Die Sakristei Des Todes
hat, wird auch er dankbar sein.« Cranston funkelte
ihn an. »Darauf kann ich dir nur eines erwidern, Mönch, nämlich die
juristische Lieblingsmaxime des Justizbeamten, der vor dir
steht.«
Athelstan verzog schmerzlich berührt
das Gesicht. »Und wie lautet die, Sir John?«
»Verpiß dich.«
»Oh, Sir John.«
»›Oh, Sir John‹ — am Arsch!« brüllte
Cranston. »Einer von diesen Drecksäcken hat versucht, dich
umzubringen; hast du das vergessen?« Und er polterte weiter die
Treppe hinauf. Kurze Zeit später folgte ihm Athelstan, aber
Cranston hatte die Nase in eines der Bücher gesteckt und blätterte
geräuschvoll um, unterstützt von großzügigen Schlucken aus seinem
wunderbaren Weinschlauch. Athelstan blätterte weiter in seinem
eigenen Band.
»Bei den Zitzen der Hölle!«
schnaufte Cranston. »Bruder, sieh dir das an!«
Athelstan trat eilig zu ihm. Der
Coroner deutete mit seinem Wurstfinger auf eine Stelle in seinem
Buch, wo sieben oder acht Seiten herausgeschnitten worden waren.
»Das ist kürzlich gemacht worden«, stellte der Coroner fest. »Und
zwar in Hast.«
Athelstan betrachtete die zerfetzten
Reste, und er sah, daß der Rand der Seiten, der von der Bindung
noch gehalten wurde, ziemlich matt und verblichen war, aber an der
Schnittstelle war das Pergament rein und weiß. Er nahm das Buch,
ohne auf Cranstons Proteste und Fragen zu achten, und setzte sich
auf sein Bett. Es war ein altes Buch und enthielt die unbedeutenden
Werke mehrerer Autoren. Er blätterte es durch, klappte es zu und
schaute Cranston an, der ein ratloses Gesicht machte.
»Was immer wir gesucht haben«,
murmelte Athelstan, »der Mörder hat es bereits
gefunden.«
»Wann denn?« rief Cranston. »Die
Bibliothek wurde in den letzten Tagen immer bewacht.«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht, als
er Callixtus ermordet hat. Vielleicht hat er gesehen, wie der alte
Bibliothekar sich nach einem bestimmten Buch streckte, ehe er ihn
hinunterstieß. Wie auch immer«, fuhr Athelstan müde fort, »ich
vermute, die Seiten aus diesem Buch liegen auf dem Grunde
irgendeiner Kloake oder sind zu feiner Asche verbrannt.« Er blies
die Backen auf und seufzte. »Laßt uns nur um zweierlei beten, Sir
John. Erstens, daß der Kurier, den wir nach Oxford geschickt haben,
erfolgreich ist, und daß zweitens das, was er uns dann bringen
wird, diese Angelegenheit ein für allemal aufklärt.« Er ließ sich
auf das Bett zurücksinken. »Ich schlafe jetzt ein Weilchen, Sir
John. Bittet Bruder Norbert, das alles in die Bibliothek
zurückzubringen. Wir können vorläufig nichts mehr tun. Laßt uns
ruhen. Morgen abend müssen wir in den Palast.«
Als der Coroner nicht antwortete,
stemmte Athelstan sich auf dem Ellbogen hoch und sah, daß Sir John
bereits schlummerte; er saß wie ein großes Baby auf der Bettkante,
nickte mit dem Kopf und schmatzte. Athelstan stand auf, machte es
dem Coroner so bequem wie möglich, legte sich in sein eigenes Bett
und schlief gleich ein.
DREIZEHN
Bruder Norbert weckte die beiden am
späten Nachmittag und fragte, ob alles in Ordnung sei. Athelstan
bedankte sich schlaftrunken murmelnd und sagte, die Bücher könnten
in die Bibliothek zurück. »Habt Ihr gefunden, was Ihr
suchtet?«
Athelstan rieb sich die Augen und
gähnte. »Ja und nein, Bruder.« Er lächelte, als er Norberts
verständnisloses Gesicht sah. »Ich kann nur sagen, wir müssen ein
Weilchen warten, Sir John und ich.« Er schaute den Coroner an, der
auf der Bettkante hockte und gähnte wie ein Kater. »Mylord Coroner
und ich haben uns jetzt um andere Dinge zu kümmern.«
Cranston und er wuschen sich und
halfen Norbert und einigen anderen Laienbrüdern, die Bücher in die
Bibliothek zurückzutragen. Danach gingen die beiden im Obstgarten
spazieren. Sie verbannten aus ihren Gedanken, was sie bei ihrem
letzten Besuch hier gesehen hatten, und freuten sich am süßen,
aromatischen Duft der reifenden Früchte. »Wir kommen hier nicht
weiter«, stellte Cranston fest, »bis der Bote aus Oxford
zurückkommt. Ich habe Lady Maude die Anweisung hinterlassen, ihn zu
uns weiterzuschicken, egal, wo wir gerade sind.« Er blieb stehen
und sah Athelstan an, und sein Blick zeigte nichts von dem
gewohnten Bombast und seiner Arroganz. »Bruder, morgen abend um
sieben soll ich in die Halle des Lord Gaunt zurückkehren und die
Lösung zum Rätsel des Italieners vortragen.« Er faßte Athelstan bei
der Schulter. »Ich vertraue auf dich, Bruder. Ich glaube, du hast
die Lösung.
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