Die San-Diego-Mission
gerade im ersten Herrenmodengeschäft ein. Sie gingen in den Veteran's Trift Shop, einen bekannten Altkleiderladen. Es machte ihnen Spaß, um Mäntel, Hemden und Hosen zu feilschen, um Schuhe mit Keilsohlen, die von nahezu allen Grenzgängern getragen wurden, weil sie erstens besonders billig waren und zweitens wegen der Kakteen und Felsen in den Bergen sowieso bald nur noch aus zerfetzten Kunstlederstreifen bestanden.
Manny Lopez begründete die Ausgabe von Polizeigeldern, indem er sagte: »In Anbetracht unseres zerlumpten Aussehens hege ich die Vermutung, daß die Gangster nichts mit uns zu tun haben wollen. Von solchen Pennern können sie beim besten Willen keine Beute erwarten.«
Die Rechnung für alle Kleidungsstücke zusammen belief sich auf 26 Dollar und ein paar Gequetschte. Die neuen alten Kleider hoben die Moral der Truppe. Wenig später wurden dann zwar die Border-Patrol- und Zollbeamten abgezogen. Aber sogar noch nach dem Weggang der Bundesbeamten hegte Dick Snider die verzweifelte Hoffnung, seine Leute würden vor Ablauf der neunzig Tage irgend etwas Spektakuläres vollbringen, um den Polizeichef und den Bürgermeister davon zu überzeugen, daß auf jeden Fall die städtischen Cops am Ball bleiben müßten, um die BARF-Squad am Leben zu erhalten. Diese neunzig Tage reichten einfach nicht aus.
Was nach seiner Überzeugung das Experiment retten konnte, war die Berichterstattung in den Medien. Sie rissen derzeit wirklich keine Bäume aus, weil es, wie gesagt, in den Bergen ruhig geworden war. Alles jedoch, was sie zustande brachten, wurde von den Zeitungen aufgegriffen. Auch wenn sie bloß ein paar Betrüger oder minderjährige San-Ysidro-Schläger aufs Kreuz legten, die sie angemacht und versucht hatten, ihnen 35 Cent abzuknöpfen – die Zeitungen brachten es. In jenem einen Monat, in dem sie keine einzige richtige Gangsterfestnahme zustande brachten, wurden in den Zeitungen fünfzehn Storys über ihre Tätigkeit veröffentlicht. Die Medien wollten offenbar auf irgendwas ganz Bestimmtes hinaus. Was das war, wußten die Barfer noch nicht. Und Dick Snider war's egal. Das Experiment verdankte den Medien und der Politik sein Leben, und es konnte nicht sterben, so lange es ihm irgendwie noch gelingen würde, Medien und Politik zu beeinflussen. Er ermunterte seinen Sergeant, den Wünschen einiger Clubs nachzukommen, die über diese Gruppe von Cops, die sich BARF nannte, den einen oder anderen Vortrag hören wollten. Dazu indessen brauchte Manny Lopez keine Ermunterung.
Polizeichef William Kolender war das genaue Gegenteil früherer Chefs. Er hatte sich von der Pike auf hochgedient und war ein großer Mann, dem das wellige braune Haar bis über die Ohren fiel. Er besaß eine gute Rednerstimme und sah aus wie das Modell eines leitenden Angestellten bei Hart Schaffner & Marx. Er war der erste Polizeichef in der Geschichte von San Diego, der progressive Ideen entwickelte. Er war so flexibel, daß ihn sowohl seine Leute als auch die Stadtverwaltung und die Medien schätzten, was für einen Polizeiverwaltungsbeamten weiß Gott eine Leistung ist. Es war kein Geheimnis, daß er nach seiner polizeilichen Tätigkeit eine politische Karriere anstrebte.
In Bill Kolenders Büro hingen zwei Fahnen, die irische und die israelische, und die Geschichte dazu wurde jedem, der zum erstenmal bei ihm erschien, sofort erzählt. Der Chief teilte jedem Reporter, jedem Meinungsforscher und jedem Stadtrat unverzüglich mit, daß er im Herzen ein irischer Cop, wenngleich in Wirklichkeit Jude war, der erste im übrigen, der in dieser Stadt ein solches Amt bekleidete. Und dann wollte er wissen, was der Betreffende dazu meinte.
Bis vor kurzem war beim Police Department nahezu immer er derjenige gewesen, den man zu Vorträgen eingeladen hatte. Er war gut. Aber jetzt war jemand besser als er. Chief Kolender und die anderen hohen Tiere des Departments mußten wahrhaftig aufpassen, weil Manny Lopez ernstlich im Begriff war, ihnen die Schau zu stehlen. Manny Lopez war der geborene Geschichtenerzähler und immer sofort in seinem Element, zum Beispiel bei einem Essen des Kiwani-Clubs, wo er, sobald sein umflorter Blick dem einer Frau begegnete, seine Braue hochschob und kräuselte und mit dem Finger wie mit einer Waffe in den Saal zielte, was herrlich verrückt aussah. Sehr dramatisch und mit flatternden Händen schilderte er, wie sie mit einer Bande von Halsabschneidern im Deadman's Canyon oder einer Mördergang in der Smuggler's Gulch
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