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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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hohlen Klang wie ne Wahlurne in Chicago, und ich muß Hypotheken auf mein Haus nehmen, weil mir dieses Nebengeschäft um die Ohren geschlagen wird, und im Grunde fehlt mir eigentlich bloß noch eines, nämlich, daß ich dahinterkomm, daß der Pastor meine Frau vögelt!
    Alles das wollte er sagen. Alles, was er sagen konnte, war dies: »Ich bin ausgeflippt, Manny. Ich weiß nichts mehr, außer daß ich ausgeflippt bin!«
    Als Ken Kelly eine halbe Stunde später mit Dick Snider im BARF-Büro saß, kam Manny mit ein paar Papieren rein und machte die Tür zu. Manny sagte: »Ich nehm an, du möchtest 'n Mann von der Polizeigewerkschaft dabei haben, oder?«
    »Wozu?« fragte Ken Kelly düster.
    »Dies ist eine disziplinarische Voruntersuchung«, erklärte Manny.
    »Na schön, ich glaub, in dem Fall könnt ich meinen Anwalt anrufen«, sagte Ken Kelly zu Dick Snider. »Aber ich weiß gar nicht, was ich mit 'nem Anwalt soll, wenn die Stadt mich verrückt macht, weil sie stinksauer ist, daß ich dieses Schandmaul mit 'ner Taschenlampe erwischt hab und sie ihm nun jede Menge Dollar zahlen muß, weil sein Auge angeblich nicht mehr ganz so gut funktioniert. Bloß, weil ich diesem Stück Scheiße mit 'ner kleinen vierzelligen Taschenlampe eine geknallt hab? Was war das denn, ne Magnum-Taschenlampe? Mit Dum-Dum-Batterien? Lieutenant, mein Anwalt hat gesagt, ich sollte mich hypnotisieren lassen, ob mir überhaupt klar war, was ich getan hab, oder ob ich die Ereignisse gar nicht richtig wahrgenommen hab. Oder ob es erkennbar das Resultat des Gefühls einer dauernden Bedrohung war, aus meinen Erfahrungen als Polizeibeamter? Aber die Scheiße ist doch die, daß ich viel zu viele Leichen im Schrank hab, als daß ich's mir leisten könnte, 'n Hypnotiseur in meinem Kopf rumfuhrwerken zu lassen! Ich weiß echt nicht, was ich tun soll! Verstehnse? Verstehnse, was ich meine?«
    Dick Snider rauchte die ganze Zeit, nickte Ken Kelly mehrfach zu, legte dem jungen Cop am Ende seine lederartige Hand auf die Schulter und sagte: »Sohn, ich glaub, du hast 'n echtes Problem. Ich glaub, du brauchst ganz dringend psychiatrische Hilfe.«
    Ken Kelly sah gequält zu Dick Snider auf, zu dem Mann, den er sich im nächsten Dasein als Vater wünschte, wenn die Reinkarnation das hielt, was sie versprach.
    Und Mr. Sensibilität, Manny Lopez, schüttelte betrübt sein Haupt und gluckste: »Tja, King, du bist 'n verdammter Idiot. Total bekloppt. Du hast ja einfach ne weiche Birne. Vielleicht sollten wir dir ne verdammte Gehirnoperation oder so was verpassen.«
    Dick Snider ordnete an, Ken Kelly solle eine Woche Urlaub nehmen und seinen Dienst erst dann wieder antreten, wenn ihm ein Psychiater bescheinigen könne, er sei geistig völlig gesund.
    Ken Kelly war zwar zunächst eingeschnappt über den Zwangsurlaub, im Verlauf der Woche jedoch recht froh, daß Dick Snider ihn angeordnet hatte. Er ließ sich psychiatrisch untersuchen und erschien voller Enthusiasmus wieder auf der Southern Substation. Er ging gleich zu Manny Lopez und sagte: »Das war echt 'n prima Seelenklempner. Einer von den Leuten, die Patty Hearst untersucht haben! Mann, war das 'n harter Job! Erst mal hat er alle Termine für den ganzen Tag und noch teilweise für den nächsten Tag abgesagt, meinetwegen! Ich hab alles ausgekotzt, Manny! Ich hab ihm erzählt, wie ich mir zum erstenmal einen runtergeholt hab und welche Hand ich dabei genommen habe. Ich hab ihm erzählt, daß ich Birnen geklaut hab, als ich vier war. Ich hab ihm auch gesagt, daß ich den ersten Steifen gekriegt hab, als ich nackte Titten gesehen hab. Und dann hab ich gefragt: ›Ganz ehrlich, Doktor, hab ich ne weiche Birne oder nicht? Brauch ich ne Gehirnoperation oder so was?‹ Da hat er gesagt: ›Im Gegenteil, ich würde wünschen, daß das San Diego Police Department mehr Beamte wie Sie hätte!‹ Manny! Ich bin kein Idiot!«
    Ken Kelly zeigte zum Beweis dafür, daß er weder ein Idiot noch eine Pflaume war, eine Bescheinigung des Chefarztes vor. Ken Kelly war so glücklich wie nie, als er das Büro des Leiters der Substation, Captain Joslin, betrat. Bis der Captain sagte: »Ich hab schlechte Nachrichten für Sie, Kelly. Der Inspector sagt, Sie seien eine Belastung. Ich muß Sie von Ihrem derzeitigen Job entbinden.«
    Ken Kelly war am Boden zerstört. Er brauchte buchstäblich das letzte Fünkchen seiner Selbstkontrolle, um sich zusammenzureißen. Er sagte: »Bitte, Captain, ich möchte zumindest bei der Division bleiben.

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