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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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offiziellen Besuchsstunden für Gefangene zu ihm, nachdem er erstmal wegen kriminellen Angriffs angeklagt worden war. Chuey Hernandez wünschte, daß seine Mutter nie von der Sache erfuhr, denn ihr Herz war in äußerst schlechter Verfassung. Obgleich sie in seinem Haus wohnte, hütete die ganze Familie das Geheimnis mit peinlichster Sorgfalt. Der alten Frau wurde erzählt, ihr Sohn sei wegen einer Bruchoperation ins Krankenhaus nach San Diego eingeliefert worden.
    Chuey Hernandez war zunächst noch gut dran. Seine Frau war Krankenschwester und deswegen in der Lage, ihm zu helfen, sobald er aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Natürlich mußte sie sich von ihrem Schwestern Job beurlauben lassen, um ihren Ehemann für die Dauer seiner Wiederherstellung zu Hause pflegen zu können. Außerdem benötigte Chuey Hernandez einen Anwalt, der ihn vor Gericht in San Diego verteidigte. Der Anwalt verlangte für seine Bemühungen 1500 Dollar, aber Chuey Hernandez verdiente wöchentlich nur etwa 45 Dollar. Sie konnten sich das Geld zunächst beschaffen, indem sie ihr Haus belasteten. Der Bankmensch schätzte das Haus auf ungefähr 3000 Dollar. Die Arztrechnungen und das Honorar für den Rechtsanwalt schlugen ihm jedoch schließlich über dem Kopf zusammen, und Chuey Hernandez wurde sein Haus los und mußte fortan in einem gemieteten Haus wohnen. Mitsamt seinen Kindern und seiner Mutter.
    Miki Hernandez mußte ihren Mann zwei Monate lang pflegen, und während dieser Zeit brach ihre Welt in Scherben. Nach all dem, was passiert war, hatte sie einen beträchtlichen Haß auf die Polizei von San Diego.
    Chuey Hernandez nahm seinen Dienst bei der städtischen Polizei von Tijuana wieder auf und mußte sich um weit mehr Dinge Sorgen machen als bloß darüber, ob seine Lippe einschlafen würde.
    »Ich habe die Polizeikollegen von San Diego immer sehr bewundert«, erklärte er. »Ich wollte immer, ich wäre einer von ihnen. Natürlich war das nur ein Traum.«
    Für Manuel Smith, den Verbindungsbeamten der Polizei von San Diego für mexikanische Angelegenheiten, war der Fall eine äußerst prekäre Sache. Nachdem man ihn mit der Leitung der Verhandlungen zwischen den Police Departments von San Diego und Tijuana beauftragt hatte, war er zunächst geschockt, als er hörte, daß es sich bei dem verwundeten Tijuana-Cop um Chuey Hernandez handelte, den er bei seinen zahlreichen Verhandlungen mit der mexikanischen Polizei ganz gut kennengelernt hatte. Und der Mann, der überall auf Baja Peninsula zahlreiche Verwandte hatte, war doppelt geschockt, als er feststellte, daß Chueys Frau Miki eine entfernte Cousine seiner Familie war.
    Natürlich wäre die Sache für jeden Cop aus San Diego, der mit der Aufrechterhaltung der Beziehungen zur mexikanischen Polizei zu tun hatte, sehr unangenehm gewesen. Zuerst einmal hatte es da ein Fernsehinterview mit Manny Lopez gegeben, in dem er die Behauptung aufgestellt hatte, die Cops aus Tijuana hätten sie zu berauben versucht. Außerdem war zwar das Problem, ob Chuey Hernandez zwei Meter nördlich oder zwei Meter südlich der imaginären Linie angeschossen worden war, für die Männer und Frauen, die hier den schwerfälligsten Justizapparat auf dem ganzen Erdball bedienen mußten, sicherlich ebenso relevant wie die Beantwortung der Fragen, ob er in einer Art Reflexbewegung den Abzug durchzogen hatte, als ihm Manny Lopez die Waffe unter die Nase hielt, ob zumindest seine linke Gehirnhälfte den von Manny Lopez kommenden Ruf policias! hätte wahrnehmen müssen oder ob Manny Lopez diesen Ruf tatsächlich von sich gegeben hatte. Für die mexikanische Polizei jedoch, die sich ebenso wie Chuey Hernandez nach wie vor keinen Vers auf das Ganze machen konnte, waren derartige Dinge überhaupt nicht relevant.
    Unabhängig davon, wie er persönlich über diese Angelegenheit dachte, mußte Manuel Smith die Kröte schlucken und sein Police Department hinten und vorn verteidigen. Und das tat er dann auch. Er vernahm Chuey Hernandez im Krankenhaus und entlockte dem verletzten mexikanischen Cop die Aussage, daß er zwar den Ausruf policias! aus dem Munde von Manny Lopez einen Sekundenbruchteil vor Beginn der Schießerei gehört habe, dies jedoch seiner Meinung nach insofern unwesentlich sei, als er nie und nimmer geglaubt hätte, daß es sich da tatsächlich um eine Art von Cops handeln würde.
    »Wieso hätte ich auf sieben Polizeibeamte schießen sollen, wenn mir klargewesen wäre, daß es Polizeibeamte sind?« rief

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