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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Menschen, seinetwegen auch gern grölend.
    »Prost, Fokke«, rief Gunnar herüber. »Auf den 89er Gewürztraminer, den wir uns morgen genehmigen werden!« Sein geschätzter Kollege war auch der allgemeinen Hotel-Schizophrenie zum Opfer gefallen. Fokke kannte ihn distinguiert bis in die Haarspitzen, wenn er die Tabletts tänzelnden Schritts aus der Küche balancierte, doch abends, wenn er die Bundfaltenhose sorgsam in den Schrank gehängt hatte, dann rülpste er in Jeanshosen mit den anderen Kellnern um die Wette. »Ein anderer Mensch sein« nannte er das. Fokke hielt sich zurück, und er war froh, dass man ihn nur als die eine Person kannte, die er wirklich war. Bei Gunnar war er sich nicht sicher, ob überhaupt eine der sichtbaren Seiten an ihm echt war. Vielleicht war er einfach schrecklich langweilig.
    Als er zurückprostete, sah er sie im Eingang stehen. Die Frau von heute Morgen. Sie sah sich um und ging dann direkt auf den Tresen zu, ihr Begleiter setzte sich auf den Hocker neben ihr. Beide bestellten alkoholfreies Bier, also waren sie wohl noch im Dienst, die beiden Kommissare. Er hatte heute Nachmittag mehr als nur einmal an die Rothaarige gedacht, und da war ihm auch klar geworden, dass der Inselsheriff heute am Hafen seine Verstärkung von der Mordkommission abgeholt haben musste.
    Im Mantel ihres Begleiters fiepte ein Handy noch lauter als Wolfgang Petry den Flohwalzer. Der Schnauzbärtige suchte umständlich in seinen Taschen, es schien ihm peinlich zu sein, dass eine so alberne Musik zu ihm gehörte, jedenfalls packte er seinen Trenchcoat und ging hinaus.
    Fokke fiel nichts Besseres ein, deshalb leerte er sein Bier in einem Zug und ging an den Tresen.
    »Machst du mir noch eins?« Berti schaute ihn verwundert an, weil er mit seinem leeren Glas hin und herschwenkte. »Ich hab ‘nen verdammt trockenen Hals heute, wegen Ronja, weißt du.«
    Es hatte geklappt. Er stand immerhin bereits neben ihr. In der verspiegelten Gläservitrine konnte er sich neben ihr ausmachen. Jetzt musste das Bier nur seine sieben Minuten brauchen, und sie wären im Gespräch.
    Er schaute zurück.
    »Hallo«, sagte er.
    »Hallo«, sagte sie.
    Es war ein Anfang, wenn auch kein origineller. Sie grinste und holte sich aus ihrem Rucksack eine Schachtel ziemlich starker Zigaretten. Es war zwar banal, aber er gab ihr Feuer.
    »Du bist einer von den echten, stimmt’s?«
    »Von den echten Trinkern? Von den echten Frauenan-der-Theke-Anquatschern?«
    Sie lachte. »Von den echten Insulanern.«
    »Woran siehst du das? Ich habe weder ein wettergegerbtes Gesicht, noch rieche ich nach Fisch. Oder etwa doch?« Er schnüffelte an seinem Pullover. Sie machte ein geheimnisvolles Gesicht.
    »Du weißt es, weil du eine echte Detektivin bist, stimmt’s?«
    »Stimmt.« Sie trank ihr Bier aus.
    »Darf ich dir noch eins ordern? Mit oder ohne?«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Ob ich noch im Dienst bin oder nicht.«
    Er schaute auf die Uhr. »Es ist halb sieben. Um diese Zeit gucken Detektivinnen doch immer Bella Block im Fernsehen, ist das dann beruflich oder privat?«
    »Gut, bestell mir ein richtiges Bier. Dann mache ich jetzt Feierabend.«
    Fokke gab dem Barmann ein Zeichen, und im Handumdrehen standen zwei Gläser vor ihnen.
    »Und was sagt dein Kollege dazu, wenn er wieder hereinkommt?«
    »Ich sage, was Sache ist. Außerdem kann das lange dauern, es war sicher seine bezaubernde junge Familie, die ihm am Telefon gute Nacht sagen will.«
    »Gute Nacht sind nur zwei Worte.«
    »Gute Nacht sagen kann aber auch sehr ausgiebig gehandhabt werden.«
    Sie prosteten sich zu, und er hatte die Gelegenheit, ihr von nahem ins Gesicht zu sehen. Die Art, wie sich ihre Lippen durch den Schaum kämpften, ließ darauf schließen, dass sie nicht oft Bier trank. Den kleinen Zipfel, der an ihrer kleinen runden Nasenspitze hängen blieb, wischte sie mit dem Ärmel weg und schaute ihm dabei ohne Verlegenheit in die Augen. Er schaute gern in Gesichter, die lebendig waren, die ein wenig erzählten von dem, was dahinter steckte.
    Die Musik wurde lauter, eine betrunkene Frau tanzte mit dem Taucheranzug, der an der Wand hing. Fokke kannte diese Frau, ihr passierte das öfter. Nach drei Bieren wollte sie immer tanzen, wenn Hans Albers sang, so wie jetzt. Nur war sonst noch keiner breit genug, um mitzumachen, und dann schnappte sich die Arme immer diesen stinkigen grauen Tiefseetaucher. Im wahren Leben, vor den drei Bier, verkaufte sie Brötchen und war eigentlich ganz

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