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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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auszubessern oder abzustützen. Von unten kam das Zeichen, das Seil, das über den hölzernen Überbau geschlungen war, hochzuholen. Dorothea beobachtete, wie zwei der Arbeiter es geübt an der Winde aufrollten - da saß jeder Handgriff! Noch bevor der angehängte Eimer die Bodenhöhe erreicht hatte, griff Dorothea nach ihm und zog ihn zu sich her. Sie schob ihren Ärmel ein wenig nach oben und langte in die Erde. Sie war feucht. Mehr noch, sie war fast völlig mit Wasser gesättigt. Verdammt! Sie schaute Götz an.
    »Die Erde da unten ist anders«, sagte er. »Weniger sandig, eher lehmig.«
    »Vielleicht ist das schon das erste Anzeichen dafür, dass wir bald auf Salz stoßen werden.« Dorotheas Worte klangen selbst für ihre eigenen Ohren wenig überzeugend. Die schmierige Masse im Eimer hatte nichts mit den im Buch beschriebenen Gips-und Mergelschichten zu tun, zwischen denen die Salzstöcke in der Erde lagern sollten. Sie spürte einen Anflug von Panik. »Ist alles da unten so feucht, oder ist es nur die dem Brunnen zugewandte Seite?«
    »Nur die beiden Seiten, die dem Brunnen am nächsten sind«, erwiderte Götz. »Ich vermute, dass irgendwelche Wasseradern dort von der Solequelle abzweigen.«
    Inzwischen hatten sich noch mehr Leute um sie herum versammelt und hörten zu.
    Dorothea zuckte mit den Schultern. »Das kann sein, musst aber nicht. Die Feuchtigkeit musst auch nicht zwingend mit dem Brunnen zu tun haben, vielleicht ist die Erde in dieser Tiefe einfach so.« Sie langte noch einmal mit dem Zeigefinger in die ausgehobene Erde und berührte ihn dann vorsichtig mit der Zungenspitze. »Keine Spur von Salz!« Sie schaute triumphierend in die Runde. »Die Nässe kommt also nicht vom Brunnen!« Heraufordernd schaute sie auch Götz an, der ihren Blick gerade erwiderte. Sie war zwar »nur« ein Weib, aber logisch denken konnte sie trotzdem!
    »Dennoch, mir wäre wohler, wenn wir die Schachtwände von nun an nicht nur abstützen, sondern auch ausmauern.«
    Ausmauern? Dorothea glaubte, nicht recht zu hören, und blieb Götz erst einmal eine Antwort schuldig.
    »Was ist nun? Können wir weitermachen?« fragte einer der Männer, die in ihrer Nähe standen.
    »Ist es gefährlich, da unten zu arbeiten?« fragte ein anderer.
    »Was ist gefährlich? Ist etwas passiert?«
    Es war, als hätte jemand mit einem spitzen Ast in ein Bienennest gestochen - auf einmal summte und brummte es nur so unter den Anwesenden, jeder tat erschrockener und aufgeregter als der andere. Immer mehr Rehbacher versammelten sich, bis der Platz schließlich so voll war wie bei der von Götz einberufenen Versammlung einige Wochen zuvor.
    »Da siehst du, was du angerichtet hast!« Zum ersten Mal seit langem war Dorothea richtig wütend auf Götz. Er wusste doch, wie schnell die Rehbacher zu erschrecken waren! Konnte er da mit seinen seltsamen Befürchtungen nicht hinter dem Berg halten?
    »Es ist mir ernst, Dorothea. Die Sicherheit der Leute geht mir vor.«
    Dorothea stutzte. Hörte sie etwa aus Götz’ Worten eine Drohung heraus? Einen Augenblick lang war sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Auf eine Revolte dieser Art war sie nicht vorbereitet gewesen, als sie den mit Forsythienduft überzogenen Kiesweg entlanggekommen war. Doch als sie nun in die Runde starrte, erblickte sie Skepsis und Unwillen auf den Gesichtern der Leute.
    »Wenn es gefährlich ist, in den Schacht zu gehen, dann graben wir nicht mehr weiter!« Mit verschränkten Armen brachte Hermann Lochmüller die Meinung der anderen zum Ausdruck.
    »Also gut. Ich werde euch beweisen, dass es auch weiterhin sicher ist, in den Schacht hinunterzugehen!« erwiderte Dorothea bemüht souverän und schritt zur Tat.
    Das Eichenkernholz der Leiterholme fühlte sich vom Griff vieler Hände tagein, tagaus weich, fast samtig an. Ohne sich um Götz oder sonst jemanden zu kümmern, machte Dorothea einen Schritt nach dem anderen in die Tiefe. Nach fünf Tritten sah sie nur noch die Füße der Leute, vom sechsten Tritt an waren auch die verschwunden, und sie schaute auf die dunkle Erdwand. Ihr Herz schlug ängstlich gegen ihren Hals, und sie zwang sich, tief durchzuatmen.
    Es gibt kein Zurück mehr! schoss es ihr durch den Kopf.
    Weder hier und jetzt noch an anderer Stelle. Ihr Vater war tot, Georg war weg, und sie hatte das Ruder in die Hand genommen. Nun musste sie ihr Schiff führen, ob bei Sturm oder Flaute.
    Als sie unten angekommen war, zitterten ihre Arme vom Festhalten, und ihre Knie waren auch etwas

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