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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Zitternd.
    Du denkst langsam wirklich, du bist verrückt, aber sobald du bloß mal versuchst, mit Manny darüber zu reden, beschimpft er dich sofort als Schwulen und sagt: »Zum Teufel, Jimmy Carter hat sogar mal 'n Killerkaninchen gesehen, und er ist immerhin der verdammte Präsident.«
    In der näheren Umgebung fast aller amerikanischen Städte gibt es eine Gegend wie hierzulande National City, gar nicht weit vom Zentrum San Diegos entfernt. Nasty City, wie die Einwohner sagen. In dieser Gegend fühlt sich jemand, der in klarer Erkenntnis der amerikanischen Schwäche paranoid geworden ist, sofort erheblich ruhiger. Jemand, der jederzeit ernsthaft damit rechnet, daß die kubanische Coast Guard plötzlich auf die Idee kommen könnte, das ganze Gebiet südlich von Illinois zu erobern.
    In National City hingegen paßt man schon auf, daß ein solcher Ernstfall nicht eintritt, und um sich in dieser Hinsicht klarzuwerden, braucht man bloß mal ins nächstbeste Straßencafe zu gehen, wo ausschließlich Leute sitzen, die offenkundig ein Eisenkinn haben und Willie Nelson und Johnny Cash erstaunlich ähnlich sehen. Jemand, der lebensmüde ist, braucht gar nicht erst so was schrecklich Blödes zu tun wie jene Leute, die sich in luftiger Höhe immer noch von den großen Buchstaben U und S auf das A fallen lassen. Er muß nur beiläufig auf den alten Schnack zu sprechen kommen, in San Diego gäb's ja bloß Feiglinge.
    Wenn man heute hört, was Meinungsmacher und Trendsetter in den Medienzentren von New York, Washington oder Hollywood alles von sich geben, muß man im Grunde ganz schnell ganz verrückt im Kopf werden, weil man den Eindruck gewinnt, daß Amerika grauenhaft schlapp geworden ist. Man muß dann allerdings nur mal in die nähere Umgebung der großen Stadt fahren, um zu sehen, daß noch längst nicht alles so endgültig verschwunden ist wie die Schmutzfänger und Trittbretter an den Automobilen von anno dazumal.
    Ray Wood war Anwalt in National City, ein junger Bursche mit lückenhaften Zähnen, der andauernd rumhing wie ein nasser Sack und immer aussah wie nach einer Pokerpartie in der Elk's Lodge, die die ganze Nacht gedauert hatte. Er sah aus wie einer, der die Geldschächte aller Münztelefone daraufhin überprüfte, ob nicht jemand was vergessen hatte, und automatisch unter jedes Sofakissen guckte.
    Ray Wood gehörte nicht zu jenen prominenten Anwälten, die von vornherein allen Cops mißtrauten, nicht zu diesen Leuten in Anzügen mit Weste, die dauernd nachsehen, ob nicht zufällig ihr Hosenstall offensteht. Ray Wood guckte nie nach, und der Hosenstall war nie offen. Er latschte nach einem harten Tag bei Gericht in sein Büro und warf seine Jacke auf den Fußboden.
    In seinem Büro sah es aus wie in einer der vorfabrizierten Nissenhütten in Tijuana, in denen man sich bei einer mexikanischen Gesellschaft vor den üblichen Sauftouren nach Ensenada versichern lassen konnte. An der Wand hing der Spruch GOTT SCHÜTZE DIE IREN. Die Cops meinten, daß so einer ehrlich sein müsse, und sie vertrauten ihm.
    Eines Nachmittags, nachdem Manny Lopez seinen Jungs befohlen hatte, nach Süden zu gehen, wurde Ray Wood in seinem Büro von drei Männern erwartet. Es war für einen Anwalt grundsätzlich äußerst ungewöhnlich, in einer Angelegenheit wie der, um die es hier ging, drei kerngesunde junge Burschen zu beraten, die – in dieser Reihenfolge – vierundzwanzig, achtundzwanzig und neunundzwanzig Jahre alt waren. Sie starrten ihren Anwalt düster an, und er erkannte sofort, daß dieser vorher vereinbarte Termin etwa so erfreulich verlaufen würde wie eine Untersuchung auf Tripper.
    Bei den drei jungen Leuten handelte es sich um Joe Castillo, Eddie Cervantes und Renee Camacho, einen Jugendfreund des Anwalts. Sie prüften das Dokument, das der Anwalt ihnen vorlegte, äußerst gewissenhaft.
    Das Dokument begann mit den folgenden Worten: Ich, geistig gesund, Einwohner von San Diego, Kalifornien, erkläre hiermit testamentarisch meinen Letzten Willen.

 

    18. KAPITEL
    Barf
    D ick Snider spielte immerhin noch am Rande mit. Er war immer noch Oberbeamter vom Dienst bei der Southern Division und galt immer noch als der Pate der BARF Squad. Manchmal trank er ein Bier mit den Jungs, und wenn sie dann ein Gläschen oder zwei intus hatten, ließ der eine oder andere von ihnen leicht auch schon mal eine Andeutung fallen, Manny würde ihnen Dinge abverlangen, die das Department ganz sicherlich nicht billigen würde.
    Aber Ken Kelly

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