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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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wäre. So gern er das Buch durchgeblättert hätte,
das er jetzt in den Händen hielt, war er doch plötzlich traurig und
ziemlich einsam, als er zusah, wie sie ihren schlummernden Gatten
wie ein Schmetterling umflatterte. Er mußte an Bruder Pauls Worte
denken: »Die Liebe ist seltsam, Athelstan, und sie nimmt viele
Formen an. Manchmal läßt sie uns erfrieren, und manchmal verbrennt
sie uns. Aber sei niemals ohne sie, denn es gibt einen Schmerz, der
schlimmer ist als der, den die Liebe uns zufügt, und das ist die
furchtbare Einsamkeit, wenn die Liebe gegangen ist.« Athelstan
dachte an Benedicta und wußte im Grunde seines Herzens, daß es die
tiefe Freundschaft zwischen Lady Maude und Cranston war, wonach er
lechzte: berührt zu werden, umschwärmt und umsorgt.
    »Fehlt Euch etwas,
Bruder?«
    »Nein, nein.«
    Er wandte sich ab, schlenderte zum
Feuer und betrachtete aufmerksam den verblichenen Einband des
Buches. Er warf einen Blick auf den
Streifen Pergament, der zwischen den Blättern steckte und Grüße von
einem Mit-Dominikaner aus der theologischen Fakultät zu Oxford
übermittelte. Dann setzte er sich und blätterte gründlich in dem
Buch; es war das gleiche wie das, das er und Cranston in
Blackfriars gefunden hatten. Behutsam blätterte er die gelben,
knisternden Seiten um, bis er bei denen ankam, die in dem ersten
Exemplar gefehlt hatten. Sein Kollege in Oxford hatte Hildegarde
gefunden. Ein kalter Schauer durchrieselte
Athelstan.   
    »Bruder?«
    »Ja, Lady Maude?«
    »Ihr seht aus, als hättet Ihr einen
Geist gesehen.«
    »Nein, Lady Maude. Ich habe gerade
das Gesicht eines Mörders erblickt.«

VIERZEHN
    Am nächsten Morgen wurde Athelstan
roh aus dem Schlaf gerissen; der Coroner hockte vor seinem Stuhl
und grinste wie ein Dämon auf einem von Huddles Gemälden. Er wirkte
so frisch wie ein Gänseblümchen. »Hoch mit dir, Bruder!«
    Cranston richtete sich auf und
streckte sich, bis die Knochen in seinem mächtigen, fetten Körper
knackten. »Ihr habt gut geschlafen, Sir John?«
    »Selbstverständlich, Bruder. Ein
hartes Bett ist das beste Bett, wie ich immer zu meinem Herrn, dem
Schwarzen Prinzen, sagte, als wir zusammen in Frankreich im Felde
lagen.« Athelstan schob die Decke beiseite, mit der Lady Maude ihn
am Abend zuvor zugedeckt hatte. Er fror ein bißchen und war
verkrampft, und im Mund hatte er den bittersüßen Geschmack des
Weines, den er so fröhlich getrunken hatte. »Das Buch!« rief er
plötzlich aus. »Wo ist das Buch?« Cranston deutete auf den Tisch.
»Keine Angst, Bruder, dem ist nichts passiert.«
    Athelstan schaute den Coroner
mißtrauisch an. »Sir John, Ihr seid ja schon gewaschen und
rasiert.«
    Tatsächlich sah Cranston prächtig
aus in einem weißen, am Halse offenen Leinenhemd und Wams und Hose
aus dunkler Maulbeerseide, die mit einem Silberfaden durchwoben
war. Er hatte sogar schon die Stiefel an, und Athelstan sah einen
Mantel und den Schwertgurt auf dem Tisch bereitliegen. »Aye,
Bruder, ich bin bereit für den Tag. Ein warmes Bad, ein scharfes
Rasiermesser, frische Kleider und ein Kuß von Lady Maude - dann
würde ich sogar zur Hölle gehen!«
    »Ihr habt das Buch
gelesen?«   
    »Natürlich, Bruder, und ich freue
mich darauf, diesen bösartigen Drecksack zu verhaften.«
    »Sir John, Eure Ausdrucksweise!«
Lady Maude kam hereingerauscht, hinter sich die Amme mit den beiden
Kerlchen, die wie ihr Vater hellwach waren und nach Erfrischung
brüllten.
    Cranston verbeugte sich. »Mylady,
ich bitte demütigst um Verzeihung.« Er grinste boshaft. »Ich kann
Scheißkerle, die fluchen, auch nicht ausstehen.«
    Lady Maudes spitze Schreie
verstummten abrupt, denn Cranston hatte die Küche durchquert, hob
sie hoch wie eine Puppe und küßte sie auf den Mund. »Oh, Sir John!«
wisperte sie atemlos.
    Athelstan erhob sich, sah sie an und
fragte sich, ob Sir John ihr wohl schon mehr als nur einen Kuß
gegeben hatte, seit er erfrischt wie ein Adonis aufgewacht war.
Cranston griff sich die beiden Kerlchen und schaukelte jeden auf
einem Arm, während er sie entzückt anbrüllte. Die Wut der beiden
Knaben, die ihrer Amme so jäh entrissen und auf und ab geschüttelt
wurden, kannte keine Grenzen. Sie schrien, bis ihnen die Tränen
über die roten Gesichter strömten. »Genug ist genug!« Lady Maude
riß ihm das eine Baby aus dem Arm, die Amme das andere, und die
beiden Frauen flüchteten aus der Küche und schworen, nicht
wiederzukommen, solange Sir John nicht gelernt habe, sich

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