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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Polizeigroupies automatisch schöne Augen machten. Und so was wußte er immer zu schätzen. Er war fünfundzwanzig und steckte nach eigener Einschätzung noch mitten in der Phase der »schwarzen Handschuhe«. So nennt man die Zeit, in der das nagelneue Abzeichen auf der Brust für die jungen Polizisten noch ein ganz enormes Gewicht zu haben scheint, wenn sie den Straßenverkehr regeln. Die Zeit, in der manche Cops es für dringend notwendig halten, sich schwarze Velourslederhandschuhe nicht nur zu kaufen, sondern sie auch zu tragen, und in der sie dazu am liebsten auch noch eine Reitpeitsche tragen würden, wenn das Department es erlaubte.
    Joe Castillo war ein schlechter Schreiber, was das Abfassen von Berichten betraf, und er hatte deshalb ziemliche Manschetten vor Manny Lopez, der in dem Ruf stand, er gehöre zu den Sergeants, die in puncto Berichtschreiben besonders pingelig seien. Noch sah es immerhin so aus, als könne die Task Force eine Art Sprungbrett für eine richtig gute Karriere als Kriminalbeamter sein.
    Er war wohl wirklich kein Bücherwurm, aber für alles, was mit physischer Kraft zu tun hatte, war er wie geschaffen, wie er glaubte. Ebenso wie Fred Gil sprach er ein miserables Spanisch, aber am Anfang glaubte er: Wieviel Spanisch, zum Teufel, muß man können, um von Bäumen oder von sonst was runterzuhüpfen und einer Horde Junkies aus Tijuana auf den Kopf zu springen und in den Hintern zu treten? Joe Castillo war wahrhaftig ein außerordentlicher Macho.
    Als sich in den darauffolgenden Monaten zeigte, daß es in puncto Kameradschaft doch nicht immer so ganz ohne Ecken und Kanten abging, ließ Joe Castillo seiner Enttäuschung und seiner Wut häufig freien Lauf. Immer wieder drohte er einem Kollegen: »Paßt dir das vielleicht nicht? Laß uns mal nach draußen gehen!«
    Zu seinem Ärger erntete Joe Castillo dann oft genug höhnisches Gelächter von allen Seiten, weil er nämlich total übersehen hatte, daß sie längst draußen waren.
    Carlos Chacon erlebt urplötzlich den schieren Horror. Seine Schwester wird von drei Männern angegriffen. Sie werfen sie auf die Erde. Einer der Angreifer will sie erstechen. Carlos geht auf die Leute los. Einer von ihnen zückt ein langes Messer. Carlos rennt und rennt auf sie zu, kommt aber nicht mehr rechtzeitig. Das Messer bohrt sich in den Leib seiner Schwester, die zu schreien anfängt. Es ist ein Schmerzensschrei, ein Schrei um Hilfe und ein Schreien aus der Angst heraus, ermordet zu werden.
    Er schreit ebenfalls, so laut, daß er sie nicht mehr hören kann. Er stürzt sich in das Gewühl der Körper. Er zieht das Messer aus dem zuckenden Leib seiner Schwester. Eingeweidefetzen hängen an dem Messer, und Blut spritzt auf die Gesichter. Schrecklich viel Blut.
    Jetzt ist er der Angreifer, und die drei Männer kämpfen um ihr Leben. Er ist erbarmungslos, ohne jedes Mitleid. Sie schreien. Er hat das schwere Messer in der Hand. Das Messer fühlt sich an wie … Gerechtigkeit. Er schlitzt dem Mann, der auf seine Schwester eingestochen hat, die Kehle auf. Der Mann kann nicht mal mehr schreien. Er starrt Carlos bloß noch an und ergibt sich in sein Schicksal. Carlos ist groß und wiegt einiges über zweihundert Pfund. Er ist dreiundzwanzig. Der zweite Angreifer ist kein Gegner für ihn. Er stößt dem Mann das Messer in den Hals. Bis ans Heft. Der Mann versucht nicht mal mehr zu schreien. Der dritte Angreifer haut ab. Die Wut von Carlos ist wahnsinnig, schlimmer als alles, was er je erlebt hat.
    Er wacht auf. Sein Traum ist einer der vielen Träume, die immer wiederkommen. Er träumt eine Menge von Gewalt.
    »Meine Mutter war eine echte Wetback«, erzählt Carlos Chacon oft und gern. Eine echte Illegale aus Mexiko.
    Sie hatte vier Kinder in der Republik Mexiko, als sie noch ein junges Mädchen war. Sie kam nach Texas über den Rio Grande – von daher wirklich eine echte Wetback. Aber als sie über die Grenze kam, hatte sie bloß drei Kinder bei sich. Ihr Mann hatte eins der Kinder weggegeben, ein Mädchen. Die Mutter von Carlos bekam in der Folgezeit noch vier Töchter und zwei Söhne. Sie zog neun Kinder groß und dachte immer nur an das eine, das in Mexiko geblieben war.
    Sie wohnte in Brownsville, Texas, ganz in der Nähe ihres Heimatlandes, und arbeitete als Wäscherin und Büglerin für amerikanische Gis. Sie lernte einen Mann namens Chacon kennen und heiratete ihn. Einer ihrer Söhne war Carlos, der von Anfang an Polizist werden wollte.
    »Ein Polizist hat

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