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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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selbst so oft in der Hauptstadt aufgetreten und hat mit seiner unübertrefflichen Darbietung unzählige Zuschauer angezogen. Mir ist, als könnte ich die Tränen in den Augen dieser Zuschauer sehen. Wenn ich damals mit meinem Vater auf der Bühne gestanden hätte, mit dem Hut in der Hand und einem Katzenfell auf dem Kopf und Geld eingesammelt hätte, das wäre was gewesen! Jede Menge Geld hätten wir eingenommen! Vater, warum bist du nicht früher zurückgekehrt, um mich kennenzulernen und mich mitzunehmen in die Hauptstadt? Wenn ich von klein auf an deiner Seite gewesen wäre, wäre ich jetzt auch ein Meister deiner Kunst.
    Als mein Vater gerade nach Hause zurückgekehrt war, haben einige Leute verstohlen zu mir gesagt: »Xiaojia, dein Vater, das ist kein Mensch.« Wenn er kein Mensch ist, was ist er dann? »Ein Dämon in Menschengestalt«, haben sie gesagt. »Denk doch einmal nach, Xiaojia«, haben sie gesagt, »bevor deine Mutter gestorben ist, hat sie dir da erzählt, du hättest einen Vater? Bestimmt nicht, oder? Sie hat dir also nichts gesagt, aber plötzlich taucht ein Vater auf, als wäre er vom Himmel gefallen  – wenn das kein Dämon ist!«
    Laßt mich in Ruhe! Miau, miau! Ich habe mein Hackmesser in die Hand genommen und mich auf sie gestürzt. Schandmäuler! Über zwanzig Jahre lang habe ich keinen Vater gehabt, es war schwer genug, einen zu bekommen, und da kommt ihr und wagt es zu behaupten, daß mein Vater nicht mein Vater ist? Und daß er obendrein kein Mensch sei, sondern ein Dämon! Na, ihr habt offenbar den Mut eines Mäuschens, das die Katze am Hintern leckt. Ich schwang mein Messer, bereit, jeden Moment zuzuschlagen. Miau, miau! Mit einem Hieb hacke ich euch in zwei Teile! Mein Vater sagt, im »Buch der Strafen« nennt man das den »Großen Keilschlag«, und den werde ich euch heute verpassen. Verdammte Bande, die ihr behauptet, mein Vater wäre nicht mein Vater! Als sie mich so wütend sahen, haben sie sich vor Angst in die Hosen gemacht und sich schleunigst aus dem Staub gemacht, miau, miau! Paßt nur auf, ihr langschwänzigen Ratten, meinen Vater reizt man nicht, und den Sohn meines Vaters auch nicht, miau, miau. Wer es nicht glauben will, der komme her und sehe es sich an. Mein Vater ist ein Foltermeister, der auf einem kaiserlichen Stuhl sitzt. Der Kaiser selbst hat ihm erlaubt, zu töten, wen er will, Mensch oder Hund. Und ich bin ein Henker, der in seinem Namen Köpfe abschlägt. Was ist das anderes als das Schlachten von Schweinen und Hunden?
    Ich flehe meinen Vater an, mir noch eine Geschichte zu erzählen. Doch er will nicht. Er trägt mir auf, alles gut vorzubereiten, damit am Ende nicht noch ein Fehler passiert.
    Ich weiß, daß wir heute etwas Großes vorhaben. Das bedeutet, es ist ein Festtag für meinen Vater und mich. Wenn alles vorbei ist, wird es ausreichend Gelegenheit zum Geschichtenerzählen geben, das Beste muß man sich für zuletzt aufheben. Wenn die Sandelholzstrafe ausgeführt ist, wird mein Vater zufrieden sein. Warum weiter darauf drängen, daß er mir alle Geschichten, die in seinen Eingeweiden stecken, erzählen soll? Ich gehe hinter die Hütte mein Geschäft machen und betrachte dabei die Landschaft ringsum. Die große Bühne, die hohe Plattform, ein paar wilde Tauben, die laut mit den Flügeln schlagend in der Morgensonne flattern. Auf dem Exerzierplatz stehen überall Soldaten. An den Seiten sind zwölf Kanonen aufgereiht. Man nennt sie Schildkrötenkanonen. Ich nenne sie Hundekanonen. Schildkrötenkanonen, Hundekanonen. Auf den Schildkrötenpanzern grünes Moos, auf den Hunden zottiges Hundefell, miau, miau.
    Ich gehe vor die Hütte, mich juckt es in den Fingern, ich suche nach einer Beschäftigung. Um diese Uhrzeit bin ich sonst mit dem Schlachten schon fertig. Die Schweine- und Hundehälften hängen auf den Gestellen, es riecht nach frischem Fleisch, und die Kundschaft steht vor dem Laden Schlange. Mit dem Hackmesser in der Hand stehe ich da, nehme das warme Fett in die Hand und schneide ein Stück ab, genausoviel, wie verlangt wird, kein Gramm weniger. Die Kunden heben ihre Daumen in die Höhe: »Xiaojia, das ist schon einer!« Ja, ich weiß, daß ich was kann, das braucht ihr mir nicht zu sagen. Heute jedoch habe ich mit meinem Vater eine große Sache vor, dagegen ist das Schweineschlachten gar nichts. Die Kunden warten umsonst vor meiner Tür. Nichts zu machen, heute müßt ihr vegetarisch essen.
    Wenn mir mein Vater keine Geschichten erzählt, ist es

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