Die San-Diego-Mission
Vorweihnachtszeit alle Jahre wieder gerechnet werden mußte, in der Innenstadt eingesetzt worden. Und ausgerechnet an dem Tag war im Gebiet von San Diego ein ungewöhnlich aktives Räuberpaar am Werk.
Nachmittags um zwei Uhr dreißig verübten zwei junge Neger, die Perlohrringe trugen, einen bewaffneten Überfall in National City und entkamen, nachdem sie einen Schuß aus einer 375er Magnum abgefeuert hatten, in einem weißen Lieferwagen der Marke Chevrolet.
Schon eine Stunde später drehten sie ein ähnliches Ding in der FedCo-Niederlassung von San Diego, in der Nähe von Euclid und Vierundfünfzigster Straße.
Um sieben am selben Abend traten sie im College-Grove-Einkaufszentrum erneut in Erscheinung und schossen hinter einem flüchtenden Überfallopfer her.
Schon wenige Minuten später tauchten sie im Big-Bear-Markt an der Federal auf und entrissen einer Kundin, die sie obendrein noch zusammenschlugen, die Handtasche. Sie feuerten eine Kugel auf einen Möchtegernhelden ab, der ihr zu Hilfe kommen wollte. In allen Fällen hatten sie die Opfer zwar mit ihrer gewaltigen Kanone verfehlt, aber allem Anschein nach keineswegs absichtlich danebengeschossen.
Ein paar Minuten nach ihrem letzten Überfall dieses Abends wurden sie, als sie in südlicher Richtung die Siebenundvierzigste Straße befuhren, von zwei Reservistencops aus San Diego entdeckt. Die Reservisten nahmen die Verfolgung auf, ohne über Funk Nachricht zu geben oder Warnlicht und Sirene einzuschalten. Wahrscheinlich waren sie ein bißchen schüchtern und unsicher, eben wie Reservecops, aber als sie bei der Verfolgungsjagd in Richtung Market Street fuhren, kamen sie zum einen an einem Streifenwagen und zum anderen an einem »coolen« Wagen vorbei, in dem die Barfer Carlos Chacon und sein Partner Joe Vasquez saßen.
Der Lieferwagen machte eine jähe Kehrtwendung oberhalb des Highways 805 und raste in entgegengesetzter Richtung weiter, und bei der weiteren Verfolgung durch den Ferienverkehr der Innenstadt wurden jetzt doch die Warnlichter und Sirenen eingeschaltet. Im Verlauf der Jagd über die G-Street in Richtung Osten feuerten die Räuber zweimal auf den ersten Streifenwagen. An der Kreuzung Boylston Street prallten abermals zwei Schüsse vom Asphalt ab, und das mächtige Mündungsfeuer wirkte in der Dunkelheit wie zwei Blitze.
Einer der Streifencops erwiderte das Feuer und gab aus dem fahrenden Auto ebenfalls zwei Schüsse ab, und in der nächsten Straße versuchten mehrere Streifenwagen, mit dem Lieferwagen auf gleiche Höhe zu kommen. Nach vielem Geschrei und Herumgekurve wurden die Gangster die Boylston heruntergetrieben, direkt auf Carlos Chacon und Joe Vasquez zu, die aus ihrem Auto gestiegen waren und sie erwarteten.
Als die Räuber an ihm vorbeiflitzten, feuerte Carlos Chacon fünfmal mit dem Schrotgewehr, und der Lieferwagen wurde, weil auch Big Ugly sechs Revolverschüsse abgab, quer über die Straße geschleudert. Die Räuber hatten anscheinend genug, gerade jetzt und an dieser Stelle, und hielten an und wurden zu ihrem Glück sehr friedlich.
Carlos Chacon, dessen unglaublich ausdrucksvolle Augen sogar bei einer Unterhaltung über die Vorzüge eines bestimmten Rasierwassers Feindseligkeit, Freude, Zorn und Furcht zu erkennen geben konnten, war immerhin der weitaus erfolgreichste Revolverheld der BARF Squad. Er hätte sogar Manny Lopez fast mal ins Jenseits befördert.
Carlos hatte eine gewaltsame Kindheit erlebt, zunächst mit einem Mann, der sowohl seine Mutter als auch ihn selbst verprügelt hatte. Er hatte in einem Augenblick der Unachtsamkeit seinen besten Freund getötet. Er hatte während einer Schießerei in den Canyons zwei seiner Barfer-Kollegen verwundet. Er war auch derjenige, der Chuey Hernandez niedergeschossen hatte. Wenn Carlos draußen in den Canyons das Schrotgewehr hatte und Anstalten machte, es abzufeuern, gingen unverzüglich alle in Deckung.
»Ich hab mich immer geärgert, daß ich verrückt und gefährlich sein sollte«, meinte Ken Kelly. »Carlos glaubte, er sei gesund und habe sich unter Kontrolle, aber dabei war er hundertmal gefährlicher.«
Ob Carlos indessen »gefährlich« war oder nicht, eine Sache konnte als sicher gelten: Dieser noch sehr junge Revolverheld schreckte vor Gewalt nie zurück. Und das bezog sich nicht nur aufs Schießen.
Aus der Squad war anscheinend in mehrerer Hinsicht der Dampf raus. Manny Lopez, der so mit administrativen Aufgaben überhäuft war, daß er hin und wieder sogar die Nacht
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