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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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bloß mal eben nach dem Rechten sehen wolle.
    Die Zweitbesetzung kam im Schutz eines Erdwalls an der betreffenden Stelle an, und eine Stimme rief: »Kümmert euch da drüben um euren Scheiß, dann kümmern wir uns hier um unseren Scheiß!«
    Nachdem sie später an diesem Abend mit dem Ensemble zusammen waren, hörte Manny Lopez von Joe Castillo, was da los gewesen war, und Manny geriet außer sich.
    »Oh, ihr alten Arschlöcher«, sagte er, »warum habt ihr denen nicht ein paar blaue Bohnen rübergejagt, damit sie sehen, wie wir uns kümmern?«
    Ein paar blaue Bohnen rübergejagt? Einfach nur so? Na gut, weshalb eigentlich nicht? Dies alles war so und so kein Polizeijob mehr, und Polizisten waren sie ebenfalls längst nicht mehr. Sie waren eine Art großäugiger kleiner Canyonkriechtiere, und alle Welt – die anderen Cops auf dem Revier, die Ehefrauen zu Hause, ihre Nachbarn, wirklich alle Welt – betrachtete sie, als seien sie just unter einem Felsen hervorgekrochen, was wohl daher kam, daß es Nacht für Nacht tatsächlich so war.
    Zum Teufel also, was soll's, jagen wir ihnen ein paar von den blauen Bohnen rüber, lassen wir uns ruhig in eine schwere Gangsterschießerei verwickeln und wecken ruhig mal die Stadt auf, nur damit die Nachrichtenleute sagen können: »Schießerei an der Grenze! Filmbericht um elf!«
    Eines Abend hatte Manny Lopez dann die Chance, wieder mal mit Loco persönlich zu reden. Sie marschierten durch das Gelände am E-2-Canyon, um den flüchtigen Bandenchef endlich mal aufzustöbern, als sie eine Stimme hörten. Manny identifizierte sie als jene Stimme, die er ein einziges mal gehört hatte, als er dem Mann mit der Skimaske eine Fiesta-Zigarette durch den Grenzzaun reichte. Die Stimme eines Mannes, der sie höchstens als Silhouette gesehen haben konnte, rief: »Oye, Lopez! Bist du das?«
    Sobald sie sich zu Boden geworfen hatten, schrie Manny zurück: »Komm mal rüber, Loco! Wir sollten mal dringend miteinander reden.«
    Aber Loco erwiderte: »Nein, nein, Lopez. Ich bin lieber in meinem eigenen Land. Bleib doch da, wo du bist, und ich bleib hier. Oder warum überläßt du mir nicht ein Stückchen von deinem Revier? Ich brauch nur sehr wenig, und du brauchst es eigentlich gar nicht!«
    Manny jedoch war nicht in der Stimmung, mit Loco herumzudiskutieren. Er war an Loco mehr als an den Schlagzeilen von morgen interessiert. Er drehte völlig durch und schrie: »Du Drecksau, ich krieg dich noch! Hast du kapiert, du puto? Du gehörst mir!«
    Aber Loco hatte sich entschlossen, Vernunft walten zu lassen, und brüllte zurück: »Du kannst mich überhaupt nicht beleidigen. Ich will mich nicht mit dir anlegen. Laß mich bloß in Frieden!«
    Dann war er weg, und Manny schrie sich in der leeren Finsternis die Lunge aus dem Hals.
    Am nächsten Abend tobte Manny, eine Zigarre im Mund, durch den winzigen Appellraum und malte riesige Buchstaben auf die Tafel: GESUCHT WIRD EL LOCO!
    Gangster, die sie gefangen hatten, beschrieben El Loco als einen Mann um die Dreißig, und tatsächlich war er genau dreißig, zwei Monate älter als Manny. Sie wußten, daß Loco einsfünfundsiebzig oder einsachtundsiebzig groß war und ungefähr hundertsiebzig Pfund wog, was haargenau Mannys Größe und Figur entsprach. Es hieß, daß er einen Bart trage, sich jedoch fast nie ohne Skimaske sehen lasse, ohne daß jemand den genauen Grund kannte.
    Manny Lopez war in bezug auf El Loco wirklich fürchterlich sauer. Er war sauer über die Nacht, in der er El Loco die Zigarette durch eine Lücke im Grenzzaun gereicht hatte, während der Gangster mit der Skimaske nervös herauszukriegen versuchte, ob Manny ein echter Pollo war.
    »In der Nacht hätt ich ihn haben können«, klagte Manny sich an. »Ich hätt mir wenigstens seine Finger schnappen und zerquetschen können!«
    Manny war regelrecht besessen von dem Gangster, von dem es hieß, er habe im E-2-Canyon eine halbe Quadratmeile unter Kontrolle. Es machte Manny Lopez fast wahnsinnig, daß ein Gangster es sich leisten konnte, so ohne weiteres von seinem Revier zu reden.
    Eines Abends war Manny drauf und dran, ihn zu kriegen. Für Manny war es anfangs eine recht glückliche Nacht. Drei Gangster hatten sie mit Messern zu überfallen versucht. Ein vierter lungerte in einiger Distanz herum, und als er sich an dem Überfall beteiligen wollte, sahen sie, daß er ganz in Schwarz gekleidet war. Und eine Skimaske trug.
    An diesem Abend mußten die anderen Barfer plötzlich allein mit den

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