Die San-Diego-Mission
Legenden und Folklore hatte.
Joe Castillo und Joe Vasquez sagten später unabhängig voneinander: »Es roch von vornherein nach Pulverdampf, als Manny diesen dicken Cop anmachte.«
Und besser hätte man es wahrscheinlich gar nicht ausdrücken können.
Als Manny Lopez auf die beiden Tijuana-Cops herunterguckte, hielt er die Dienstmarke oberhalb seines einen Knies und seine Kanone oberhalb seines anderen. Die Tijuana-Cops konnten in dem Moment weder das eine noch das andere sehen. Dann sprang Manny Lopez. Der Graben war annähernd zwei Meter tief. Beim Aufprall rutschte er etwas aus, stolperte zwei oder drei Schritte in Richtung Chuey Hernandez, und dann waren sie mit einemmal in der Dunkelheit höchstens noch eine Armlänge voneinander entfernt.
Eine Menge Dinge passierten gleichzeitig oder fast gleichzeitig. Niemand wird je wissen, in welcher genauen Reihenfolge sich die Dinge abspielten, und genaugenommen ist es auch ganz egal, außer für die Anwälte und Richter und diejenigen, die sich nicht damit zufriedengeben wollten, daß der Ablauf von dem Moment an zwangsläufig und unvermeidlich war, in dem Manny Lopez die Autorität und den machismo der beiden Polizisten aus Tijuna provozierte.
Für alle anderen sieht es so aus, daß diese eine Tatsache nicht wegzudiskutieren ist: Manny Lopez sprang dem mißtrauischen mexikanischen Cop vom Grabenrand aus buchstäblich vor die Füße. Er hielt ihm zwei Sachen unter die Nase, mit jeder Hand eine: eine Dienstmarke und eine Kanone. Er brüllte: »Policia! Policia!«
Gerade in dem Moment, in dem Pedro Espindola schrie: »Der hat ne Kanone!«
Chuey Hernandez reagierte auf diese Entwicklung, indem er seinerseits blitzschnell mit seiner Kanone Manny Lopez vor die Brust schlug.
Manny Lopez hob den rechten Arm zur Verteidigung und warf sich nach links.
Nahezu simultan hatten sämtliche Barfer ihre bereits gezogenen Waffen im Anschlag. Einige hatten sogar zwei Waffen im Anschlag. Einer der Barfer sah, daß Manny eine Dienstmarke in der Hand hatte. Die anderen sahen sie nicht. Vier sahen, daß Chuey Hernandez einen Schuß abfeuerte. Drei konnten nicht erkennen, wer zuerst feuerte.
All das passierte im Bruchteil einer Sekunde.
Schüsse fielen aus allen Richtungen, und in den Ohren von Chuey Hernandez hörte es sich an wie eine einzige gewaltige Explosion. Trotz und alledem verspürte er keine Schmerzen. Er schoß auf lauter Schatten. In der einen Sekunde schoß er, und in der nächsten spürte er, wie die Beine buchstäblich unter ihm einknickten.
Tony Puente gab zwei Schüsse auf Chuey Hernandez ab.
Ernie Salgado gab fünf Schüsse auf Pedro Espindola ab.
Joe Castillo, der mit zwei Kanonen schoß, feuerte neun Kugeln ab, sowohl auf Chuey Hernandez als auch auf Pedro Espindola.
Joe Vasquez feuerte mit dem Schrotgewehr in die Richtung, in der beide Tijuana-Cops standen, und als sein Schrotgewehr Ladehemmung hatte, gab er drei Revolverschüssse auf Pedro Espindola ab.
Renee Camacho feuerte fünf Schüsse auf beide ab.
Carlos Chacon, der ebenfalls mit zwei Kanonen schoß, feuerte einmal auf Chuey Hernandez und fünfmal auf Pedro Espindola.
Manny Lopez schoß dreimal auf Chuey Hernandez, während er sich zu Boden warf.
Pedro Espindola schoß seine Waffe leer, während er zurück zur Grenze kroch. Chuey Hernandez gab fünf Schüsse ab, bevor er dieses schwerelose Gefühl hatte und seine Beine unter ihm einknickten.
Neun Beamte aus zwei Ländern feuerten aus ihren Munitionsbeständen in der Dunkelheit und in dichter Reihenfolge neunundvierzig Schüsse aufeinander ab. Und als alles passiert und erledigt war, hatten die beiden, die südlich der imaginären Linie zu Hause waren, nicht die geringste Ahnung, weshalb das alles passiert war. Und ein paar von den sieben, die nördlich der imaginären Linie zu Hause waren, wollten sich selbst nach gründlichster Gewissenserforschung ebenfalls nicht festlegen , ob sie wußten, was los gewesen war. Sie waren von vornherein dazu verdammt gewesen, ihre Rollen zu spielen. Und sie hatten sie gespielt.
Plötzlich brüllten alle durcheinander.
»ICH BIN GETROFFEN!«
»Barf! Barf! Barf! Barf! Barf!«
»VERDAMMT, ICH BIN GETROFFEN!«
»FEUER EINSTELLEN FEUER EINSTELLEN!«
»ICH BIN GETROFFEN, IHR SCHWEINE!«
»HALT IHN HALT HALT HALT IHN HALT IHN!«
Es war nicht zu fassen, aber Pedro Espindola kletterte die Böschung hoch auf die Röhre zu!
Alle rannten durcheinander, schrien, brüllten, duckten sich, versuchten, ihre Waffen neu
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