Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
Festigkeit hat. Es kann überall hingehen, es beherrscht jedes Wesen, es spendet Leben. Ich kann nun wirklich keinen Makel am Wasser erkennen. Du solltest stolz sein, dass deine Seele so viel davon enthält.«
In diesem Augenblick war ich weder stolz noch etwas anderes. Ich fühlte mich, als würde ich mich gleich in meine Einzelteile auflösen, wie ein Schwarm Schmetterlinge, der an einem Baumstamm gesessen hatte und durch irgendeine Störung auseinanderflatterte.
»Wasser könnte meinem Palast sehr von Nutzen sein, mehr noch als Metall, Holz und Steine. Von diesen Elementen gibt es viele unter meinen Kriegern, doch Holz wird von Metall zerschnitten, Steine schlagen Scharten ins Metall und werden von Holz abgefangen oder weitergeschleudert. Wasser hingegen kann von keinem dieser Elemente bezwungen werden, denn es bringt Metall zum Rosten, Holz zum Schwimmen und Steine zum Versinken. Deshalb möchte ich, dass du in meinem Palast bist, an meiner Seite als Kriegerin.«
Meinte er, dass es unter seinen Gefolgsleuten irgendwelche Reibereien gab? Glaubte er, einige von ihnen seien ihm untreu?
Dann wurde mir klar, was er gesagt hatte. Er wünschte sich mich an seine Seite – jedoch nur als Kriegerin. Obwohl ich nichts anderes erwarten durfte, machte es mich ein wenig traurig. Gleichzeitig schalt ich mich dafür, dass ich mehr erwartet hatte.
»Verzeiht, mein Fürst«, entgegnete ich und versuchte, mir meine Enttäuschung und den Ärger über mich selbst nicht anmerken zu lassen. »Ich habe dem Kloster mein Versprechen gegeben. Und meiner Familie ebenfalls. Ehe ich nicht getan habe, was ich tun muss, kann ich Euch nicht folgen.«
»Vielleicht überlegst du es dir dennoch.« Wieder lächelte er mir zu, doch in diesem Augenblick wusste ich, dass er nichts dagegen hatte, wenn ich mich entfernte. Ich lief zum Lager zurück, drehte mich kurz vorher aber noch einmal um und sah, dass Yoshinaka seine Hand genau an der Stelle in den Bach tauchte, an der mein Haar ins Wasser gefallen war. Und die Stelle, an der sein Daumen mein Kinn berührt hatte, brannte wie Feuer.
32
Auf den Dächern von Enryakuji lag eine dünne Schneedecke, als wir zwei Tage später den Berg hinaufritten. Die Luft war kalt und schneidend. Mit dem trüben Wetter machte sich Sorge in mir breit. Was mochte in der Zwischenzeit geschehen sein? Hiroshi war wohl kaum getötet worden, doch was war mit den anderen Mönchen? Hatten sich die Schattenkrieger erneut ins Kloster gewagt?
Der Weg erzählte nichts davon, ebenso wenig die Bäume am Wegrand und die Vögel, die über unsere Köpfe hinwegzogen.
Die Ankunft des Fürsten mit seiner Kriegerschar würde den Schattenkriegern nicht verborgen bleiben. Was sie wohl dachten? Vielleicht dass der Fürst seinen Verbündeten nur einen Besuch abstatten wollte? Nein, wahrscheinlich dachten sie etwas ganz anderes, und das beunruhigte mich zutiefst.
Bevor wir das Kloster erreichten, ritt ich zu Fürst Yoshinaka. Während der vergangenen Tage hatte ich es vermieden, ihm allzu nahe zu kommen, wenngleich ich bemerkt hatte, dass er immer wieder zu mir herübersah, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab. Ich war dankbar dafür, dass auch er bis auf das Gespräch am Wasser nicht weiter versucht hatte, sich mir zu nähern. Nun lächelte er mich offenherzig an.
»Nun sind wir bald da, an deinem Kloster«, sagte er.
»Das ist richtig, mein Fürst, und mit Eurer Erlaubnis würde ich gern vorausreiten, damit die Wächter mich sehen und wissen, dass Ihr es seid.« Wenn ihm nur nicht einfiel, dass dies doch die Kitsune tun wollte! Aber das war jetzt nebensächlich. Hiroshi würde mir beistehen, wenn er erfuhr, dass sie mir gegen die Räuber geholfen und sich angeboten hatte, den untreuen Haushofmeister auszuspionieren.
»Gut, reite voraus, und wenn du schon dabei bist, richte dem Koch des Klosters meine Grüße aus. Meine Männer sind hungrig, und ich freue mich darauf, seine Künste erneut in Anspruch nehmen zu dürfen.«
War er schon einmal im Kloster gewesen? Bisher hatten mir davon weder Hiroshi noch Satoshi erzählt.
Ich bedankte mich bei Yoshinaka und versprach, Satoshi alles genau so auszurichten. Dann trieb ich Akihiko an.
Die Wächter erkannten mich sofort und öffneten das Tor.
»Tomoe-chan, du bist zurück!«, rief einer freudig. »Wer sind die Krieger, die dir folgen?«
»Das sind Fürst Yoshinaka und seine Männer. Sie haben sich bereit erklärt, uns zu helfen!« Damit sprang ich aus dem Sattel und rannte zur
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