Die San-Diego-Mission
Canyons ein für allemal von Gangstern zu säubern.
»Für diese Grenzgänger tut doch kein Mensch was«, erklärte ihm sein Lieutenant. »Stell dir doch bloß mal vor, warum diese friedlichen Menschen durch die Canyons kommen. Sie wollen ja nur ihre Familien ernähren. Stell dir vor, was sie sowieso für eine Angst haben müssen, bevor sie dann da unten fertiggemacht werden.«
Der Anfängercop fühlte sich sehr geschmeichelt, daß jemand derart mit ihm redete, derart seine Träume offenbarte und ihn derart offen nach seiner Meinung fragte.
Robbie Hurt stammte aus Oklahoma, wo er bei seiner Großmutter aufgewachsen war, und ein Jahr lang war er auf der University of California in Berkeley gewesen. In San Diego, wo er inzwischen seit vier Jahren lebte, hatte er auf der Marinefliegerbasis North Island und für die amerikanische Bundespost gearbeitet. Als er sich nach seiner Heirat eines Tages über seine ebenso geringen wie unsicheren Karrierechancen klargeworden war, hatte er sich kurzentschlossen beim San Diego Police Department beworben.
Obgleich Robbie festgestellt hatte, daß ihm die Arbeit bei der Polizei Spaß machte, und obgleich er, weil er in Berkeley Englisch studiert hatte, sehr gute Berichte schreiben konnte, hatte er sich im Verlauf seiner kurzen Polizeikarriere naturgemäß noch nicht sonderlich hervortun können, als sein Lieutenant offensichtlich irgendwas Besonderes an ihm zu entdecken schien. Tatsächlich war Dick Snider ziemlich beeindruckt gewesen, als er auf einem ihrer abendlichen Streifzüge durch die Canyongegend mit seinen scharfen Augen ein Projektil entdeckt hatte. Es trug später wesentlich dazu bei, den Mord an einem Grenzgänger aufzuklären. Immerhin dauerte es noch eine gewisse Zeit, bis der Lieutenant ihm sagte, was er eigentlich von ihm wollte.
»Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken, wie man eine Gruppe von Leuten zusammenkriegt, um diese Berge kontinuierlich zu überwachen und die Sache mal richtig in den Griff zu kriegen«, vertraute ihm Dick Snider an, als sie an einem etwas dunstigen Sommerabend, durch den die Lichter nur ziemlich trübe schimmerten, auf dem Gipfel eines Hügels standen und über den Deadman's Canyon schauten. Die Lichter kamen aus einer Gegend, die einen großen revolutionären Namen trug: Colonia Libertad – die Heimat von Menschenschmugglern, Süchtigen, Gangstern und zahllosen Armen, die längst alle Hoffnung verloren hatten.
»Ich war unheimlich begeistert, einen Lieutenant zu haben, der mir so vertraute«, sagte Robbie Hurt. »Ich war baff, als er mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, bei seiner Task Force mitzumachen. Praktisch schon ein Job bei der Kripo während der Probezeit!«
»Für uns beide war dieser Job der Anfang vom Ende«, erinnerte sich Yolanda Hurt. »Es dauerte seine Zeit, bis uns klarwurde, wie ihn das fertigmachte. Gar nicht mal in der Weise, wie ich's eigentlich erwartet hatte. Aber auf andere Art. Er war von dem Experiment mehr fasziniert als jeder andere, Manny Lopez eingeschlossen.«
Yolie Hurt war ein Jahr jünger als ihr Mann, und sie waren seit fünfeinhalb Jahren verheiratet, als Dick Sniders Experiment gestartet wurde. »Wir hatten uns kennengelernt, als ich achtzehn war«, erzählte sie, »und wir heirateten ein Jahr danach. Wir wurden gemeinsam erwachsen … das heißt, wurden wir eigentlich beide erwachsen?«
Eine große, schlanke junge Frau, die immer attraktiver zu werden schien, je häufiger man sie sah. Die Frauen der anderen Cops stellten schnell fest, daß sie ebenso umgänglich wie ehrlich und wahrscheinlich zehn Jahre erwachsener war als ihr Mann.
Das Experiment war zunächst für alle Ehefrauen recht aufregend. Schließlich waren sie ja keine Tanzstundenhäschen mit Zahnpastalächeln mehr. Sie waren die Frauen junger Cops, und ihre Männer, ausgenommen Robbie Hurt, waren mexikanischer Abstammung, stammten teilweise aus zerrütteten Familien und kamen meist aus sehr ärmlichen Verhältnissen. Yolie Hurt war in ihrem ganzen bisherigen Leben noch nie weiter als bis Los Angeles von zu Hause weggekommen.
Sie hatte Robbie kennengelernt, als er bei der Marine war. Fast auf den ersten Blick hatte ihn ihre mexikanische Mutter ins Herz geschlossen. Für sie war er längst mein Sohn, mi hijo, als sie heirateten. Yolie hatte Robbie anfangs gar nicht sonderlich gemocht, aber er sagte ihr ununterbrochen, er sei verrückt nach ihr, und zog ihre Mutter, ihre Schwestern und ihre Brüder schnell auf seine Seite. Und er
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