Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
Vom Netzwerk:
versteckt hielten, auf sieben Kinder und vier Hunde, die friedlich hinter ihnen saßen, und sie kapierten, daß die Kinder beobachteten, wie sie die Grenzgänger beobachteten. Nach einiger Zeit wurde es den Kindern und Hunden offensichtlich zu langweilig, und sie liefen kreischend und bellend in Richtung Spring Canyon, wobei sie nur mal kurz anhielten, um ein Pollopärchen zu warnen und ihm zu sagen, daß sie von der migra mit Ferngläsern beobachtet worden waren.
    Die Pollos, denen die freundliche Warnung galt, waren Manny Lopez und Joe Castillo, der sich an diesem ziemlich warmen Winternachmittag seinen Pollobeutel um die Schulter gehängt hatte. In dem Beutel steckten ein kleines Funksprechgerät, Signallampen, eine Erste-Hilfe-Ausstattung und Taschenlampen, und all diese Dinge sollten an diesem Abend noch gebraucht werden.
    Dick Snider und Robbie Hurt, die weiterhin die Bewegungen der Grenzgänger in den Canyons beobachteten, entdeckten dabei drei Männer, die den Weg vom Airport Mesa herabgingen. Zwei der Männer traten zur Seite auf einen Pfad, von dem aus sie den Spring Canyon in der Richtung, in der Manny Lopez und Joe Castillo gingen, überblicken konnten. Einer dieser Männer war so gut gekleidet, daß er eigentlich weder ein Pollo noch ein Gangster sein konnte. Er trug eine cremefarbene Lederjacke, eine mokkafarbene Hose mit weiten, dezent ausgestellten Beinen und Cowboyboots mit Nähten, die zur Jacke paßten.
    Wolken wurden wie Schaumkronen in den Eingang des Canyons getrieben, als Manny Lopez und Joe Castillo ihn betraten. Verkrüppelte Bäume wiesen ihnen mit verdorrten Fingern ihren Weg auf dem Grund des Canyons. Joe erinnerte sich später an diese Bäume.
    Manny und Joe marschierten ungefähr zweihundertfünfzig Meter durch ein fast ausgetrocknetes Bachbett, und sie näherten sich allmählich einer Biegung, wo sich das schmutzige Rinnsal seitwärts schlängelte und das Gestrüpp dichter wurde. Wolkenschatten, so schien es, hingen überall. Dann löste sich aus den zwielichtigen Schatten ein sehr abgerissener Grenzgänger, trat hinter der Mauer aus Mesquitegestrüpp hervor, blieb stehen und starrte sie schweigend an. Dann erschien ein zweiter Mann, und dieser zweite war dreiundzwanzig Jahre alt, ebenso wie Joe Castillo, und er trug eine cremefarbene Lederjacke, eine mokkafarbene Hose mit ausgestellten Beinen und Boots. Joe war von der Kleidung des jungen Mannes begeistert. Es hatte noch nie einen Pollo oder einen Gangster gegeben, der so gut angezogen war. Er ließ die linke Hand locker herabhängen. Als er sie hob und ausstreckte, erkannten sie, daß sich dieser gute Geschmack auch auf Feuerwaffen erstreckte. Er hielt eine sehr schöne 45er Automatic mit silberbeschlagenen Griffschalen in der Hand. Er zielte damit auf die rechte Augenbraue von Manny Lopez, die sich sofort erschrocken in die Höhe schob und ein scharfes Fragezeichen bildete.
    Die beiden Barfer setzten sich instinktiv gleich auf den Arsch und gaben sich alle Mühe, ihre richtigen Rollen einzunehmen, was im Augenblick nicht leicht war. Joe Castillo redete im allgemeinen mit beiden Händen, und die graziösen Finger flatterten dabei wie die Flügel von Vögeln umher. Für gewöhnlich war er Weltmeister, was die Körpersprache betraf. Er pflegte die Schultern zu senken, den Kopf zu neigen, den ganzen Körper durchhängen zu lassen, die Hüften zu verbiegen und bei alledem die Hände immer wieder wie die Flügel von Vögeln hin und her flattern zu lassen. Aber nicht jetzt. Es war das allererste Mal in seinem noch jungen Leben, daß er direkt in die Mündung einer Waffe schauen mußte. Joe Castillo war zu Stein erstarrt.
    Der Mann mit der Kanone sagte: »Migra!«, womit er sich als Beamter der Einwanderungsbehörde ausgab – wobei er allerdings nicht sagte, aus welchem Land.
    Die Strahlen der halben Sonne, die gerade hinter den Bergen untergehen wollte, brachen sich auf dem stahlblauen Lauf seiner Waffe, und Joe Castillo dachte, wie er sich erinnerte: Das ist ja wirklich eine hübsche Waffe.
    Eine Sache bekam von dem Augenblick an in ihrer Erinnerung eine erhebliche Bedeutung, ein Spiel gewissermaßen, das sich in ihren Köpfen abspielte. Das Spiel nannte sich: »Was habe ich gedacht, als?«
    »Ich habe eine Schwäche für Waffen«, erklärte Joe Castillo später. »Deshalb habe ich gedacht: Das ist wirklich eine hübsche Waffe, als das Licht auf dem Lauf tanzte. Und diese silbernen Griffschalen.«
    Der Mann hielt die Waffe in der linken

Weitere Kostenlose Bücher