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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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waren und es gar keinen Zweck haben würde zu reden.
    Es hatte hinten und vorn keinen Sinn. Das heißt, vielleicht war ja auch er verrückt!
    Carlos Chacon erinnerte sich sehr lebhaft an diese schwere Schießerei, die bestimmt so laut gewesen war wie ein Gefecht in Vietnam, wie Ernie Salgado gesagt hatte. Carlos erinnerte sich, daß eine seiner Waffen leer war, aber nicht daran, daß er auch die andere gezogen hatte. Er hatte die Hitze des Mündungsfeuers und die Bleipartikel gespürt, die ihn streiften. Und den ätzenden Pulvergeruch schmecken können. Er wußte auch noch, daß Chuey Hernandez ganz dicht neben ihm auf ihn gefeuert hatte. Eins der Geschosse aus Carlos Chacons Kanone hatte den Schulterriemen von Chuey Hernandez durchschlagen, und es war seitlich in den Körper und dort in den Magen eingedrungen und in der Nabelgegend steckengeblieben. Ein weiteres hatte den Arm durchschlagen.
    Nachdem Chuey Hernandez außer Gefecht gesetzt worden war, hatten sie auf den dünnen Cop gefeuert, der, während er stiftenging, immer noch schoß. Carlos Chacon fühlte einen Schlag und ging sofort zu Boden. Gleich darauf lag auch Pedro Espindola auf der Nase, und Carlos Chacon erkannte eindeutig, wie Kugeln in seinen Körper einschlugen, während er auf die Röhre zukroch.
    Dann hatte Carlos Chacon zu schreien angefangen: »Ich bin getroffen worden!«
    Während sie sich dann noch über Carlos Chacon gebeugt und ihm die kugelsichere Weste auszuziehen versucht hatten, war mit einemmal der Streifenwagen aus Tijuna gestartet worden und weggefahren!
    Sie hatten nach dem dünnen Cop gesucht und im Grunde damit gerechnet, daß er entweder in der Nähe der Röhre auf der Lauer lag oder tot war. Dann fuhr der Wagen ab. Gab's noch einen dritten Mann? Der dünne Cop mußte sich in der Röhre versteckt haben, um sie zu überfallen. Hatte einer der Trinker den verdammten Wagen weggefahren?
    Später erst stellten sie fest, daß der von vier Kugeln getroffene Polizeibeamte Pedro Espindola, der drei Schußverletzungen im Rücken und eine am Bein hatte, seinen Körper wirklich noch durch die Drainageröhre geschleppt und den Highway erreicht hatte und dann in seinen Streifenwagen gekrochen und entkommen war.
    Die Barfer waren ab sofort davon überzeugt, daß mexikanische Cops ebenso schwer zu töten waren wie mexikanische Gangster. Es gab da ein paar ganz schön zähe Typen.
    Carlos Chacon lag auf der Erde und schrie: »LASST MICH RUHIG LIEGEN!« Und Manny Lopez rannte rum und wollte der Hölle dadurch ein Ende machen, daß er einen Befehl nach dem anderen in die Gegend brüllte.
    Tony Puente hatte sich das tragbare Funksprechgerät geschnappt und schrie: »Verdammt! Ich krieg das Ding nicht in Gang!«
    Zum Schluß nahm Manny Lopez den Apparat und schaltete ihn ein, damit Tony endlich reinschreien konnte.
    Alles hörte urplötzlich auf. Sie hörten, wie sich mehrere Sirenen näherten. Dann hörten sie, wie sich Dutzende von Sirenen näherten. Aus südlicher Richtung! Der Himmel wurde im Umkreis einer Meile erhellt von roten und blauen Signallichtern, und beim Lärm der Polizeisirenen aus Tijuana erstarrte ihnen das Blut in den Adern.
    Dann schrie Manny Lopez: »Abhauen!«
    Aber sie hatten zwei Verwundete zu versorgen, und irgendwer war gerade im Begriff, um den Arm von Carlos Chacon, der was von einer Schlagaderverletzung gebrüllt hatte, einen Verband zu wickeln, wobei Carlos Chacon, wie er sich erinnerte, ständig dachte: Wenn eine Schlagader verletzt ist, bin ich in drei Minuten tot!
    Und Joe Castillo, der Carlos Chacon haßte, ganz gleich, ob er verwundet war oder nicht, weiß noch haargenau, daß er sich sagte: Schlagader? Ja, na und? Der hat doch gar kein Blut in den Adern, dieser Schwule. Als er mich angeschossen hat, also, ich hab nichts von 'ner verdammten Schlagader gesagt. Und auch nicht rumgebrüllt wie 'n Schwein.
    Dann schrie Carlos Chacon: »Wenn ich ohnmächtig bin, macht sofort Mund-zu-Mund-Beatmung!«
    Und irgendwer, wahrscheinlich Joe Castillo, brüllte: »Auch noch Mund-zu-Mund, du schwule Sau!«
    Und dann wollten alle – Schützen, Verletzte, Witzbolde und Wahnsinnige – bloß noch aufladen und abhauen, weil die blauweißen Streifenwagen ebenso wie die zivilen Wagen der judiciales den Highway förmlich überschwemmten. Mit einemmal sahen sie da draußen in der Dunkelheit nur noch diese ausgewaschenen guyabera- Buschhemden . Und sie hörten die Stimmen von dreißig Männern, die sich dem Vorhang näherten, und wußten,

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