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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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davon. Warum dachte sie erst jetzt an das Naheliegendste? Auf der Stelle würde sie zu Elisabeth gehen und sie bitten, an Georg zu schreiben. Dann würde er auf dem schnellsten Wege nach Hause kommen und … Hier verhedderten sich ihre Gedanken ein wenig. Wie würde Georg reagieren? Die Feststellung, dass sie ihn nicht richtig einschätzen konnte, erschreckte sie. Jedenfalls würde er nach dem Rechten sehen können! Und nach ihr. Und dann wäre sie nicht mehr allein.
    Rosas Beine begannen bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen, zu zittern.
    Dorothea konnte sich nicht daran erinnern, je so glücklich gewesen zu sein. Die Arbeit am Schacht ging besser voran, als sie zu hoffen gewagt hatte. Gestern hatten sie eine Tiefe von 40 Ellen erreicht. Vorausgesetzt, das Salz lag wirklich 80 Ellen tief, war also schon die Hälfte geschafft. Und das in gerade einmal vier Wochen, frohlockte sie, als sie mit kräftigen Bürstenstrichen ihre Haare glattstrich. Fasziniert schaute sie in den Spiegel: Sie fühlte sich nicht nur wunderbar, sie sah auch so aus! Selbst Rauber war die Veränderung aufgefallen. »Salz und Brot macht Wangen rot!« hatte er sie gestern geneckt. Wie er sie dabei angeschaut hatte! Ihr war ganz komisch zumute gewesen. Sie grinste. Irgendwie, sinnierte sie, als sie ihre Bürstenstriche wiederaufnahm, war ihr seine Aufmerksamkeit gar nicht so unangenehm.
    Wie sie allerdings jemals Georg das Papier erklären sollte, auf dem sie Götz Rauber ein Zehntel des gesamten zukünftig geförderten Steinsalzes überschrieben hatte, daran wollte sie nicht einmal denken! Wie sie überhaupt nicht daran denken wollte, dass Georg jemals zurückkam.
    Mit dem Gedanken an Georg war wieder die alte Verspannung in ihren Nacken gekrochen. Sofort begann ihr Hinterkopf zu schmerzen. Sie zwang sich, an all das zu denken, was bisher gut gelaufen war. Und das war eine ganze Menge: Die Arbeit am Schacht ging gut voran, die Leute waren willig. Das Wetter war ideal, weder Schnee noch Eis erschwerten ihre Arbeit, und nun, Anfang März, lag schon der erste Hauch Frühling in der Luft. Alles war gut, alles war unter Kontrolle, sagte sich Dorothea, während sie mit der rechten Hand versuchte, den Knoten in ihrem Genick wegzumassieren. Es lief alles wie geplant.
    Ihr Gesicht verzog sich, als sie daran denken musste, wie ihre Schwägerin versucht hatte, ihr Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Sie würde Georg über Dorotheas Treiben in Kenntnis setzen, hatte Elisabeth ihr mit zitternder Stimme gedroht, kaum dass sie zwei Tage am Schacht gegraben hatten. Und tatsächlich: Noch am selben Tag hatte sie ihren Brief aufgesetzt und einem Depeschenreiter übergeben, damit er ihn zum Weitertransport nach Hall brächte. Dorothea seufzte. Pech nur, dass es sich bei dem Reiter um den Jagdgehilfen gehandelt hatte, der nach Fredericks Tod von Dorothea zum ersten Stallknecht ernannt worden war. Der Brief hatte das Graauwsche Land nie verlassen.

36
    Kaum hatte Götz sie erspäht, kam er auf sie zu. Als er sich aus der Gruppe, die um den Schacht stand, löste, fiel Dorothea wieder einmal auf, dass er größer und kräftiger war als die meisten Männer. Seine Schultern waren so breit, dass sein Kreuz den Eindruck vermittelte, nichts und niemand könne diesen Mann erschüttern. Nicht, dass sie seinen Schutz in irgendeiner Weise brauchte! Aber er sah wirklich sehr gut aus. Und es war doch angenehmer, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der manierlich wirkte, als mit einem hässlichen und buckligen Burschen, versuchte sich Dorothea das Flattern in ihrer Brust zu erklären.
    »Es sickert wieder Wasser nach. Und zwar mehr als bisher.« Seine Miene war nach außen hin gelassen, doch Dorothea erkannte, dass er sich Sorgen machte. Er sprach so leise, dass niemand mithören konnte. »Glaub mir, es sieht nicht gut aus da unten! Wenn du ein Mann wärst, würd’ ich sagen, du solltest dir das Ganze mit eigenen Augen anschauen.«
    »Was soll das heißen - wenn ich ein Mann wäre? Glaubst du, ich bin nicht in der Lage, in den Schacht hinunterzusteigen, nur weil ich einen Rock statt Beinkleidern anhabe?« Dorotheas Augen funkelten, und ihr war es gleich, ob jemand mithören konnte!
    Inzwischen waren sie am Schacht angekommen. Von unten waren die abgehackten Schläge der Schaufeln zu hören, die sich ins Erdreich gruben. Erleichtert stellte Dorothea fest, dass gearbeitet wurde. Es war schon mehr als einmal vorgekommen, dass Götz die Arbeit hatte stoppen lassen, um etwas zu prüfen,

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