Die San-Diego-Mission
Ausbildungszeit gelernt, daß man, wenn's schnell gehen mußte, einen Gangster am Hinterkopf erwischen müsse, damit er auch nicht mehr motorisch reagieren könne.
Joe Vasquez machte in der Mikrosekunde anscheinend eine Beobachtung, die Tony Puente wegen seiner ausgeprägten Nachtblindheit nicht machen konnte. Und darum sprang Big Ugly diesem Gangster, der Tony Puente gepackt hatte, rücksichtslos in den Rücken. In diesem bizarren, alptraumhaften Augenblick kam es zwischen den jungen Männern an der steil abfallenden Canyonkante zu einer dreifachen tödlichen Umarmung. Im Mondlicht, unmittelbar am Abgrund, vollführten sie einen grausigen, tödlichen Tanz.
Und dann ging das Geschrei los: »Barf Barf Barf Barf!«
Und dann hörte man das zischende Geräusch des Leders beim schnellen Ziehen der Waffen.
PLOOM! BOP BOP BOP BOP!
Joe Vasquez löste sich lange genug aus der tödlichen Umarmung, um seinen kurzläufigen Achtunddreißiger an den Hinterkopf des Gangsters zu halten, und …
Es war fraglos die lauteste Explosion, die Tony Puente jemals gehört hatte. Lauter als sämtliche neunundvierzig Schüsse, die bei jener internationalen Schießerei abgegeben worden waren. Lauter als sämtliche Schrotgewehrschüsse in all diesen Monaten, die er mittlerweile hier draußen in den Canyons verbracht hatte.
Der Schuß war direkt vor seinem Gesicht abgefeuert worden. Seine Augen waren vom Mündungsfeuer versengt und von kleinen Bleipartikeln getroffen worden. Er war mit Blindheit geschlagen. Er war geschockt.
In derselben Sekunde, vielleicht auch eine Sekunde später, brüllte Manny los und sah, daß ein Gangster mit einem Messer nach ihm stieß, während er schoß.
Der Gangster wurde herumgewirbelt und rannte davon. Manny schoß ein weiteres Mal auf ihn. Aber der Mann rannte weiter. Manny verfolgte ihn.
Dann PLOOM! Carlos Chacon feuerte das Schrotgewehr direkt vor der Brust des dritten Gangsters ab. Aber der Mann drehte sich bloß lässig um und ging davon. Und das war wirklich wie in den immer wiederkehrenden Alpträumen der Polizisten. Sie waren nicht kaputtzukriegen! Man schafft's nicht, diese Schweinehunde kaputtzukriegen! Man schoß auf sie, und dann rannten sie entweder weg oder drehten sich bloß lässig um, als ob sie sagen wollten: »Ist das alles, was du kannst?« Und schlenderten davon, immer an der äußersten oberen Kante des Deadman's Canyons entlang.
Manny hatte seinen fünfschüssigen Revolver leer gefeuert, und während er am oberen Rand des Canyons hinter seinem Mann herjagte, schrie er ununterbrochen: »Du Arschloch! Bleib sofort stehen, oder ich mach dich kalt!« Aber er konnte derzeit gar keinen kaltmachen. Seine Waffe war leer. Sie rannten und rannten und rannten. Dann wurde der Gangster deutlich langsamer und fiel fast in einen normalen Spazierschritt, und nachdem Manny ihn schwankend eingeholt und in den Magen getreten hatte, ging er endlich zu Boden. Gleich darauf trat Manny ihn noch zweimal in den Magen, und dabei ging Manny zu Boden. Als sie Seite an Seite lagen und in die Sterne starrten, stöhnte der Gangster vor Erschöpfung, und Manny, der nach Luft rang, dachte seltsamerweise in all seiner Benommenheit, er solle in Zukunft doch wohl etwas weniger saufen. Dann wollte der Gangster aufstehen. Manny schlug ihn mit einer Hand nieder, die schon zweimal gebrochen gewesen war. Und der Gangster stöhnte und fiel zurück. Am Ende hielt sich der Gangster den Ellbogen und schrie. Einer der Schüsse hatte ihn immerhin doch getroffen, und der Schmerz hatte mit Verspätung zugeschlagen. Einer der Barfer kam mit Handschellen angerannt, weil Manny die nie bei sich hatte.
Carlos Chacon ging vorsichtig zu dem Gangster hinüber, der davongeschlendert war und mittlerweile ein kleines Schläfchen zu halten schien. Der Gangster lag friedlich mitten im Dreck, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, das Gesicht zur Seite gewandt.
Carlos Chacons Augen, die ohnehin an Rasputin erinnerten, wurden noch wilder, und er schwitzte wie ein Schwein, weil er aus allerkürzester Distanz auf den Burschen geschossen und ihn scheinbar doch verfehlt hatte. Der Gangster lag einfach hier rum und rührte sich nicht, die Hände unter dem Kopf. Zweifellos mit einer Waffe.
Carlos kroch im Mondlicht näher an ihn heran und brüllte: »KEINE BEWEGUNG, ODER ICH LEG DICH UM, DU SCHWEIN! KEINE BEWEGUNG! LOS!«
Carlos kroch noch etwas näher heran und sagte: »NIMM DEINE HÄNDE DA WEG, DU DRECKSAU! HÖRST DU?«
Aber es passierte
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