Die San-Diego-Mission
Einen Tag oder zwei im Kittchen, hieß das, und dann ab nach Mexiko und das nächstemal besser aufpassen, wenn es wieder mal darum ging, Pollos auszunehmen.
Die Cops machen sich nach der Arbeit wie üblich ein paar schöne Stunden, und diesmal wurde Eddie Cervantes schwer angemacht. Sie rissen jede Menge Witze über Marinereservisten und Zwerge: »Was haben Eddie Cervantes und König Hussein gemeinsam?«
»Vielleicht sind sie beide militärische Berühmtheiten?«
»Nee, Zwerge mit Wasserkopf.«
Dann drehte Eddie, unterstützt von Manny Lopez, den Spieß um und machte den größten Barfer an, den mit dem vorspringenden Kinn und dem schlechten Gebiß und ließ Witze über Marfa, Texas, vom Stapel: »Hey, Ernie, ich hab gehört, in Marfa ist sofort ne Riesenparty im Gange, wenn der Coke-Automat funktioniert.«
»Hey, Ernie, warst du mit deinen Zähnen nicht mal Meister im Flaschenöffnen?«
»Hey, Ernie, wie schmeckt eigentlich Gürteltier mit Chili?« Und so weiter.
Außerdem rissen sie eine Menge Witze über den Kerl in der roten Skimaske, der ihnen entkommen war und den die, die sie erwischt hatten, »El Loco« nannten. Sie hatten die Maske im Gebüsch in der Nähe des internationalen Flughafens gefunden. Sie freuten sich diebisch, daß »El Loco« sich eine neue Maske kaufen mußte, wenn er in der kommenden Saison zum Skilaufen nach Aspen fahren sollte.
Das Gelächter fror vorübergehend ein, als sich ein Barfer ein paar nüchterne Gedanken über den neuen Job machte. Über die verdammten einsamen, gottverlassenen Canyons, wo aus der Finsternis ein Schatten auftauchen und vor einem stehen konnte, ehe man sich's versah. Der Schatten eines lächelnden Mannes, der beruhigend auf einen einredete. Und sich hinter einer Skimaske versteckte.
Anschließend tranken sie dann nur sehr zögernd weiter.
6. KAPITEL
Milagro
G egen Ende des Jahres blieb es in den Canyons ruhig. Als Begründung dafür hatte Manny Lopez in einem seiner Tätigkeitsberichte geschrieben: »Den Gangstern war es draußen offenbar zu kalt.« Aber ihrem Experiment blieb nicht mehr sehr viel Zeit. Der Polizeichef hatte Dick Snider nur neunzig Tage Frist gegeben, um die Gangsterbanden auszuschalten. Snider indessen beklagte sich, es sei ja wohl kaum ihnen anzulasten, wenn die Aktivität nachlasse und sie dadurch nicht in der Lage seien, genügend Gangster festzunehmen, denn letztlich sei ja wohl ihre Existenz der eigentliche Grund für den Rückgang der bekanntgewordenen Raubüberfälle.
Sie arbeiteten wieder in San Ysidro, um zumindest die Statistiken aufzubessern. Ernie Salgado, der größte Barfer, und sein Streifenkollege Manny Lopez kriegten Ärger mit einem bereits älteren Amerikaner mexikanischer Abstammung, der ihnen Geld für den einen oder anderen Drink abnehmen wollte und mit einer Taschenlampe auf Ernie einschlug. So was machte wenigstens Spaß, vor allem, weil der Mann dann wegen tätlicher Beleidigung eines Polizeibeamten eingesperrt wurde. Und Joe Castillo wurde von einem schweren Stein, den irgendwer geworfen hatte, am Fuß getroffen. Und ein siebzehnjähriger Straßenlümmel aus San Ysidro versuchte, der Mannschaft gewaltsam einige Dollar abzuknöpfen, und nachdem er kapiert hatte, daß es sich bei seinen Pollos um Polizisten handelte, attackierte er Eddie Cervantes mit der Faust und trat ihm ins Gesicht, ehe ihm als Retourkutsche dasselbe widerfuhr. Eddie Cervantes schien sowohl für die richtigen Gangster in den Canyons als auch für die jungen Bengel in San Ysidro eine Art von natürlichem Opfer zu sein. Er hatte bis dahin die meisten, wenn auch nur kleinere Verletzungen erlitten.
Am Monatsende schrieb Manny Lopez stocksauer in sein Tagebuch: »Der aufregendste Teil dieses Abends war der Moment, in dem ich mir die Hose kaputtgerissen habe, als ich über einen Zaun sprang.«
Gerade dieses Ereignis, immerhin, veranlaßte Manny, seine zerlumpte Truppe neu auszustatten. Nach fast zwei Monaten in den Canyons sahen sie tatsächlich reichlich zerlumpt und abgerissen, ja regelrecht wild aus. Die Pollos trugen im allgemeinen zwei, wenn nicht drei Hosen übereinander. Die Frauen hatten häufig zwei Kleider und darunter lange Hosen an, weil sie nie wußten, ob sie auf ihrer Reise nach Norden jemals die Kleidung wechseln konnten. Wenn sie ihre Ziele dann erreicht hatten, konnten sie eine Garnitur schmutziger Kleider ausziehen und hatten bei der Arbeitssuche immer noch ziemlich saubere Sachen an.
Die Barfer kauften nun nicht
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