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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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reagiert. Die Nachricht vom Tod ihres Vaters, jetzt sein Antrag – natürlich sei das sehr viel auf einmal. Er hatte sich verabschiedet und angekündigt, morgen wiederzukommen.
    Seraphine schnaubte. Als ob sich morgen etwas geändert haben würde!
    »Was gibt es denn da zu schnaufen?«, fuhr Else auf. »Valentin würde dich auf Händen tragen, das hat er gesagt, ich hab’s mit eigenen Ohren gehört. Kind, verstehst du denn nicht, was das bedeuten würde? Du wärst versorgt, müsstest dir um nichts mehr Sorgen machen. Und für mich wäre sicher auch irgendwo ein Plätzchen frei.«
    Auf Händen getragen zu werden – wie hatte sie sich danach gesehnt, diese Worte zu hören. Aber aus dem Mund des falschen Mannes klangen sie hohl, so blechern wie der Topf, in dem das Wasser auf dem Herd köchelte.
    »Du erwartest also von mir, dass ich aus Berechnung heirate. Um versorgt zu sein. Mehr habe ich deiner Ansicht nach nicht verdient?« Fassungslos starrte Seraphine ihre Mutter an.
    »Aus Berechnung – o Gott, Kind! Verlange ich denn, dass du ein Ungeheuer heiratest? Valentin ist ein umgänglicher Junge, und seinen Bruder hättest du doch auch mit Kusshand genommen. Aber nein, du bleibst stur, träumst lieber weiter! Ha, ich habe aus Liebe geheiratet, und schau, wohin es mich gebracht hat!« Elses Stimme war schrill geworden. Erschrocken über ihre eigene Heftigkeit nahm sie einen Schluck Tee. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, fuhr sie leiser fort: »Meine Eltern haben mich gewarnt. Immer und immer wieder haben sie mich vor Friedhelm gewarnt. Er sei ein Tunichtgut, haben sie gesagt. Einer, der nicht mit Geld umgehen kann, und dass das in der ganzen Familie Schwarz läge. Aber ich wollte ja nicht hören.« Sie ergriff Seraphines Hände. »Glaube mir, ich weiß, wovon ich rede. Kannst du es deiner Mutter verdenken, dass sie sich für ihr einziges Kind etwas Besseres wünscht? Valentin Kerners Antrag ist ein Geschenk des Himmels!« Als Seraphine nicht gleich antwortete, fuhr sie fort: »Hast du einen einzigen Vorwurf von mir gehört, was letzte Nacht betrifft? Ich habe genug gehört, um mir das Richtige zu denken … Glaubst du, jede Mutter wäre so verständnisvoll? Das muss dir doch zeigen, wie gut ich es mit dir meine.«
    Seraphine lachte auf. Ihre Mutter, die Lauscherin! Mit einem Ruck stand sie auf.
    »Die Antwort lautet trotzdem Nein. Ich kann keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe. Eher würde ich sterben.«
    Den Rest des Tages stand die Tür im Haus Schwarz nicht mehr still. Immer wieder kamen Gönninger, um ihr Beileid auszusprechen, ihre Neugier zu befriedigen und mit dem guten Gefühl nach Hause zu gehen, dass das Schicksal ihnen wohler gesonnen war als Else und Seraphine. Zwischen den beiden Frauen herrschte vorwurfsvolle Stille. Doch wenn die Besucher die seltsame Stimmung bemerkten, dann schoben sie sie auf die traurigen Umstände.
    Als Seraphine an diesem Abend zu Bett ging, war sie so erschöpft wie noch nie in ihrem Leben. Sie hatte das Gefühl, ein Erdbeben hätte ihr Haus erschüttert und sie läge hilflos unter den Trümmern verborgen: zu schwach, um sich zu bewegen, unfähig, nach Hilfe zu rufen, zu machtlos, um sich aus eigener Kraft von all den Gedanken, die sie begruben, zu befreien. Helmut und Hannah, ihr Vater, Valentin, ihre Mutter, die sie mit vorwurfsvollen Blicken auf Schritt und Tritt verfolgte … alles zu viel.
    Helmut. Er war als Einziger nicht gekommen. Wahrscheinlich hatte seine Frau es ihm verboten! Wahrscheinlich war diese Hannah eine, die ihn mit Haut und Haaren auffraß, wie eine Spinne, die ihr Opfer in ihrem Netz gefangen hatte.
    Unruhig warf sich Seraphine auf die andere Seite und zog die Decke halb übers Gesicht, als brauche sie dann der Wahrheit nicht mehr ins Auge zu sehen.
    Sie hatte Helmut in diese andere Ehe getrieben. Mit ihrer übertriebenen Sittsamkeit hatte sie nicht nur ihr eigenes Leben zerstört, sondern seines noch dazu. »Fräulein-rühr-michnicht-an«, hatte er sie immer neckend genannt, wenn sie seinestürmischen Umarmungen abwehrte. Dabei hätte sie ihn am liebsten noch enger an sich herangezogen! Hätte seine Hände in ihren Schoß gelegt, ihm ihre Brüste entgegengestreckt. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn er sie zur Frau machen würde. Immer wieder hatte sie von ihrer Hochzeitsnacht geträumt. Zu Hause, in ihrem engen Bett, hatte sie mit den Händen ihren Körper erforscht und sich vorgestellt, es wären seine Hände. Hatte

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