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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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halten.
    Eine Zeitlang entfachte der Ku-Klux-Klan einen recht heftigen Wirbel in den Medien, als es hieß, daß er an der Grenze aktiv werden wolle, weil dort nach seiner Ansicht bloß noch die bewährte alte Wachsamkeit helfen könne, den illegalen Einwandererstrom nach Kalifornien zu stoppen. Der Polizeichef von San Diego erklärte daraufhin, die BARF Squad sei jederzeit in der Lage, da draußen mit jeder Art von Gewalt fertig zu werden, woraus sich eindeutig folgern ließ, daß Chief William Kolender, der erste jüdische Polizeichef, dem Klan herzlich wenig Sympathien entgegenbrachte. Eine mexikanische Zeitung veröffentlichte eine sehr komische Karikatur, auf der eine Gruppe von vermummten Ku-Klux-Klan-Leuten gezeigt wurde, die gerade einen Spion in den eigenen Reihen entdeckt hatte. Nachdem der Große Drache des Ku-Klux-Klan dem Spion die Kapuze vom Antlitz gerissen hatte, sagte der Betreffende, den natürlich alle sofort erkannten, mit seinem üblichen bösartigen Grinsen: »Sabes que?«
    Renee Camacho, der Knabentenor, einstmals der fröhlichste, herzlichste und sensibelste Barfer von allen, fing allmählich an, jeden Sinn für Humor zu verlieren. Und im Grunde ging es allen so. Kaum noch jemand machte bei Dienstbeginn seine Späße und Witze. Es fand jeweils ein ebenso kurzes wie düsteres Briefing statt, und schon ging's ab nach draußen. In der Vergangenheit hatte gerade Renee sie mit seinen Possen regelmäßig königlich amüsiert.
    Eines Abends wurde Renee von einem Gangster ziemlich heftig attackiert. Er schlug dem Angreifer seine Waffe über den Schädel, und einzig und allein dadurch wurde er selbst davor bewahrt, den Burschen umzulegen. Er hatte nie etwas Ähnliches empfunden. Er machte an diesem Abend mit den Jungs einen sehr langen Zug durch die Gemeinde und war schließlich mordsmäßig betrunken.
    Als er bei einer anderen Gelegenheit einen Gangster – einen Räuber, der ihn zuvor zu Tode erschreckt hatte – zur Wache bringen mußte, fing der Mann an, ihm obszöne Schimpfworte an den Kopf zu werfen. Der Gangster war mit Handschellen gefesselt. Renee sprang ihn an, nahm ihn in den Schwitzkasten, rammte ihm ununterbrochen die Faust ins Gesicht und sagte die ganze Zeit: »Glaubst du vielleicht, du bist 'n besonders toller Hecht? Ne schwule Sau bist du! Da! Weiber legst du um? Hier! Kinder quälst du? Da!«
    Und er war auf dem besten Weg, aus dem Gesicht des schreienden Gangsters Hackfleisch zu machen, als er zufällig hochschaute und sah, daß er von einem uniformierten Vorgesetzten beobachtet wurde. Der Gangster war blutüberströmt, und Renee war felsenfest davon überzeugt, daß er nun Ken Kellys Schicksal erleiden und als zweiter Polizist von San Diego wegen eines tätlichen Angriffs vor Gericht angeklagt und verurteilt werden würde.
    Er sah den Vorgesetzten an, als wolle er sagen: Na schön, ich bin dran. Und vielleicht war er sogar zutiefst erleichtert, weil es ja letztlich der Beweis dafür war, daß er nicht mehr in der Lage war, hier draußen noch zu arbeiten. Aber der Vorgesetzte drehte sich um und ging davon, als hätte er überhaupt nichts gesehen.
    Renee konnte nicht glauben, was ihm da widerfahren war. Es war nahezu unmöglich.
    Es ging allen so. Wenn ihnen mutmaßliche Gangster über den Weg liefen, die es wegen des wachsenden BARF-Renommees vorzogen, sie nach einigen wenigen Probefragen ungeschoren zu lassen, mußte Manny bloß sagen: »Sabes que?« Und schon stürzten sie sich auf die Gangster und schlugen sie zusammen, bloß mal eben zur Vorbeugung.
    »Um den Gaunern ein für allemal beizubringen, daß es ziemlich teuer sein kann, in diesen Canyons zu wildern«, wie Manny das nannte.
    Renee hielt von alledem nichts mehr. Er besuchte Herbert Camacho, seinen besten Freund, und erzählte seinem Vater, daß vielleicht doch mal einer ein Auge auf die BARF Squad werfen sollte, bevor die Leute da draußen im Niemandsland eines Tages vielleicht noch alle verrückt würden.
    Ein alter Wunsch nach Rache nahm dann mehr und mehr überhand: El Loco. Der Gangster mit der Skimaske hielt sie buchstäblich zum Narren, seit er ihnen vor sechs Monaten entkommen war. An einem dunklen Abend entdeckte ihn die Zweitbesetzung ganz in der Nähe seines bevorzugten Lochs im Grenzzaun beim E-2-Canyon. Sie sahen einen Mann, der eine Skimaske trug und ganz in Schwarz gekleidet war. Er zerfloß dann zu einem Schatten. Sie sahen einen anderen Mann mit einem Gewehr. Er benahm sich so, als ob er in seinem Revier

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