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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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städtischen Amtsgeschäften nachging, kam einer seiner Cops mit einem fuchsteufelswilden Amerikaner in sein Büro, der lauthals schrie und zeterte und mit allem möglichen drohte. Der falsch geparkte Wagen des Amerikaners war abgeschleppt worden. Er war außer sich, weil der Wagen amerikanische Behördenkennzeichen trug. Dem Anschein nach handelte es sich bei diesem fuchsteufelswilden Amerikaner um einen US-Zollbeamten.
    Der Bürgermeister nickte zuvorkommend und wartete, bis der Zollbeamte sich heiser gebrüllt hatte, und dann machte dieser Amerikaner einen riesengroßen Fehler, indem er erklärte: »Ich verlange, ebenso behandelt zu werden, wie man Sie behandelt, auf unserer Seite der Grenze.«
    Und unmittelbar darauf konnte er ein Grinsen sehen, das so breit war wie ganz Baja California. Man hatte kein vergleichbares Grinsen eines mexikanischen Politikers gesehen, seit in diesem Lande Öl gefunden worden war. Seine Ehren führten eine private Unterhaltung mit seinem Cop, der von dem Gringo, sei er nun von der amerikanischen migra oder nicht, sowieso schon die Schnauze voll hatte.
    Getreu nach den Anordnungen des Bürgermeisters begab sich der mexikanische Cop vor die Tür und trieb den schorfigsten, räudigsten, verwurmtesten Streuner von Hund auf, den er finden konnte. Als der Zollbeamte und der Bürgermeister dann in dem eingezäunten Hof aufkreuzten, war der Cop mit diesem zitternden, sich duckenden Köter, der dem migra -Mann gleich darauf durch Seine Ehren persönlich vorgestellt wurde, bereits zur Stelle.
    »Diiies iiist unser Marihuanahund«, erklärte der Bürgermeister dem Zollbeamten. »Es tutmiiir leid, aber er muß iin Iihrem Wagen nach Drogen schnüffeln.«
    Und während daraufhin der amerikanische Beamte wie der rote Schweif einer startenden Rakete losfauchte, zerrte der mexikanische Cop den heulenden Hund auf den Fahrersitz des US-Regierungswagens. Und das schreckliche Tier pißte sofort den Sitz voll.
    Dem Zollbeamten lief natürlich auch unverzüglich die Galle über, als der Cop die bedauernswerte Kreatur auf den Rücksitz beförderte. Und der Hund fuhr fort, einen reißenden Strom unter sich zu lassen.
    Der Zollbeamte konnte am Ende nicht mal mehr ein Krächzen hervorbringen, als der Bürgermeister sich ihm freudestrahlend zuwandte und sagte: »Aber ich biiitte Sie, Señor, Siie sollten eigentlich sehr glückliich sein, Señor! Wenn er Kontrabande oder Mariiihuana geschnüffelt hätte, würde er geschiissen haben!«
    Eine andere Eigenschaft, die sich sowohl bei mexikanischen Cops als auch bei den sogenannten normalen Menschen da unten jenseits der imaginären Linie feststellen läßt, ist die Tatsache, daß sie gar nicht erst versuchen, ihren Rechtsbrechern Verständnis entgegenzubringen. Und obgleich die mexikanischen Vorstellungen, wie Verbrechen entstehen, sich möglicherweise erheblich von denen ihrer Kollegen nördlich der Grenze unterscheiden, geraten sie deshalb noch längst nicht in einen seelischen Zwiespalt.
    Es gibt da eine Redensart unter den mexikanischen Cops: El pajaro mas pendejo sabe volar. Selbst der blödeste Vogel kann fliegen.
    Auf jeden Fall haben mexikanische Cops gewiß nicht die Absicht zu verhungern, sobald sie sich erst mal das Polizeiabzeichen angesteckt haben. Es wird zum Beispiel keineswegs als schweres Verbrechen angesehen, sich von einem Schmuggler oder Pollo oder Grenzführer ein »Geschenk« geben zu lassen, nicht, wenn man kaum ausreichend bezahlt wird, um die Familie durchzufüttern. Und nicht angesichts der Tatsache, daß la mordida – Schmiergelder, Prozente, the bite , wie es auf der amerikanischen Seite heißt, ein Stück vom Kuchen – schon zum täglichen Leben gehörte, als die conquistadores ihre systematische Ausrottung der Azteken gerade erst in Angriff nahmen. La mordida wird sogar erwartet.
    Wenn mexikanische Cops zum Beispiel ein Auto sicherstellen, das in den Vereinigten Staaten als gestohlen gemeldet worden ist, können sie sich an fünf Fingern ausrechnen, daß der amerikanische Eigentümer unberechtigterweise schon seine Versicherungssumme kassiert hat, und so fragen sie sich dann, wieso es unanständig sein kann, so was auf die Amtsgeschäfte zu übertragen? Ihr Polizeiapparat ist kaum imstande, genug Fahrzeuge zu unterhalten, und es wird deshalb von den eigenen Beamten sogar verlangt, dienstlich ihren eigenen Sprit zu verfahren, wenn sie ihre mehr als bescheidenen Benzinzuteilungen überschritten haben.
    Im Grund geben sich mexikanische

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