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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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würde?«
    Als sie am nächsten Abend wieder in die Canyons marschierten und sich kaum vorstellen konnten, daß sie von Manny wieder mal aufs Kreuz gelegt worden waren, hätte unter Umständen ein entsprechendes Musikstück aus Schneewittchen und die sieben Zwerge dazu gepaßt.
    Etwa in der Zeit waren die Barfer auch verrückt genug, jemanden zu kidnappen, und eines schönen Nachmittags, als die Sonne noch ziemlich hoch stand, taten sie es. Sie ruhten sich auf dem Berg direkt oberhalb des Deadman's Canyons aus und warteten auf den Sonnenuntergang, und außer Manny war keiner scharf darauf, daß der bald eintrat. Dann trotteten mit einemmal zwei kleine Bengel über die Anhöhe. Der eine von ihnen war ungefähr fünf, und der andere mochte ein Jahr älter sein. Sie hatten ein dreckiges, unansehnliches kleines Gerippe von Köter bei sich.
    Der Sechsjährige war ein huero mit heller Haut und großen grauen Augen, und er schlenderte zu der Gruppe der sich auf der Erde herumwälzenden Pollos und sagte: »Wo wollt ihr Burschen denn hin?«
    »Los Angeles«, sagte Manny Lopez.
    »Braucht ihr einen Führer?« wollte er wissen, worauf sämtliche Barfer die Augen verdrehten und sich anstießen und ihr Gekicher unterdrückten, und Manny sagte: »Nee, nee, brauchen wir nicht.«
    Und dann antwortete der Junge: »Wir könnten euch nach San Ysidro bringen.«
    Daraufhin wären die Barfer fast an ihrem unterdrückten Gelächter erstickt, und Manny fragte: »Wieviel?«
    Und der kleine Junge sagte: »Zehn Cent!« Das war zweifellos der Preis, auf den sich diese kleinen Gauner vorher geeinigt hatten. Und sobald sie die zehn Cent in der Hand gehabt hätten, wären sie wahrscheinlich sofort abgehauen und mit ihrer dreckigen Töle haste was kannste nach Colonia Libertad zurückgerannt.
    Also stand Manny auf und schlenderte mal rüber und schaute sich die barfüßigen Vagabunden mit ihrem verfilzten Haar, ihren Klamotten, die wahrscheinlich noch nie gewaschen worden waren, und ihrem bestimmt noch nie gewaschenen Hündchen sehr von oben herab an, und dann steckte er die Hand sehr langsam in seine Jacke, kriegte das gute Stück im Schulterholster zu fassen, drehte sich zu den Barfern um, hatte die Braue da bereits zum Fragezeichen gekräuselt und sagte mit einem bösen kleinen Grinsen: »Sabes que?«
    Und dann zerplatzten sie förmlich. Alle brüllten wie wild durcheinander, schnieften, gackerten und johlten im Chor, und die Kinder waren stinksauer über diese blödsinnige Bande von Pollos, die sie bloß auslachten, nachdem sie ihnen ein so seriöses Geschäft angeboten hatten, und der Ältere sagte überaus indigniert zu Manny: »He, cabron, siehste da meinen Partner? Das ist ein ganz harter Bursche. Gib uns mal lieber die zehn Cent!«
    Und Manny sagte: »Seht mal verdammt rasch zu, daß ihr die Kurve kratzt!«
    Das taten die Babygangster dann auch unverzüglich. Sie sahen verdammt rasch zu, daß sie die Kurve kratzten. Sie gingen allerdings nur etwa zehn Schritte zurück, um mit ihren mageren Ärmchen eben noch in Reichweite zu bleiben, und dann hoben sie mit ihren verdreckten Fingerchen einen Haufen Steine auf, und als nächstes sahen die Barfer, daß sie alle Anstalten machten, die Steine in ihre Richtung zu werfen. Ohne weitere Vorrede.
    Und als nächstes merkten die Barfer, daß ihnen die Steine tatsächlich um die Ohren flogen!
    Und Manny Lopez fing an zu schreien: »Hey, ihr kleinen Ärsche, das ist gar nicht mehr komisch! Feierabend!«
    Aber die Babygangster machten trotzdem weiter. Bing! Bing! Bing! Steine prallten von ihren Schultern und ihren Knien ab. Die kleinen Drecksäcke waren unheimlich zielgenau. Deshalb ging Manny fluchend zu dem dreckigen Köter, der immer noch da saß, mit dem vor Dreck starrenden Schwanz wackelte und der ganzen Aktion so interessiert zuguckte, daß er nicht früh genug wegrennen konnte, als Manny nach ihm grabschte.
    »Feierabend, ihr Arschlöcher!« rief Manny. »Oder euer Hund wird gekidnappt!«
    Die kleinen Strolche waren jedoch nicht zu stoppen. Manny kriegte seine Antwort: Bing! Ein Stein kam durch die Luft gesegelt und streifte Mannys schon ziemlich kahle Birne, und er brüllte: »Das reicht!«
    Und obgleich die winzigen Gangster fürchterlich jammerten und weinten, marschierte Manny, das winselnde kleine Drecksbündel im Arm, seinen Barfern voran schnurstracks zum Reserveteam zurück.
    Einer der Babygangster schrie ihm nach: »Gib uns den Hund wieder, du Schwein!«, und Manny schrie zurück: »Das

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