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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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gelassen und trockengelegt haben und er sein Schluchzen endlich lange genug unterbrechen kann, um sich klar auszudrücken, kommt ein anderer von diesen judiciales herein. Er ist nicht so jung und sieht lange nicht so gut aus wie der Knabe, der die Limonade serviert hat. Eher sieht er aus wie einer, der sich an einen heranmachen und einem ein lahmes Pferd verkaufen will, oder wie eine Kiste, in der mal ein Fernseher war und die jetzt mit Ziegelsteinen gefüllt ist, oder wie ein Porsche mit einem VW-Motor. Kurz gesagt, er sieht aus wie Wayne Newton.
    Er hat einen Stift und einen Block bei sich. Er fragt diesen Softwareverkäufer, ob er ein Geständnis ablegen will. Und der fängt an. Immer noch schreiend fängt er damit an, daß er in einem Kramladen in Sioux Falls mal ein Jojo gestohlen hat. Dann gibt er zu, daß er, als er noch klein war, bestimmt tausendmal sein Püppchen verprügelt und es bei der Beichte dem Priester verschwiegen hat. Dann erzählt er, wann und wie und wo er seine Frau betrogen hat.
    Wayne Newton nimmt alles zur Kenntnis. Er steckt sich eine Zigarette an, lehnt sich zurück und guckt an die Zimmerdecke. Und sobald er sich alle Verbrechen, alle Sünden, alle noch so miesen Vergehen angehört hat, an die sich unser Geschäftsmann zeit seines Lebens erinnern kann, stellt er ihm endlich einige eher oberflächliche Fragen über die versuchte Vergewaltigung einer mexikanischen Bürgerin. Und der Geschäftsmann hält inne und sieht flehend Tyrone Power an, denn er ist doch gar kein Vergewaltiger!
    Tyrone Power lächelt nur und formt seine Hand so, als habe er eine Flasche in der Hand und halte den Daumen auf die Öffnung. Und er schüttelt die imaginäre Flasche ein paarmal. Ansonsten macht er gar nichts. Es handelt sich da um eine Pantomime, die sie hin und wieder besonders hartgesottenen mexikanischen Kriminellen vorspielen, wenn die nicht kooperieren wollen. Das kleine Lächeln. Das nachgeahmte Schütteln der zur Höhlung geformten Hand, dabei den Daumen auf einer imaginären Flasche.
    Und der inzwischen auf den Knien liegende Softwareverkäufer sagt: »Ja, ja, ja, ich hab's getan!« Und er bekennt sich schuldig, er habe das Lindbergh-Baby gekidnappt. Und er sei der Würger von Boston. Und dann erinnert er sich an das eine Mal, wo sich auf dieser Computertagung in Atlanta seine Hand am Hintern einer Rothaarigen zu schaffen machte, und er versucht zumindest, ihnen zu erzählen, wie das war, aber seine Fummelei im Gedränge da oben im amerikanischen Süden interessiert sie überhaupt nicht.
    Tatsächlich wirkt Wayne Newton inzwischen gelangweilt, und er schaut auf seine Uhr und gibt dem Geschäftsmann den Block, auf dem er alles auf spanisch notiert hat, und der Mann unterschreibt es, bloß um nicht noch weiter gefragt zu werden. Und er bittet, einen Scheck ausstellen zu dürfen. Und ob er ihnen nicht einen Pfandbrief überschreiben könne? Ob sie seinen Hertz-Wagen annehmen würden? Verdammt, doch wirklich bloß als Geschenk!
    Am Ende kommt er mit einer mäßigen Geldstrafe davon, aber in der Zeit, in der sie »den Papierkram fertigmachen« (was in etwa eine Woche dauert, weil sich diese Leute zeitlich in der Tat nie unter Druck setzen lassen), lernt er einige ganz neue Tricks kennen. Während er eine etwa drei mal drei Meter große Zelle mit vierzehn anderen Knaben teilt, von denen der aromatischste wie die Beulenpest stinkt, lernt er, wie ein Papagei im Stehen zu schlafen.
    Und für den Rest seines Lebens, unter Umständen vielleicht auch bloß für zehn oder zwanzig Jahre, passiert ihm gelegentlich etwas Komisches. Sobald er eine Coca-Cola-Werbung hört, fängt er an zu gestehen. Er ist mittlerweile wieder zu Hause, in einem Drugstore in Silicon Valley, und das Mädchen in der Kosmetikabteilung hat das Radio an, und da hört er: »Das ist eine reelle Sache, Coke ist …«
    Und dann weint und schreit er und wirft sich zu Boden. Auf die Knie! Legt vor dem Drogisten ein Geständnis ab! Vor einem Kassierer! Vor einem albernen Notar, der entsetzt aus der Tür rennt, als der Mann versucht, ein Geständnis vor seinem Pekinesen abzulegen!
    Wenn dann am Ende die Cops kommen, kniet er vor der Sanitätsabteilung und kotzt in eine Thermosflasche, die dort für 5,98 Dollar angeboten wird.
    Und falls ein echter amerikanischer Notzüchter – einer von denen, die dauernd die Straßen und Freeways von Südkalifornien verunsichern und Massenmorde begehen – jemals die imaginäre Linie überschreiten, eine

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