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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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klang viel weniger aggressiv, wenn die Finger zur Erde zeigten. Einen Hund oder ein Kind hingegen rief man mit nach oben gereckten Fingern. Die Truppe kapierte allmählich, daß zwischen einem Mexikaner und einem Amerikaner mexikanischer Herkunft Welten liegen.
    Für den Fall außerdem, daß sie sich gezwungen sehen sollten, auch mal im Untergrund zu arbeiten, brachte man ihnen ein paar Redewendungen aus dem Sprachgebrauch echter Mexikaner bei. Amerikanischer Slang war bei den Gesetzeshütern und den Einwohnern von Tijuana zwar fast genauso gebräuchlich wie auf der amerikanischen Seite der Grenze. Aber campesinos, Bauern, die gerade aus dem Landesinnern gekommen waren, würden weiß Gott nicht um mejas bitten, formvollendet um Feuer, wenn sie sich eine Zigarette anstecken wollten. Und wenn einer herginge und das Wort frajo für Zigarette benutzen würde, käme sofort Verdacht auf. Woher kennt denn ein Pollo aus Durango den mexikanisch-amerikanischen Vorstadtslang? Kennt er die Schmuggler- und Grenzführersprache, weil er schon öfter rübergegangen ist, oder ist er eine Art Polizeiinformant oder Spitzel?
    Und wenn jemals einer vor der Situation stände, einen Ausländer aus dem Landesinnern spielen zu müssen, welche Zigarettenmarken sollte er bei sich haben? Welche Sorten Streichhölzer wurden für gewöhnlich in einem pueblo in Chihuahua verkauft?
    Und wie verhielt es sich mit der Sprache der Grenzführer und Schmuggler? Obgleich zum Beispiel trucha! (das heißt »Paß auf!«) aus dem calo, dem Slang von Los Angeles, ihnen allen ziemlich unbekannt war, mußten sie wissen, daß einer, der eine solche Redensart gebrauchen würde, mit größter Wahrscheinlichkeit zu den ebenso schrägen wie gerissenen Vorstadtgaunern gehörte.
    Die jeweils gebräuchliche Sprache der Grenzgegend, ein Gemisch aus Spanisch, Englisch und zweisprachigem Slang, sprang normalerweise rasch auf ganz Südkalifornien über, kam in Mode und wieder aus der Mode, lief zurück nach Süden, mogelte sich zurück nach drüben und gelangte dabei ähnlich mühelos hin und her wie die schäbigen Promenadenmischungen beider Seiten. Die Männer hörten sich das alles an und fanden es an und für sich durchaus interessant, meinten jedoch, was, zum Teufel, es mit einer Truppe von Straßencops zu tun habe, die in diese Berge geschickt wurde, um ein paar Leute in den Arsch zu treten und ihre Personalien festzustellen?
    Ein alter Polizist der Southern Substation fand einen originellen Vergleich, sobald er was über die neuen Aufgaben der Cops läuten gehört hatte: »Black Jack Pershing war der letzte Arsch, weil er so blöde war, mexikanische Gangster durch die Berge zu jagen. Der Effekt war der, daß später jeder Filmstar von Beery bis Brynner den Pancho Villa gespielt hat. Und was ist für Pershing dabei rausgekommen? Ein Denkmal in 'nem Pennerpark in Los Angeles, wo ihm Millionen von Tauben auf den Hut kacken!«
    Zwar wollte keiner der Sache so recht auf den Grund gehen, aber sie stimmte insofern, als General Pershing und die amerikanische Kavallerie nie auch nur die geringste Chance gehabt hatten, Pancho Villa zu fangen.
    »Wir wissen echt nicht genau, was wir eigentlich tun sollen«, sagte Renee Camacho, als sein Vater ihm seinen vorerst letzten Haarschnitt verpaßte. Renee hatte eine fast kindlich helle Stimme, obgleich er mit achtundzwanzig schon einer der älteren Herren der Truppe war.
    Herbert Camacho war Friseur, und sein Geschäft befand sich unweit der Dreizehnten und der Market Street, ganze achtzehn Blocks von der Central Police Station entfernt. Renee und andere Cops kamen öfter mal auf einen Sprung vorbei und tranken ein Bier mit dem Friseur.
    Herbert Camacho meinte, diese Task Force sei im Grunde eine prima Sache. »Das sind deine Leute«, sagte er zu seinem Sohn und meinte damit die Grenzgänger. »Irgend jemand muß ihnen mal helfen.«
    Die Wahl von Renee war für Dick Snider beinahe selbstverständlich gewesen. Renee war nicht nur ein ungewöhnlich eifriger Cop, sondern hatte, wie Dick Snider selbst, auch einen ausgesprochen weichen Kern, was dem Lieutenant der Task Force gut in den Kram paßte. Eine Eigenschaft jedenfalls, die bei Polizisten ziemlich selten ist und meist rasch verschwindet, wenn die jungen Burschen erst mal eine Weile Streifendienst gemacht haben.
    Es gab aber noch einen weiteren Grund. Dick Snider kannte Reneés Vater seit ungefähr sechzehn Jahren, denn Snider hatte als junger Beamter selbst mal im Bereich der

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