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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Mylord Coroner, wie es
scheint, ist John Bridport tatsächlich auf die geschilderte Weise
zu Tode gekommen.« Sir John griff mit beiden Händen in seinen
Mantel und richtete sich zu voller Größe auf.
    »Sattler! Hattest du Befugnis oder
Erlaubnis, diesen Balken aus dem Fenster ragen zu
lassen?«
    »Nein, Mylord Coroner.«
    »Kanntest du das Opfer?«
    »Nein, Mylord Coroner.«
    »Büttel, ist William de Chabham ein
Mann von gutem Ruf?«
    »Ja, Sir John, und diese anderen
hier sind erschienen, um für sein tadelloses Verhalten zu
bürgen.«
    Cranston kratzte sich am Kinn. »Dann
spreche ich das folgende Urteil. Dies ist kein Mord und auch kein
widerrechtlicher Totschlag, sondern ein unglückseliger Unfall. Du,
Meister Sattler, wirst eine Buße von zehn Shilling an das
Zivilgericht zahlen. Du wirst schwören, nie wieder einen solchen
Balken zu benutzen, und jeden weiteren notwendigen Schadenersatz
bezahlen.«
    Der Sattler zog den Kopf ein, sah
aber erleichtert aus. »Und der Balken, Sir John?«
    »Der muß fünf Shilling zahlen und
wird dann vom öffentlichen Henker verbrannt.« Cranston warf einen
Blick auf den Toten. »Hat Bridport Verwandte?«
    »Nein, Sir John. Er lebte allein in
einer Wohnung an der Ecke der Ivy Lane.«
    »Dann ist seine Habe einzuziehen«,
befand Cranston mit falschem Lächeln. »Bridport bekommt ein
ehrenhaftes Begräbnis auf Kosten der Pfarrgemeinde. Hast du das,
Bruder Athelstan?«
    »Ja, Mylord Coroner.«
    »Gut!« trompetete Cranston. »Dann
ist diese Sache erledigt.« In der Milk Street reichte Athelstan ihm
das Protokoll der Untersuchung. Cranstons Einladung zu einem Bier
im »Heiligen Lamm Gottes« lehnte er höflich ab und machte sich auf
den Rückweg nach Southwark. An einem Verkaufsstand in der Three
Needle Street erstand er eine Rolle eines schwammähnlichen Stoffes
und in Cornhill einen Tiegel Gesichtspuder; die alte Frau hinter
dem Verkaufsstand grinste und zwinkerte ihm wissend zu. »Jedem das
Seine, was, Pater?«
    Der Ordensbruder schluckte eine
bissige Antwort herunter und führte den inzwischen schläfrigen
Philomel durch Gracechurch zur Brücke. Daheim angekommen,
verbrachte er den Rest des Tages damit, über das Rätsel der
scharlachroten Kammer nachzusinnen, und benutzte die Sachen, die er
gekauft hatte, um die Geschichte in allen Einzelheiten
nachzustellen. Endlich, als das Tageslicht zu schwinden begann,
ging er hinaus auf den Friedhof und schaute nach Westen, wo die
Sonne wie ein roter Feuerball versank. Er verspürte die sanfte Glut
der Zufriedenheit und pries die Schönheit der Dame Logik. Wieder
und wieder war er das Rätsel durchgegangen. Es konnte nur eine
Lösung geben; aber was würde geschehen, wenn er sich irrte? »Pater!
Pater!«
    Athelstan schaute zur
Friedhofspforte; Cecily, die Kurtisane, stand dort.
    »Was gibt's, Cecily?«
    »Pater, ich habe doch nur einen
Becher Wein in der Schenke getrunken.«
    »Das ist keine Sünde,
Cecily.«
    Sie kam auf ihn zu und versuchte,
zerknirscht auszusehen, aber Athelstan mußte doch ein Lächeln
verbergen, als er sah, wie sie ihren fransengezierten Rock
schwenkte und sich vorbeugte, um den stattlichen Busen in ihrem
engen Mieder besser zur Schau zu stellen.
    »Pater, die anderen haben mich
hergeschickt. Es tut uns ehrlich leid, was passiert ist, und wir
kommen alle morgen früh zur Messe. Benedicta hat gesagt, Ihr hättet
uns etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    Athelstan lächelte und berührte
sanft ihren Arm.
    »Du bist ein braves Mädchen, Cecily.
Wir sehen uns morgen in der
Messe.«
    Cecily trippelte davon. Athelstan
schaute zum Himmel. Sollte er die Sterne betrachten? Die Nacht
würde wolkenlos sein. Vielleicht könnte er sehen, wie einer durch
den Himmel schoß wie Luzifer bei seinem Sturz in die Hölle.
»Andererseits«, dachte er, »werde ich vielleicht selbst stürzen.«
Er war müde und schläfrig, und als ihm der Überfall der vergangenen
Nacht einfiel, schaute er sich auf dem verlassenen Friedhof um. Er
würde froh sein, wenn die Morgenmesse vorüber war und alles wieder
seinen gewohnten Lauf nahm; aber bis dahin blieb er am besten in
seinem Haus. Er ging hinein und verschloß die Türen und Fenster
fest. »Die Nacht ist schön«, dachte er bei sich, »und Bonaventura
ist entweder auf Freiersfüßen oder auf der Jagd.« Er sah, daß es in
der Küche nichts zu essen gab, und so setzte er sich hin und
überlegte, ob er wohl etwas Neues entdecken würde, wenn er nach
Blackfriars zurückkehrte. Die Lider wurden ihm

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