Die Sakristei Des Todes
ist gleich
tödlich, wenn man es zu feinem Staub zermahlt. Das Problem besteht
nur darin, genug davon zusammenzubekommen. Ich vermute, die
Matratze dieses Bettes war mit Gift im Werte eines Vermögens
vollgestopft.«
Cranstons Worte lösten allgemeine
Zustimmung aus. Der italienische Edelmann nahm die Schriftrolle und
reichte sie dem König.
»Euer Gnaden, Ihr mögt sie öffnen,
aber das ist kaum noch notwendig. Sir John hat seine Wette
gewonnen.« Cremona beugte sich plötzlich vor. »Mylord, Eure Hand.«
Athelstan sah zu, wie Cremona, gefolgt von Gaunt, dem König und den
Höflingen, Sir John die Hand schüttelte. Als der Trubel sich gelegt
hatte, wurde die versiegelte Schrift geöffnet. Gaunt verlas eine
Lösung, deren Worte den von Cranston vorgetragenen beinahe
gespenstisch ähnlich waren.
»Sir John!« rief Cremona durch das
Getöse. »Die eintausend Kronen! Sie werden Euch Montag zugestellt!
Ich wünsche Euch alles Gute.«
Der italienische Fürst verbarg
tapfer seine Enttäuschung, als er nun hinausrauschte. Nach ein paar
beglückwünschenden Worten folgte ihm Gaunt, und auch die anderen
Höflinge verschwanden jetzt. Der junge König blieb noch und winkte
Cranston, er möge sich zu ihm herabbeugen, damit er ihm etwas ins
Ohr flüstern könnte. Die Freude in Cranstons Miene verschwand. Er
nickte nur und machte ein trauriges Gesicht, als der junge Richard
die Halle verließ. Athelstan, der absichtlich im Hintergrund
geblieben war, stand jetzt auf und hakte sich bei Cranston unter.
»Meinen Glückwunsch, Sir John!«
Cranston schaute ihn durchtrieben
an. »Sei nicht sarkastisch, Bruder. Wir wissen beide, wer das
Geheimnis gelöst hat.«
»Nein, nein.« Athelstan drückte
seinen Arm. »Sir John, Ihr wart großartig.«
»Die tausend Kronen gehören
dir.«
Athelstan wich zurück. »Sir John,
wozu brauche ich tausend Kronen?«
Der Coroner verzog das Gesicht. »Da
wären die Armen …«
»Arme wird es immer geben, Sir John.
Ihr seid schließlich auch kein reicher Mann.« Athelstan lächelte.
»Eure Honorare sind klein. Bestechen laßt Ihr Euch nie. Euer
Reichtum ist Lady Maudes Mitgift, nicht wahr?«
Cranston schüttelte nur stumm den
Kopf und blickte zur Seite.
»Hört zu, Mylord Coroner.« Athelstan
führte ihn hinaus. »Gebt hundert Kronen den Armen, kauft Lady
Maude, was sie sich wünscht, und Euch selbst ein neues Gewand, und
investiert den Rest bei den Bankiers in der Lombard Street. Vergeßt
nicht, Ihr habt die beiden Kerlchen. Wenn sie größer werden,
brauchen sie eine Ausbildung. Die Hallen von Oxford und Cambridge
erwarten sie.«
»Quatsch, Athelstan!« dröhnte der
Coroner. »Meine beiden Söhne werden Dominikaner!«
Athelstan lachte auf, und sie
wanderten durch die Gärten hinunter zum Fluß.
Das gutmütige Geplänkel ging weiter,
während die Bootsleute sie über das rauhe Wasser der Themse zur
Eastgate Wharf ruderten, wo die Fleet ihren ganzen Dreck in die
Themse entließ. Ais sie aus dem Boot kletterten und den Ruderer
bezahlten, mußten sie sich Mund und Nase zuhalten, so übel war der
Gestank. Obwohl es schon dunkel wurde, sah Athelstan die
aufgedunsenen Kadaver von Hunden und Katzen und die menschlichen
Exkremente und Abfälle, die wie ein dicker, schmieriger Brei auf
dem Wasser schwammen. »Bei den Zähnen der Hölle!« flüsterte
Cranston. »In meiner Abhandlung über die Verwaltung dieser Stadt
werde ich dem ein Ende machen.«
»Wie das, Sir John?«
Cranston deutete die Thames Street
hinunter. »Ich habe die alten Karten studiert, Bruder. Wußtest du,
daß die Römer in der Stadt Kloaken angelegt haben, die von
unterirdischen Wasserläufen gesäubert
wurden? Ich sehe nicht ein, wieso wir es nicht genauso machen
können.«
Über Einzelheiten von Sir Johns
Abhandlung diskutierend, gingen sie in die Knightrider Street,
bogen nach links in die Friday Street und die inzwischen stille
Cheapside. Die Sonne war untergegangen, und das Leuchtfeuer auf St.
Mary Le Bow flackerte vor dem dunkler werdenden Himmel; die
Verkaufsstände waren abgebaut, und Hunde und Katzen stöberten im
Müll. Laternenhörner hingen an Haken über jeder Haustür; die Stadt
war zur Ruhe gegangen und hatte sich dem dunklen Wirken der
Londoner Nächte überlassen. Schon sammelten sich die Bettler an den
Durchgängen zwischen den Häusern und hielten wachsam Ausschau nach
den Bütteln. Ein paar junge Stutzer, schon jetzt halb betrunken,
schwankten Arm in Arm zu den Bordellen und Wohnungen der Dirnen in
der Cock
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