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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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dicken braunen Tunke und mit
kleinen Erbsen zierlich bestreut. Beides stellte sie vor Sir John
auf den Tisch und küßte ihn dann leicht auf die Schläfe, wobei sie
boshaft zu Athelstan hinüberlächelte. »Bitte sehr, Mylord
Coroner.«
    Athelstan funkelte sie wütend an.
Wenn es so weiterginge, würde Sir John am Ende des Tages nicht mehr
zu gebrauchen sein. Benedicta machte tapfere Miene zum traurigen
Spiel; sie warf den Kopf zurück und entschwebte nach oben.
Athelstan mußte sitzen bleiben und zuschauen, wie Sir John mampfend
wie Philomel sein Essen verschlang; Rindfleisch, Tunke und Wein verschwanden zwischen gemurmelten
Entzückensrufen wie »köstlich!«, »fabelhafte Frau!« und
»großartiges Mädel!«
    Als Cranston fertig war und sich
rülpsend den Mund mit einem Leintuch betupfte, war Benedicta
angekleidet und war mit einem kleinen Holzkasten heruntergekommen,
der ihre Toiletten-Utensilien enthielt. Sie wusch und cremte sich
das Gesicht, während Athelstan ihr vom Besuch im Hause D'Arques
erzählte. Sie hörte aufmerksam zu und nickte beifällig. Athelstan
schaute fasziniert zu, wie sie ihre Lippen behutsam rot schminkte,
die Wimpern dunkel tuschte und dann nach einem Puderquast aus
Schwanendaunen griff und sich das Gesicht leicht damit betupfte.
Dann warf sie Athelstan einen schelmischen Blick zu.
    »Wenn ihr Männer nur wüßtet, wie
eine Frau sich mühen und plagen muß, wenn sie sich für den Tag
zurechtmacht.«
    »In Eurem Fall, Mylady«, erwiderte
Cranston galant, »ist es aber, als wollte man eine Rose bemalen
oder eine Lilie vergolden.«
    Benedicta beugte sich vor und machte
in gespielter Unschuld große Augen. »Sir John«, flüsterte sie, »Ihr
seid ein wahrer Höfling und ein Gentleman.«
    Cranston plusterte sich auf wie ein
Pfau. Er war in seinem Element. Er hatte gut gegessen, schweren
Rotwein getrunken und bekam jetzt Komplimente von einer schönen
Frau. Er trommelte mit den Fingern auf seinem breiten Wanst. »Wäre
ich unverheiratet und zehn Jahre jünger …«
    »Dann gäbe es noch viel mehr zu
essen und zu trinken«, fiel Athelstan ihm schnippisch ins Wort.
Aber zur Antwort erhielt er nur wieder ein boshaftes Lächeln von
Benedicta und dem immer überschwenglicher werdenden Sir John.
Benedicta betupfte sich die Wangen ein letztes Mal mit dem
Puderquast; Athelstan sah, wie der feine Staub aufstieg.
    »Ach du lieber Gott!« flüsterte er
plötzlich. »Was ist los?«
    »Nichts, Sir John. Benedicta, darf
ich diesen Puderquast einmal ausborgen?«
    Sie reichte ihn herüber, und während
sie ihn neckte, untersuchte Athelstan den Quast sorgfältig und
drückte ihn zwischen den Fingern, bis seine Kutte von feinem Puder
bedeckt war. Cranston beugte sich vor und rümpfte die Nase. »Du
mußt dich vorsehen, wenn du jetzt hinausgehst, Bruder. Du duftest
wie ein weibisches Knäblein!« Der Bruder entschuldigte sich und
reichte Benedicta den Quast zurück; dann stand er auf und klopfte
sich sorgfältig die Kutte ab.
    »Sir John«, verkündete er dann, »wir
müssen gehen. Benedicta, sprich mit niemandem über das, was ich dir
erzählt habe, aber teile der Gemeinde mit, daß ich morgen die Messe
lesen werde und alle dort sehen möchte. Ich habe etwas Wichtiges
bekanntzugeben.«
    »Wo willst du denn hin,
Bruder?«
    »Zurück zu meiner Kirche, Sir
John.«
    Cranston schüttelte den Kopf. »O
nein, Mönch, wir haben noch Arbeit.«
    »Sir John, ich muß
zurück.«
    Cranston stand auf und warf sich in
Positur. »Glaubst du, die Stadt schläft, während wir zwischen
deiner Kirche und Blackfriars hin und her rennen? Gestern nacht gab
es einen Toten in der Nähe des Gasthauses ›Brokenseld‹ an der Ecke
Milk Street. Der Leichnam liegt jetzt in St. Peter Chepe, und ein
Urteil muß darüber gesprochen werden.« Athelstan
stöhnte.
    »Na, komm, Bruder.« Cranston hakte
sich bei ihm unter. »Wir holen die Pferde und reiten
los.«
    Er brüllte Benedicta liebevolle
Abschiedsworte zu und schob seinen schmallippigen Schreiber zur Tür
hinaus auf die Straßen von Southwark. Sie holten ihre Pferde bei
St. Erconwald ab; Philomel wurde immer störrischer und bockiger,
denn es war lange her, daß er weit laufen und soviel hatte arbeiten
müssen. Sie ritten hinunter zur Brücke; Athelstan versuchte, sein
Mißvergnügen zu verbergen, während Cranston seiner guten Laune mit
großzügigen Schlucken aus seinem wunderbaren Weinschlauch grunzend
und rülpsend Nahrung gab. Strahlend schaute er umher und
beschimpfte die

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