Die Samenhändlerin (German Edition)
ihr Kind am Ende der Schwangerschaft verloren, und sie selbst wäre dabei auch fast gestorben. Damals hatte es geheißen, sie habe sich körperlich übernommen, fast bis zum letzten Tag war sie mit ihrem Mann auf der Reise gewesen.
Ob das Kind auf dieser furchtbaren Reise ins Elsass sterben würde? Unruhig warf sich Seraphine von einer Seite zur anderen.
Soll ich darauf hoffen?
Bis zur Abreise waren es noch etliche Wochen. Womöglich würde sie schon einen Bauch bekommen, und alle wüssten Bescheid. Und was, wenn das Kind die Reise überlebte?
Vielleicht, wenn sie stürzte? Aber was war, wenn sie sich dabei lediglich ein Bein brach? Das durfte nicht geschehen! Auf dieser Reise musste sie schließlich beweisen, dass sie die bessere Samenhändlerfrau war! Noch immer ärgerte sich Seraphine, dass nicht sie diese Idee gehabt hatte, sondern Hannah. Andererseits: Helmut schien von der ganzen Sache nicht besonders angetan zu sein … Eigentlich seltsam, ging es ihr nicht zum ersten Mal durch den Sinn.
Schlagartig setzte sie sich aufrecht hin.
Natürlich!
Helmut hatte ein schlechtes Gewissen, und ausgerechnet da kam Hannah mit ihrer Hilfsbereitschaft daher und verstärktedadurch sein schlechtes Gewissen noch mehr … Wie musste er sie dafür hassen!
Seraphines Blick verdüsterte sich. Warum war sie nicht schon längst auf die Idee gekommen, die Geschichte mit dem Überfall zu hinterfragen? Dann wüsste sie jetzt vielleicht mehr. Konnte überlegen, was das für sie zu bedeuten hatte. Wie sie reagieren sollte …
Sie war unachtsam geworden. War zu viel mit sich und anderen Problemen beschäftigt, statt an Helmut zu denken. Kein Wunder, dass er sie an manchen Tagen kaum anschaute. Sie hatte so fest daran geglaubt, dass alles nach seiner Rückkehr aus Russland besser werden würde. Dass er erkennen würde, wer die richtige Frau für ihn war. Stattdessen kreisten seine Gedanken ständig ums Geld: das Geld, das ihnen gestohlen worden war, das Geld, das sie auf der nächsten Reise verdienen mussten, um den Rückschlag aufzuholen. Geld, Geld, Geld – und kein Platz für Komplimente, ein liebes Wort, einen zärtlichen Blick.
Hätte Seraphine es nicht besser gewusst, hätte sie glauben können, dass sie längst nicht mehr so wichtig für ihn war wie einst. Aber da gab es immer noch dieses unsichtbare, unauflösbare Band zwischen ihnen … Sie spürte es, Valentin spürte es und Hannah erst recht!
Seraphine lächelte boshaft.
Vielleicht sollte ich der lieben Hannah erzählen, was ich von Valentin erfahren habe! Mal sehen, wie groß ihre Reiselust dann noch ist …
Seraphine hatte lange gebraucht, bei der Schwägerin eine Schwäche zu finden – von ihrem grobschlächtigen Äußeren einmal abgesehen. Sie war fleißig, meist gut gelaunt, nahm selten ein Wort übel – lauter Tugenden, die bei den Kerners gern gesehen wurden. Aber Hannah war eifersüchtig – das war ihre Schwäche!
Vielleicht hebe ich mir meine Neuigkeiten noch ein bisschen auf. Bestimmt kommt der Zeitpunkt, an dem ich Hannah damit besser überraschen kann …
Das Kind … Es musste weg, es würde alles zerstören, wofür sie bisher gelebt hatte.
Ach, Sternenfee, warum hast du nicht besser auf mich aufgepasst?
Es gab Kräuter, die, wenn man sie aß, zu einem schrecklichen Durchfall und zu Bauchkrämpfen führten. Eine Möglichkeit. Aber welche Kräuter? Und wie viele davon? Sie wollte schließlich nicht an einer Vergiftung sterben.
Valentin! Er hatte ihr das angetan! Doch selbst als Schuldigen konnte sie ihn nicht um Hilfe bitten, ganz im Gegenteil: Er durfte nichts wissen. Sie musste sich normal verhalten, bei der kleinsten Laune ihrerseits würde er wieder anfangen, wie mit einem Messer in ihrer Seele herumzustochern.
Valentin – er würde sie umbringen, wenn er wüsste, was sie vorhatte. Ein wenig tat er ihr Leid. Er bemühte sich so! Warum konnte sie sich nicht auch bemühen?
Und wenn sie für einen Moment das Unmögliche dachte? Was wäre, wenn sie das Kind tatsächlich bekäme? Wenn sie mit aller Kraft versuchen würde, Valentin zu lieben?
Unmöglich. Nicht, solange Helmut ihr Herz besaß. Und das würde für immer der Fall sein.
Seraphine machte eine unwillige Bewegung. Keine Zeit, sich Gedanken um Valentin zu machen.
Was sollte sie nur tun?
Vielleicht gab es irgendeinen Zauber …
Ach, Sternenfee, warum lässt du nicht einfach wie jeden Monat mein Blut fließen? Wenn nur alles wieder gut wäre. Wenn nur das Kind wieder weg
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