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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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entschloß sich Manny Lopez, schon zu sehr später Stunde Renee Camacho direkt am Grenzzaun als Lockvogel zu postieren, gleich neben der Interstate 5 und so nahe an der US-Zollstation, daß man einen Regierungsangestellten mit Steinen hätte treffen können. Das Gelände dort war ziemlich hell. Renee hatte gelernt, das Licht zu hassen. Licht war gefährlich. Licht bedeutete Bedrohung. Er wünschte sich ständig, im Dunklen zu sein.
    »Wenn welche kommen, quatsch die Typen einfach an«, hatte Manny ihm eingeschärft. »Erzähl ihnen ruhig, daß du 'n Haufen Geld hast!«
    Renee stand dort mutterseelenallein. Manny und die anderen hatten sich dreißig Meter weiter in der Dunkelheit versteckt. Zwei Männer näherten sich dem Zaun aus Richtung Süden. Einer von ihnen trug an diesem warmen Abend ein T-Shirt. Er mochte ungefähr dreißig sein. Er war unglaublich schmutzig und hatte eine selbstgemachte Tätowierung auf dem Unterarm. Seine Lippen waren rissig und aufgeworfen und der Gaumen weiß und geschwollen. Er sagte zu Renee: »Die Streife kommt. Spring zurück über den Zaun.«
    »Nein, ich warte hier auf meinen Führer«, antwortete Renee in seinem fröhlichen Pollo-Singsang. »Ich warte hier auf meinen Grenzführer.«
    »Die Streife kommt wirklich«, sagte der Mann nochmals und drehte sich zu seinem Begleiter um, der in der Dunkelheit näher gekommen war. Sein Begleiter war ein häßlicher Mann mit Haaren wie ein Zulu und dicken Lippen. Sein Gestank war überwältigend. Renee wurde ganz schwindlig. Der Mann hatte krankhaft wirkende Augen, die auf Gelbsucht schließen ließen und deren Pupillen wie große Saphire aus dem gelblich schimmernden Weiß leuchteten.
    Er sagte: »Komm zurück. Wir schauen mal, ob wir dir nicht helfen können.«
    »Nein, ich soll hier stehenbleiben«, sagte Renee mit seiner Grenzgängerstimme.
    »Verdammter Scheißer, ich habe gesagt, komm zurück!« sagte der Zulu, und Renee spürte seinen heißen Atem. Der Mann stank nach Mord. Wie diese geifernden Wahnsinnigen in seinen Alpträumen.
    »Wenn du nicht kommst, komm ich nach drüben und zieh dich rüber«, sagte der Mann mit dem nach Leichen und Tod und Mord stinkenden Atem. Er sah aus wie ein Mooraal, als er seine Sägezähne fletschte.
    Renee Camacho hatte sich hingehockt. Renee Camacho wollte nur noch aufstehen und schießen. Er wollte den Schweinehund auf der Stelle umlegen. Er wollte ihm diesen Aalkopf wegblasen, bevor der Kerl ihn ermordete. Der Zaun hatte an dieser Stelle ein verdammt großes Loch. Ein Loch, hinter dem Mexiko und die Mörder warteten.
    Die Gangster flüsterten eine Weile miteinander. Die Gangster schauten erst Renee an, warfen dann einen mißtrauischen Blick auf die dunkle Gegend und verschwanden rasch wieder in der Finsternis. Als Manny angelaufen kam, waren Reneés Beine immer noch weich.
    »Was wollten die?« fragte Manny.
    »Sie wollten, daß ich rüberkomm. Damit sie mich da berauben könnten.«
    »Ja, aber dann hättste's doch einfach tun sollen!« ärgerte sich Manny.
    Da drehte sich Renee auf dem Absatz um, sah seinem Sergeant fest in die Augen und sagte: »Ich gehe nicht über die Linie, Manny.«
    Manny starrte eine Weile zurück. Er und Renee kannten sich schon aus einer Zeit, in der sie im selben High School Football Team gespielt hatten. Renee und Manny legten in der Erinnerung einen langen Weg zurück.
    Manny sagte bis zuletzt kein Wort, und schließlich wandten sie sich für den Rest dieses Abends anderen Geschäften zu. Es sollte für alle Zeiten der letzte Abend gewesen sein, an dem Renee Auge in Auge einem Gangster, der nach Mord stank, gegenübergestanden hatte. Er war sich endgültig klar darüber, daß der nächste Gangster, der auf ihn zukäme und ihn auch bloß mit einem Knüppel in der Hand bedrohen würde, sterben müßte. Deshalb wußte er jetzt, daß er kündigen mußte.
    Ja, er mußte es tun! Und schnell!
    Renee hatte einen total trockenen Mund, als er in der Substation wie zufällig mit Manny allein in einer Ecke stand. Er rechnete natürlich damit, dieselbe Art Dresche wie Eddie Cervantes zu kriegen. Er rechnete mit jeder Menge an Schreierei. Das gesamte Repertoire: Du Scheißkerl! Du Schlappschwanz! Du schwuler Lutscher!
    Er war beinahe noch nervöser als vorher am Grenzzaun, als er diesen Gangster mit dem Aalgesicht vor sich hatte. Er bat Manny, mit ins Büro zu gehen, und machte die Tür zu.
    Renee war geradezu feierlich. »Manny, ich hab das nun über 'n Jahr gemacht«, fing er an. »Und

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