Die San-Diego-Mission
Distanz zu: »Horale, cabron.« Du bist dran, alter Strolch …
Das kam überraschend. An der Kehle gepackt zu werden. Auf eine Klinge zu starren. Nicht einmal ein Wenn Sie gestatten. Kein Wie-wär's-denn-mit-einer-Zigarette? Überhaupt nichts an Vorspiel.
Die Cops mußten ihre Lektionen über die Methoden von Gangstern erst noch lernen. Die Methode dieses Trios war es, sich die Menschen durch die Anwendung direkter Gewalt sofort gefügig zu machen, statt nur mit Gewalt zu drohen. Der spitzbärtige Gangster schwang den Gürtel mit der schweren Schnalle, den er soeben Lino Ariza abgenommen hatte, gegen das Gesicht von Manny Lopez.
Dann aber hätten die Gangster kaum überraschter sein können. Ein fürchterliches Geschrei und Gekreische erhob sich, als Manny Lopez blitzschnell seinen großkalibrigen Revolver zog und seinem Gangster, wie es in dem späteren Bericht über diese Festnahme hieß, »eine leichte Verletzung an der Stirn zufügte, weil er nach der Waffe griff«. Was in normalem Englisch hieß, daß ihm Manny Lopez den Revolver direkt zwischen die verdammten Augen geknallt hatte.
Eddie Cervantes gebrauchte seine Waffe gar nicht. Es passierte fast von selbst. Das Schimmern des Stahls, die Hand an seiner Kehle. Manny schrie irgendwas, als er dem Gangster die Kanone zwischen die Hörner knallte. Eddie Cervantes hatte die Waffe zwar in der Hand, griff aber instinktiv zuerst nach dem Messer. Gleichzeitig trat er dem Gangster so in die Eier, daß sie ihm fast an dem Halstuch, das er vor dem Gesicht hatte, wieder rauskamen.
In dem Bericht über die Festnahme war im übrigen zu lesen: »Seitens der die Festnahme durchführenden Beamten wurde ausschließlich die für die Festnahme erforderliche Gewalt angewendet.«
Aber diese drei Gangster kriegten ihre Prügel doppelt und dreifach. Sie waren die ersten echten Gangster, die die Cops einbuchteten. Und sie hatten Eddie Cervantes immerhin zu Tode erschreckt. Und Leute, die erschreckt werden, tun leicht mal zuviel des Guten.
Tatsächlich war Eddie Cervantes immer noch ziemlich außer sich, nachdem er den Gangster mit der Schulter gerammt, ihn zu Boden geschleudert und sich dann auf ihn gestürzt und zusammengeschlagen hatte. Er stieß dem Gangster seinen kurzläufigen Revolver zwischen die Zähne und sagte: »Ich würde dich am liebsten umbringen!«
Dabei wurde ihm klar: Er hätte es sogar tun können! Hier in diesen stockfinsteren Canyons, während seine Kameraden den beiden anderen Gangstern Handschellen anlegten, sie wegbrachten und dabei immer noch gnadenlos auf sie einprügelten, hätte er den Gangster auf der Stelle umbringen können. Seine Hände zitterten. Er hatte seine Kanone noch nie außerhalb des Schießstands abgefeuert.
»Ich würde dich am liebsten sofort umbringen!« wiederholte er und bearbeitete die Zähne des Gangsters ununterbrochen mit der Mündung seines Schießeisens.
»Bring mich nicht um, mano!« flehte der Gangster. »Bring mich nicht um!«
»Ich könnt's aber, du Arsch!« sagte Eddie Cervantes. »Ich könnte es!« Aber er tat's nicht.
»Anfangs hatten wir noch regelrecht Angst, unsere Kanonen zu gebrauchen!« sagte er später. »Damals waren wir noch normale Polizisten.«
Etwa zur selben Zeit, in der Eddie Cervantes dem Gangster mit der Mündung seines Schießeisens die Zähne polierte, entdeckten die anderen Teams keine hundert Meter entfernt in der Finsternis einige völlig verstörte und konfuse Pollos. Einer von ihnen hatte eine Messerwunde an der Kehle und eine schwere Quetschung an der Stirn, die von einem Felsbrocken stammte, mit dem er geschlagen worden war. Lino Ariza und die übrige Gruppe wurden zur Substation gebracht, wo sie die Gangster, die sie beraubt hatten, identifizierten.
Lino Ariza sagte den Cops, er würde ein Bein und einen Arm hergeben, wenn er genug Geld verdienen könnte, um sich in Durango über Wasser zu halten. Er wollte einfach nicht glauben, daß ein Mensch in einem so gewalttätigen Land wie Amerika jemals glücklich werden konnte.
Als Tony Puente in dieser Nacht im Anschluß an die Bierparty, die zur Feier des Sieges über die Gangster veranstaltet worden war, nach Hause kam, hoffte er, daß seine Frau Dene noch wach sein würde. Immer, wenn er einen ganz dringenden Wunsch hatte, flüchtete er sich in die Hoffnung, daß er in Erfüllung gehen würde.
Um irgend etwas gebetet hatte er nie mehr, seit er nicht mehr Katholik war. Außerdem betete seine Frau genug für beide, seit sie sich fast nur
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