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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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zu laden. Pedro Espindola kletterte wie in Trance. Chuey Hernandez wollte bloß wegkriechen, griff in den Dreck, wollte nach Hause. Die Detectives aus San Diego sollten später im Schmutz die Spuren seiner Hände finden.
    Chuey Hernandez sollte das Kornett nicht für den Präsidenten von Mexiko spielen. Chuey Hernandez folgte den Instinkten aller verwundeten Kreaturen, während um ihn herum, nach jener endlosen Explosion, die ihm immer noch in den Ohren dröhnte, alles durcheinanderbrüllte und der Teufel los war. Er kroch auf dem Bauch in Richtung Heimat. Er kroch genau zwei Meter weit. Die Spuren seiner Hände befanden sich bereits in seinem Heimatland. Alles außer seinen Beinen befand sich in der Republik Mexiko. Das, immerhin, hatte er bei der Krabbelei nach Hause noch geschafft.
    Dann erinnerte sich Chuey Hernandez nur noch daran, daß ein Körper schwer auf ihn fiel. Irgendwer knallte ihm ein Schrotgewehr auf den Schädel, und seine Kanone wurde ihm weggerissen. Und irgendwer rollte ihn auf den Rücken, schlug ihm ins Gesicht und verfluchte ihn.
    Manny Lopez steckte sich die Kanone von Chuey Hernandez in den Gürtel und fesselte den verletzten Polizisten aus Tijuana an sein eigenes Handgelenk.
    Manny Lopez schrie ununterbrochen: »Wer ist verletzt? Ist jemand getroffen?«
    Carlos Chacon brüllte: »Mir hat's eine Schlagader zerrissen!«
    Manny Lopez zerrte heftig an Chuey Hernandez herum, zog ihn schließlich hoch und brüllte ihn an, während ein anderer Chuey Hernandez rechts und links ins Gesicht schlug: »Du verdammter Dieb!«
    Und Chuey Hernandez weiß noch genau, wie sehr ihn das verwirrte. Dieb? Was kann er damit meinen? Was kann er damit nur meinen?
    »Was ist denn bloß los?« wiederholte Chuey Hernandez ununterbrochen. »Was ist denn bloß los?« Er starrte andauernd ungläubig auf sein gefesseltes Handgelenk.
    »Spiel hier nicht den Doofen, du Arschloch!« sagte jemand, und er wurde wieder geschlagen.
    Manny Lopez schrie: »Bin ich getroffen worden oder du? Wer wohl, verdammt noch mal?« Und er betastete sich mit der freien Hand überall am Körper und sagte: »Irgendeiner hat mich gelöchert! Ich weiß ja, daß ich getroffen worden bin!«
    Inzwischen spürte Chuey Hernandez grauenhafte Schmerzen in der Magengegend. Es waren die schlimmsten Schmerzen, die er je gehabt hatte, und er wurde ausgerechnet auf dem Bauch über den Boden geschleift. Dann tat ihm der Arm weh, daß er anfing zu weinen.
    Chuey Hernandez wurde mit Gewalt auf die Füße gestellt und war überrascht, daß er gehen konnte. Er erinnerte sich, daß er ungefähr hundert Meter bis zu einigen Bäumen ging. Plötzlich kriegte er keine Luft mehr, konnte nicht mehr atmen und starb fast vor Angst. Dann sagte einer zu ihm: »Du Anfänger! Ich hoff, du krepierst!«
    Das Verwirrendste von allem, was sich an dem Abend ereignete, war für Chuey Hernandez die Tatsache, daß sich später noch jemand über ihn beugte, nachdem sich auf dem Gelände bereits eine hektische Aktivität entwickelt hatte und ein Hubschrauber und eine Ambulanz eingetroffen waren und er auf einer Bahre lag, um in die Ambulanz getragen zu werden. Er wußte nicht mehr, ob es der eine Große war, der ihn in die Ambulanz begleitete (gemeint war Ernie Salgado) oder der Anführer (Manny Lopez) oder sonst jemand. Er hat nur noch die Erinnerung daran, daß ihn immer noch irgendwer schlug und als Räuber beschimpfte.
    Räuber? Das war so komisch, daß er am liebsten gelacht und zugleich geweint hätte. Er war überraschend klar im Kopf, und er wollte was sagen. Er wollte sagen, daß er geglaubt hatte, sie seien Räuber, als er in den Graben stieg. Noch nie hatte sich ein Pollo derart benommen – rein ins Licht, raus aus dem Licht, keine Versuche wegzurennen, aber auch nicht zu gehorchen. Und jetzt beschimpften sie ihn als Räuber? Weshalb denn bloß? Wie war das möglich? Wenn sie Polizisten waren, weshalb hatten sie ihm das nicht in dem Augenblick gesagt, in dem er sie aufgestöbert hatte? Nichts davon ergab für Chuey Hernandez einen Sinn. Er hatte keine Ahnung, wovon sie da überhaupt redeten.
    Dann sagte der eine, der ihn immer noch schlug: »Wenn unser Partner stirbt, bist du genauso fällig und kannst in der Hölle braten!«
    Dadurch erfuhr er zum erstenmal, daß auch einer von ihnen angeschossen worden war. Er wußte nach wie vor nicht, was mit Pedro Espindola los war, und schon gar nicht, daß der entkommen war. Dann kam er zu dem Entschluß, daß sie allesamt verrückt

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