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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Mastdarmspezialist oder ein Theateragent. Eine Art Blick, die zum Ausdruck brachte: Es ist ein dreckiger Job, aber einer muß ihn ja machen.
    Dazu passend ließ Manny unter seinem Zapata-Schnurrbart die Mundwinkel hängen, hatte urplötzlich Schleier über den kleinen, leicht geschlitzten Augen, legte die Hand in den Schoß und ließ den Kopf sinken, als ob er sich erst sammeln müsse. Und als er dann aufschaute, sprach er von seinen Söhnen! Seinen lieben Söhnen!
    Manny Lopez begann folgendermaßen: »Wenn ich von euch rede, nenn ich euch immer mis hijos. Ich nenn euch Jungs sogar mis hijitos. Und das bedeutet, daß ihr mir besonders ans Herz gewachsen seid. Was ich da in der Stadt bei den Chiefs durchkämpfe … was ich für euch durchkämpfe, na gut, ich erzähl's euch manchmal gar nicht, weil ich euch nicht belasten will, und …« Dann griff er sich an den Kopf, und verdammt! Es sah aus, als ob Manny sich eine verdammte Träne aus den Augen wische! Und er fuhr fort: »Okay, ich versteh euch ja, ich versteh euch ja. Ich kenn eure Gedankengänge. Ich will doch nur, daß ihr kapiert, daß alles, was ich getan hab, bloß für euch war und … Okay! Ich versteh euch ja. Wir werden ein paar Änderungen einführen, mis hijitos. « Dann zeigte er ihnen sein tückisches Grinsen und sagte: »Na schön! Gehen wir mal ins Anchor Inn, weil ich ne Master-Charge-Karte habe und damit mindestens so viele Drinks bezahlen kann, wie ihr verdammten Typen vertragen könnt!«
    Es gab im ganzen Hause kein trockenes Auge mehr. Sie waren völlig außer sich. Sie hatten gewonnen! Manny Lopez! Was für ein Kerl! Sie krachten ins Anchor Inn mit der Gewalt eines Güterzugs.
    Ken Kelly konnte nur noch staunen. Manny als eleganter Lebemann mit Spendierhose, der seine Kreditkarten bis zum Letzten ausreizte? Manny bestellte eine Runde. Er sagte, er liebe jeden einzelnen von ihnen, sie fühlten sich phantastisch und geborgen und fingen an, über ihre Lehrerinnen-Groupies zu reden. Vielleicht würden die ja heute abend auch noch aufkreuzen. Wir möchten dem Fräulein Lehrerin auch gern ein paar Äpfel schenken! Bringt ruhig eure ganze verdammte Schulbehörde mit!
    Manny stürzte seinen Chivas Regal runter, als gerade einer Witze erzählte, und empfahl sich augenzwinkernd mit den Worten: »Ich hab noch ne Verabredung!«
    Alle zwinkerten zurück. Ne Verabredung. Na klar. Hey hey, Manny! Ne Verabredung! Klar!
    Nachdem Manny gegangen war, meinte Ken Kelly, der oft von Reinkarnation redete: »Manny ist früher entweder die Jungfrau von Orleans oder Heinrich Himmler gewesen. Oder war er vielleicht W. C. Fields? Der könnte doch glatt eine unschuldige Waise zur Mörderin machen.«
    Anschließend wies er sie auf die Tatsache hin, daß sie alle miteinander etwa so schwer zu durchschauen seien wie eine Partie Bingo. Manny habe sie mit der Barrechnung regelrecht aufs Kreuz gelegt.
    »Der kennt uns doch so gut wie wir unsern Schwanz!« schrie Ken Kelly.
    Und tatsächlich waren sie eine Woche später alle wieder soweit, abermals südlich der imaginären Linie zu operieren.
    Kurz danach aber kam's zum Eklat. Wie vorauszusehen war Eddie Cervantes der Unglücksrabe. Sie hielten gerade die abendliche Einsatzbesprechung ab. Dick Snider kam in den winzigen Squadroom, was er manchmal tat, lehnte sich an die Wand und zwinkerte wegen der unvermeidlichen Zigarette, die ihm wie üblich im Mundwinkel hing, mit den Augen. Er sah in der Uniform der San Diego Police noch größer aus.
    Ohne jede Vorwarnung spuckte Eddie Cervantes Manny mit einemmal schlimm in die Suppe. Er sagte zu Dick Snider: »Lieutenant, ich glaub einfach nicht, daß es klug ist, südlich der Grenze zu operieren.«
    Daraufhin fiel Dick Snider natürlich der Kinnladen runter, und die Zigarette wäre ihm um ein Haar aus dem Mund gefallen. Seine blinzelnden Augen wurden mindestens so groß wie das Abzeichen auf seiner Uniformbrust, und er sagte: »Wo treibt ihr euch rum?«
    Eddie Cervantes schwächte die Sache etwas ab, weil er sah, daß Mannys Augenbraue bereits die halbe Strecke bis zum Rücken zurückgelegt hatte. Alle hatten denselben Gedanken: Manny sah genauso aus, als ob er jeden Augenblick »Sabes que?« sagen würde.
    Eddie Cervantes stürzte sich ins Wortgefecht und erläuterte Dick Snider, daß sie sich nur ganz gelegentlich »einen oder zwei Meter« südlich der Linie herumtreiben würden, weil sich die gesamte Gangsteraktivität unmittelbar an der Grenze oder knapp südlich von ihr

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