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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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war. Sie hatte wieder mal Mist gebaut, sein Chef hatte gestern Abend schon so etwas angedeutet, als er ihn gebeten hatte, die Kollegen auf der Insel zu unterstützen. Und sogar für Britzke schien diesmal etwas völlig aus dem Ruder zu laufen, Sanders kannte ihn sonst nur mit respektvollem Blick an Tydmers’ Seite.
    »Kollege Ellers, ich meine, wir sollten die Suche wieder aufnehmen. Können Sie das veranlassen?«
    Der winzige graue Mann trug noch eine Uniform, die in Aurich bereits seit zehn Jahren ganz hinten in den Schränken hing. Sanders konnte sich noch erinnern, dass sie aus reinem Polyacryl war und man nach einer Stunde schon erbärmlich nach Schweiß roch. Bei der Umstellung auf atmungsaktive Berufskleidung hatte man diesen armen Zwerg auf der Insel wohl vergessen. Sanders wettete, dass man in Siemen Ellers’ Nähe bereits einer unangenehmen Geruchsbelastung ausgesetzt war. Der alte Mann war blass und fahrig, er schien mit der ganzen Situation hier überfordert zu sein.
    »Herr Sanders, es tut mir Leid, mir ist nicht eindeutig gesagt worden, wer jetzt das Oberkommando in diesem unglückseligen Fall hat. Ihre Kollegin hat nämlich gestern unmissverständlich angeordnet, dass keinerlei Anstrengungen zur Auffindung von Frau Felten-Cromminga mehr unternommen werden sollen.«
    »Was meinen Sie denn nun, warum unser Chef mich auf die Insel geschickt hat? Er hielt die Vorgehensweise meiner Kollegin für unhaltbar und hat mir den Fall übertragen.«
    »Davon weiß ich nichts…«, sagte Ellers hilflos und schaute in Meint Britzkes Richtung. Dieser zögerte, er schaute von einem zum anderen, dann sah er aus dem Fenster.
    »Leiten Sie die Suchaktion wieder ein, Herr Ellers«, sagte Meint schließlich. Er zupfte mit der Unterlippe an seinem Schnauzbart herum, ein sicheres Zeichen, dass er sich wünschte, ganz woanders zu sein, vielleicht bei seiner mageren Frau oder dem ewig brüllenden Kind, doch das war Sanders eigentlich egal, wichtig war, dass er sich auf seine Seite geschlagen hatte.
    Ellers hatte den Hörer bereits am Ohr und veranlasste das Nötige. Dumm war, dass die Männer noch einmal ganz von vorn beginnen mussten und die flüchtige Person durch die gestern begonnene Suche vielleicht schon gewarnt war. Doch wohin sollte sie fliehen? Heute, am Tag, hatte sie keine Chance mehr, die Insel zu verlassen.
    »Kollege Britzke, wir gehen in dieses Hotel. Zwei Männer von der Spurensicherung haben das Kühlhaus bereits unter die Lupe genommen.«
    Sanders warf sich die Daunenjacke über. Es ärgerte ihn, dass sein Sakko unten ein Stück herausschaute, das sah lächerlich aus. Doch heute Morgen hatte er sich entschieden, für den Inselaufenthalt lieber etwas praktischer zu denken, sein heller Mantel wäre vielleicht etwas zu empfindlich für den Job hier gewesen.
    Als sie vor die Tür traten, pfiff ihnen eine zickige Böe um die Füße, und er war sich sicher, das Richtige getan zu haben.
    Sanders machte einen Bogen um die großen Haufen frischer Pferdeäpfel. Es war wirklich originell, dass es hier keine Autos gab, doch hätte er in diesem Moment auch nichts dagegen gehabt, in einem Dienstwagen warm und trocken bis vor den Hoteleingang zu fahren. Im Sommer und bei gutem Wetter mochte Juist vielleicht ein hübsches Fleckchen Erde sein, doch wenn einem wie heute die grauen Regenwolken in die Kleidung zu kriechen versuchten, war es nur trostlos und kalt hier.
    »Britzke, Sie sind doch immer so irrwitzig belesen, wissen Sie eigentlich, was der Name ›Juist‹ bedeutet?«
    Sein Kollege, der ohnehin schon duckmäuserisch durch die Welt ging, schien sich noch wenig kleiner zu machen.
    »Ich war schon einmal mit meiner Frau auf Juist, nur ein verlängertes Wochenende, da haben wir auch das Küstenmuseum besucht. Ein sehr interessantes Museum übrigens, zumindest wenn man sich für Sturmfluten und Inseldurchbrüche interessiert. Na ja, auf jeden Fall meine ich da gelesen zu haben, dass ›Juist‹ so viel wie ›unfruchtbar‹ bedeutet, da durch den ewigen Flugsand und die Hochwasserkatastrophen so gut wie keine Landwirtschaft möglich war.
    Das Wort kommt wahrscheinlich aus dem Holländischen.«
    »Dieses ›Dünenschloss‹ , es ist ein Wahnsinnshotel, nicht wahr«, wechselte Sanders das Thema, um sich nicht noch mehr Weisheiten aus dem Juister Küstenmuseum anhören zu müssen.
    »Sie kennen es?«
    »Ich habe in der Zeitung über die Wiedereröffnung gelesen. Der Besitzer hat Großes geleistet, das muss man ihm lassen.

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