Die Sanddornkönigin
dass sie sich nach der ersten harten Eingewöhnungszeit als Leiterin der Auricher Mordkommission nun tatsächlich auf ein paar Tage Erholung zu freuen begann?
Der Deich, der das Inseldorf hinter sich beschützte wie ein Festungsgraben, war fast gelb, unzählige Löwenzahnblüten bevölkerten das saftige Gras. Die Kinder, die eben noch brav neben ihren Eltern dem Familienurlaub entgegengegangen waren, liefen auf einmal los und belagerten jubelnd den fröhlichen Spielplatz zur Linken.
»Wenn die Glocken läuten, kommt ihr aber zum Essen, kennt ihr noch den Weg?«, riefen die Mütter hinterher.
»Lass sie nur laufen, was soll ihnen hier schon passieren«, beruhigten die Väter.
Wencke ließ sich Zeit, die Inselwelt wiederzuerkennen. All die Geschäfte luden mit bunten Fahnen zum Eintreten, auf den Terrassen der Straßencafés saßen freundliche Leute mit geschlossenen Augen in der Sonne, an einer Ecke des blühenden Kurplatzes standen zwei kleine Mädchen und spielten Blockflöte, ohne dass ein Hut davor stand. Wencke gönnte sich ein Matjesbrötchen, obwohl sie Fisch eigentlich immer noch uninteressant fand, doch der Mann hinter dem Verkaufswagen auf Rädern sprach so herzerfrischend Platt, dass sie nicht widerstehen konnte. Dann waren es nur noch wenige Schritte die Strandstraße hinauf. Kurz studierte sie die Schaukästen, über denen gelbe Sonnenmilchreklame Lust auf Sommer machte. Diese »Inselradtour mit Poppy« klang interessant, sie würde sich heute noch einen Drahtesel mieten und auf diese Weise einen neuen Annäherungsversuch an die Insel wagen.
Dann ging sie die Stufen zum »Dünenschloss« empor, zugegebenermaßen nicht ohne einmal tief durchzuatmen, doch der herzliche Empfang ließ sie das ungute Gefühl vergessen, ehe es ihr die Laune verdarb.
Als sie dann am Fenster stand, an diesem Fenster mit der einmaligen Aussicht auf den Strand und das Meer, beschloss sie, keinen Gedanken mehr an die schrecklichen Ereignisse zu vergeuden. Sie drehte sich um, lächelte über den liebevollen Sanddornstrauß auf dem Glastisch und streifte die Schuhe ab. Wie in Zeitlupe ließ sie sich auf das Himmelbett fallen und blickte auf die goldene Kompassrose über ihr.
»Die Hochzeitssuite, ganz für mich allein. Das Leben kann so schön sein«, dachte sie.
Informationen zum Buch
D ie beherzt ermittelnde Wencke Tydmers weiß, dass von der Lösung des Mordes auf Juist ihre Beförderung abhängt. Sie setzt alles daran, den Mord an der jungen hübschen Sanddornkönigin aufzuklären, die tot in den Dünen gefunden wurde. Die Spuren führen in das Hotel »Dünenschloss«, in dem der Besitzer Thore Felten, seine Frau Hilke und der Stiefsohn Fokke fieberhaft das Gourmetfest der »Sanddorntage« vorbereiten.
Wie schon in dem Wencke-Tydmers-Krimi »Das Hagebutten-Mädchen« (»Spannend!« Laura) zeigt Sandra Lüpkes, dass die Inselidylle trügerisch ist.
Informationen zur Autorin
Sandra Lüpkes , geboren 1971, lebt mit ihrer Familie auf Juist, wo sie als freie Autorin, Redakteurin und Werbegestalterin arbeitet.
Im Rowohlt Taschenbuch Verlag sind bereits »Das Hagebutten-Mädchen« (rororo 23599) und der Küstenkrimi »Fischer, wie tief ist das Wasser« (rororo 23416) erschienen.
Impressum
Rowohlt Taschenbuch Verlag
3. Auflage Oktober 2006
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, April 2005
Die Originalausgabe erschien 2001 im Leda-Verlag, Leer Copyright © 2001 by Leda-Verlag, Leer
Umschlaggestaltung any.way, Cathrin Günther
(Foto: photonica/Peter Muller) Satz Minion PostScript (InDesign) bei Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
Druck und Bindung Druckerei C. H. Beck, Nördlingen
Printed in Germany
ISBN 13: 978 3 499 23897 0
ISBN 10: 3 499 23897 7
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