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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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abspielte. Und daß es ihnen seit längerer Zeit kaum noch möglich gewesen sei, den einen oder anderen anständigen Gauner zu schnappen, weil die Räuber da operierten, wo sie wohnten, wenngleich er sich auf der anderen Seite natürlich fragen müsse, ob es nicht tatsächlich ein bißchen »riskant« sei, in dieser Weise tätig zu werden? Er müsse wohl gar nicht erst näher erläutern, was der Chief of Police, die Deputy Chiefs, die Inspectors, Amy Carter oder sonst jemand von Jimmy Carters Ratgebern sagen würden, wenn sie erführen, daß sogar nach einer internationalen Schießerei zu Lasten eines Landes, das zum Ölproduzenten geworden war, ein paar ausgekochte Arschlöcher hin und wieder nach Süden gingen, um da Stunk zu machen.
    Dick Snider sagte: »Manny, ich möchte dich nach dem Appell mal sprechen.« Und er verließ den Squadroom ohne jeden weiteren Kommentar.
    Manny Lopez warf seinen Jungs drei Sekunden oder drei Tage lang einen finsteren Richard-Nixon-Blick zu, ohne ein Wort zu sagen. Dann warf er den Bleistift mit dem Härtegrad zwei, den er umklammert hielt, wie ein Messer gegen das Gesicht von Eddie Cervantes, der ihn beinahe in eins seiner traurigen Augen gekriegt hätte.
    Anschließend zeigte Manny, daß er ein wahrhaft knallharter Macho war, indem er zischte: »Du schwuler Lutscher! Du schwuler Lutscher!«
    Ken Kelly scherzte, um die Lage zu entspannen: »Jeder ist das, was er ißt!«
    Daraufhin jedoch riefen ihn die anderen Barfer, denen einfiel, daß dies ja schließlich immer noch eine Police Station war, zur Räson. Manny Lopez raste wütend davon, um mit Dick Snider zu reden.
    Auf diese Weise wurde es leichter für Eddie Cervantes, die Squad unauffällig zu verlassen und den Job beim Ausbildungssonderkommando anzunehmen, einen Job mit Tagesschicht, freien Wochenenden und normaler, vernünftiger Polizeiarbeit. Am Ende versuchte Manny sogar noch, recht nett zu Eddie zu sein, indem er meinte, das sei doch eine einmalige Karrierechance für ihn, und darüber sei auch er glücklich. Aber niemand schenkte ihm Glauben.
    Erst Fred Gil, jetzt Eddie Cervantes. Die BARF Squad schrumpfte. Und Dick Snider erließ den strikten Befehl, sie hätten südlich der imaginären Linie tatsächlich überhaupt nichts zu suchen.
    Eines Abends, an dem die Barfer wieder mal »Jagd auf den geheimnisvollen Einbrecher in den südlichen Wohnvierteln« machten und in einer Kneipe schon mehr als nur ein paar Gläschen getrunken hatten, gingen Ken Kelly zwei Sachen nicht aus dem Kopf: sein bevorstehendes Erscheinen vor Gericht, wo ihn ein Richter schließlich wegen eines tätlichen Angriffs verurteilen würde, und seine sterbende Mutter. Natürlich vermischten sich derartig dunkle Gedanken andauernd mit dem, was in den Canyons passierte. Er fuhr in einem zivilen Einsatzwagen, den Renee Camacho steuerte, friedlich in der Gegend herum, als er plötzlich mit der Faust die Windschutzscheibe des Polizeiwagens zerschmetterte.
    Renee konnte es nicht fassen! Ken konnte es nicht fassen! Die Windschutzscheibe war nur noch ein Spinnengewebe aus zerbrochenem Glas. Renee mußte von der Straße runter und anhalten. Dummerweise saß Manny in dem Zivilwagen, der hinter ihnen fuhr, und auch er bremste, sprang raus und brüllte: »Was ist los, zum Teufel?«
    Renee, der immer noch zitterte, sagte: »Was soll schon los sein, Manny. Da flog plötzlich 'n Ziegelstein über die Mauer, und dann …«
    »Nein, das war's bestimmt nicht!« meinte Manny und sah Ken Kelly an, der sich automatisch in sein Jack-Nicholson-Gehabe geflüchtet hatte. Dann sagte Manny: »Okay, Ken, was ist los, zum Teufel?«
    Ken Kelly wollte so vieles sagen. Er wollte sagen: Manny, ich muß demnächst vor Gericht wegen 'nem Scheißkerl, der selber nicht mal angeklagt worden ist, weil sie seine Sache so runtergespielt haben. Und es werden so viele Massenmörder begnadigt und bedingt freigelassen, daß Susan Atkins wahrscheinlich längst in Mission Valley Tupper-Partys veranstalten würde, wenn die Manson-Bande nicht so blöd gewesen wär, 'n paar Berühmtheiten umzubringen. Und mich, mich kriegen sie an die Hammelbeine, und ich warte auf mein Urteil, bloß weil ich einem erstklassigen Arschloch ne Taschenlampe in die Schnauze geknallt hab, und dann stirbt auch noch meine Mutter an ihrem Krebs, und mein kleines Nebengeschäft mit diesem Verkauf von Erste-Hilfe-Kästen wird mir um die Ohren geschlagen, und meine Ersparnisse gehen flöten, und meine Ehe hat fast schon so 'n

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