißelt
hatte.« Er starrte auf den Tisch. »Zur selben Zeit«, fuhr er dann
fort, »begegnete ich Margo Twyford und verliebte mich in sie; sie
war die Tochter einer der mächtigen Kaufmannsfamilien auf der
anderen Seite des Flusses. Aber ich war jung, und das Blut in
meinen Adern war heiß. Es gab eine Prostituierte; sie hieß Aemelia.
Sie muß achtzehn, neunzehn Sommer alt gewesen sein. Ich bezahlte
sie oft für ihre Dienste. Sie erfuhr von meinem Liebeswerben und
fing an, mich aufzuziehen. Dann verlangte sie Geld für ihr
Schweigen, und ich zahlte. Sie verlangte mehr. Ich weigerte mich,
und da überquerte sie den Fluß, ging zu Margo und erzählte ihr
alles.«
    »Ich habe sie hinausgeworfen!«
zischte D'Arques' Frau mit wutblitzenden Augen. »Ich sagte ihr,
lieber sähe ich sie lebendig in der Hölle schmoren, als daß ich
Raymond aufgäbe.« Ihre Finger schlössen sich um die Hand ihres
Mannes. »Ich dachte, damit sei die Sache erledigt«, fuhr er fort.
»Aber eines Abends, am Ende eines schönen Sommertages, kam sie in
den Chor, wo ich arbeitete, und verlangte noch mehr Silber. Ich
schlug es ihr ab. Sie erzählte, daß sie bei Margo war, und morgen
werde sie wieder über den Fluß gehen und den Vater meiner Verlobten
aufsuchen. Sie werde es allen erzählen. Ich flehte sie an, das
nicht zu tun, aber sie lachte nur und verspottete mich.« D'Arques
schloß die Augen. »Ich kann diesen Anblick nicht vergessen:
Aemelia, wie sie auf und ab geht, die Hüften schwenkt, die Arme
verschränkt, das geschminkte Gesicht haßverzerrt. Pater, ich fiel
auf die Knie, ich bettelte, aber sie lachte mich aus. Dann tat sie
einen Schritt rückwärts, stolperte und fiel. Im nächsten Augenblick
hatte ich mich auf sie gestürzt. Ich hatte meinen Mantel in der
Hand und drückte ihn auf ihr Gesicht. Sie wehrte sich, aber ich war
jung und stark. Ich hielt sie fest. Sie bäumte sich noch einmal
schrecklich auf und lag dann still.« D'Arques trank in tiefen Zügen
aus seinem Humpen. »Erst dachte ich, sie sei ohnmächtig, aber sie
lag da mit weißem Gesicht und starrem Blick. Pater, was konnte ich
machen? Ich konnte nicht mit einer Toten auf dem Arm durch
Southwark spazieren. Und warum sollte ich für einen Mord hängen,
den ich nicht hatte begehen wollen? Bei meiner Arbeit im Chor der
Kirche hatte ich eine Grube unter dem Altar entdeckt, wo die
Fundamente eines älteren Gebäudes lagen. Ich zog Aemelia aus und
bettete sie mit einem Holzkreuz in den Händen zur Ruhe.« D'Arques
rieb sich das Gesicht. »Das übrige könnt Ihr Euch denken. Die
Steinplatten im Chor verlegte ich eigenhändig.« Er lächelte
Athelstan matt an. »Die Platten lagen nicht gut; es fehlte mir an
Geschick, und ich war zu sehr darauf erpicht, die Sache schnell zu
Ende zu bringen.« Er drückte die Hand seiner Frau. »Margo habe ich
alles gestanden. Aemelia wurde von niemandem vermißt. Die Zeit
verging. Pater Theobald starb, und dieser Dreckskerl Fitzwolfe
wurde Gemeindepfarrer. Ich konnte den ruchlosen Kerl nicht
ausstehen, und so ging ich fortan in eine andere Kirche, nach St.
Swithin.« 
    »Mein Mann wollte sie nicht
umbringen«, fügte seine Frau hinzu. »Er hat versucht, dafür mit
Schnitzwerk in St. Swithin zu bezahlen; er zahlt den Kirchenzins
großzügig, hilft den Armen und ist nach Glastonbury und nach
Walsingham gewallfahrt.« Mit Tränen in den Augen schaute sie
Athelstan an. »Was kann er noch tun? Warum soll er sich wegen
Mordes an dieser hinterhältigen, schrecklichen Dirne vor Gericht
stellen lassen?« Sie lachte. »Eine Märtyrerin! Eine Heilige!

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