Die Samenhändlerin (German Edition)
aus dem Lichtstrahl des hereinfallenden Mondlichts in den Schatten.
Was war geschehen? Wohin hatte sich die Zärtlichkeit geflüchtet? Sein Blick raste durch den Raum, um sich im nächsten Moment doch wieder an Seraphine festzusaugen. Plötzlich wusste er nicht mehr, wohin mit seinen Händen, jede Berührung hatte ihre eigene Sprache angenommen, eine Sprache, die ihm in Verbindung mit Seraphine fremd war. So, wie sie ihm selbst fremd war. Diese Gier in ihren Augen, mit der sie sich ihm anbot – fremd.
Natürlich hatte er sich oft vorgestellt, wie es wäre, mit ihr … Aber doch nicht heute, nicht hier und jetzt! Nicht, während Seraphine in größter seelischer Not war. Nur ein Schuft würde ihre Lage ausnutzen. Ihr Retter – das wollte er für sie sein. Vergeblich suchte er nach Worten, die seine Gefühle hätten ausdrücken können.
Ich bin kein Schuft, kein Schuft, kein Schuft – unfähig, seinen Blick von ihrer Nacktheit abzuwenden, sagte er sich die Worte im Stillen immer wieder vor, doch mit jeder Wiederholung verloren sie mehr an Bedeutung.
»Was ist? Bin ich nicht begehrenswert für dich? Bin ich zu wenig Weib ?«, schrie sie ihn an.
Er schüttelte mechanisch den Kopf. Ihre kleinen Brüste, die rosa-braunen Monde, so perfekt, als hätte ein Bildhauer oder Maler sich besonders viel Mühe damit gegeben. Ihre langen Beine, das silberne Dreieck, allerfeinste Löckchen, die sich bei jeder noch so kleinen Bewegung vorwitzig kräuselten.
Er spürte, wie sein Atem schneller wurde, öffnete den Mund, holte tief Luft. Mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand berührte er die silberne Verheißung, vorsichtig, als berühre er eine Figurine aus Porzellan.
Was tue ich da? Was tue ich … Was …
Mit einem heiseren Lachen packte Seraphine seine Hand, drängte seine Finger tiefer. Ihr Saft, so süß wie der einer reifen Frucht, an seinen Fingern.
Im nächsten Moment begann sie, an seinem Hosenbund zu nesteln.
»So lang schon bin ich bereit für diese Nacht …« Worte, so schwankend, bebend wie ihre Schenkel, die sich um ihn schlangen.
Ihre Hand auf seinem Geschlecht, so bestimmt, so sicher.
Sie ist eine Jungfrau, ein Mädchen, ein Kind noch. Was tut sie da?
Stöhnend schob er sie zur Seite, schnürte selbst seine Hose auf.
Alles geht zu schnell, zu schnell.
Ungelenk suchte sein Mund ihre Lippen, sie drehte ihren Kopf zur Seite, sein Kuss verfing sich in ihrem Haar. Im nächsten Moment zog sie ihn auf sich. Seine Ellenbogen pressten sich an den rauen Holzboden, aus lauter Angst, Seraphine mit seinem Gewicht zu erdrücken.
Sie schrie auf, unbefriedigt, ungeduldig, ihre rechte Hand dirigierte ihn zwischen ihre Beine.
Er schaute sie ein letztes Mal an. Ihre Augen weit aufgerissen, voller Gier, kein verschämtes Blinzeln unter niedergeschlagenen Lidern.
Sie will mich, mein Gott, sie will mich!
Ihr Körper drängte sich dem seinen entgegen, er wollte, konnte sie nicht länger warten lassen, stieß zu.
Schreie, die sich vereinten.
Und durchs Fenster schaute ein müder Mond.
15
Als es am nächsten Morgen an der Tür klopfte, saßen Else und Seraphine stumm beim Morgenmahl. Mehrmals hatte Else wissen wollen, wo Seraphine gewesen und warum sie erstmitten in der Nacht zurückgekommen war. Doch Seraphine schwieg und rührte in ihrem Haferbrei.
»Wer kann das sein? Friedhelm?« Stirnrunzelnd schaute Else ihre Tochter an. »Aber warum klopft er?« Mit einem Satz war sie an der Tür, öffnete.
Vor ihr stand Adolf Rausch, der Dorfbüttel. Seine Miene war noch düsterer als sonst. »Darf ich hereinkommen?«
»Wir müssen in die Schweiz. Selbst Nachforschungen anstellen.« Mit tränennassen Augen schaute Else von ihrer Schüssel auf. Der Brei war längst kalt, hatte eine trockene Kruste bekommen. »Vielleicht … ist das alles nur ein großer Irrtum.«
Seraphine holte tief Luft. »Das da ist kein Irrtum«, sagte sie und wies auf den Zwerchsack ihres Vaters, den der Büttel vorhin gebracht hatte. Eine Hand voll Samentütchen, Blumenzwiebeln und das Musterbuch, das Seraphine ihrem Vater vor Jahren gemalt hatte – mehr war nicht drin gewesen. Kein Reisepass, kein Geld, nichts, was ansonsten auf Friedhelm Schwarz’ Identität hingewiesen hätte. Ohne Seraphines Musterbuch, auf dessen erste Seite sie in großen Lettern den Namen ihres Vaters gepinselt hatte, hätte der Zwerchsack auch jedem anderen gehören können.
»Das sind Vaters Sachen, daran besteht kein Zweifel.« Während sie sprach, wartete sie
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