Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)
werden! Dreißig Jahre lang habe ich, Sun Bing, auf der Bühne gestanden, und heute werde ich den größten Auftritt meines Lebens haben.
Vor mir sehe ich die Bajonette aufblitzen und hinter mir die roten und blauen Quasten der Beamtenhüte leuchten. Auch die Augen meiner Landsleute auf der Straße funkeln. Ich sehe die Bärte der Honoratioren zittern, die Frauen weinen vor sich hin. Kleine Kinder mit aufgerissenen Mündern, der Speichel läuft ihnen über das Kinn. Da erkenne ich, mitten unter den Frauen, meine Tochter, die kleine Meiniang. Es gibt meinem Herzen einen Stich, die Augen brennen mir, ich bin kurz davor, in Tränen auszubrechen. Doch ein echter Mann weint Blut und keine Tränen, ein wahrer Held kennt kein Jammern und kein Sehnen.
Die Holzräder des Karrens rattern über die Pflastersteine, die Sonne verbrennt mir die Kopfhaut. Laut werden die Bronzegongs geschlagen, um den Weg frei zu machen, sanft weht der Herbstwind des achten Monats. Ich lege den Kopf in den Nacken und blicke zum azurblauen Himmel auf. Verzweiflung überkommt mich. Wenn ich den blauen Himmel und die weißen Wolken sehe, muß ich unweigerlich an das klare Wasser des Masang in meinem Heimatort denken, und wie sich darin die Wolken spiegeln. Wie oft habe ich das frische Wasser aus dem Fluß geholt und für meine Gäste aus nah und fern Tee gekocht. Ich denke an meine geliebte Frau, den Kleinen Pfirsich, und meine hübschen Kinder. Ich hasse die deutschen Teufel! Mit ihrer Eisenbahn haben sie die Harmonie von Wind und Wasser zerstört! Mein geliebtes Heimatdorf haben sie dem Erdboden gleichgemacht. Wenn ich an diese schrecklichen Dinge denke, juckt es mich in der Kehle, und ich hebe an, ein Dankeslied für meine Nachbarn zu singen:
Eine große Gefolgschaft steigert das Prestige.
Ich trage die Drachenrobe
Und einen goldbestickten Hut,
Ich schüttle mich, plustere mich auf,
Der Jadegürtel steht mir gut.
Wer von diesen Hunden wird es wagen,
Mir, Sun Bing, eine Kugel durch den Kopf zu jagen ...?
Als ich diese Strophe gesungen habe, jubelt mir die Menge auf der Straße zu. Kleiner Berg, mein braver Schüler, nutzt die Gelegenheit und stimmt ein Katzengeheul in allen Tonlagen an, miau, miau, miau ... und steigert damit das Pathos meines Gesangs noch mehr.
Ich schaue zum Himmel, der Herbstwind bläst,
Schaue zur Erde, herrlich neigen die Bäume sich.
Die Wiedergeburt eines Märtyrers,
Der Bannerträger der Gerechtigkeit bin ich.
Im Namen des Himmels ...
Ich verteidige meines Landes Schönheit,
Wehre ich mich gegen den Eisenbahnbau.
Gerade genoß ich eine fürstliche Mahlzeit,
Miau, miau, miau ...
Mein braver Schüler vergißt nicht, meinen Gesang zu unterstützen ...
Ich sehe die Augen meiner Landsleute, die in Tränen schwimmen. Zuerst beginnen die Kinder, das Miauen des Kleinen Bergs nachzuahmen, dann stimmen auch die Erwachsenen ein. Tausende von Stimmen vereinen sich zu einem Konzert; es ist, als ob alle Katzen der Welt sich zum Miauen versammelt hätten.
Während mein Gesang immer gefühlvoller und das Miauen der Menge immer stärker wird, sehe ich Yuan Shikai und Knobel blaß werden wie Handtücher. Auch die kaiserliche Armee und die ausländischen Soldaten sind aschfahl im Gesicht, als stünden sie vor einem übermächtigen Feind. Um nur einmal im Leben die Gelegenheit zu einem solchen Auftritt zu haben, hat sich für Sun Bing der Tod schon gelohnt!
Gut, gut! Meine Landsleute, macht euch keine Sorgen.
Wut, Wut! Ihr fühlt wie ich. Schaut nur her, ihr Verräter,
Schaut, schaut! Wir halten das Banner der Revolte,
Kommt, kommt! Wir reißen die Schienen aus!
Tod, Tod! Wir sterben eines würdigen Todes.
Feuer, Feuer! Wir setzen alles in Brand.
Weiter, weiter! Noch ist es ist nicht genug,
Wir, wir, wir wollen Gerechtigkeit!
Miau, miau, miau ...
Miau!
Kapitel 17:
Xiaojia singt aus voller Kehle
»Die roten Kanonen donnern, am klaren Himmel hallt ihr Echo wider, und ein Sturm kommt auf,
Miau, miau, miau.
Ich werde mit meinem Vater die Strafe ausführen, mein Herz blüht auf, rot, so rot.
Einen Vater haben, das ist schön,
Einen Vater haben, das ist schön, miau, miau.
Mein Vater sagt, einen Menschen töten ist viel besser, als Schweine töten,
Wie freue ich mich darauf!
Oha, oha, oha.
Heute früh hab' ich gut gegessen, viel und gut,
aber alles, was ich aß,
schmeckte nach Blut und krepierten Ratten,
Miau, miau, miau.
Das Rindfleisch schmeckte auch nach Blut,
Auch das wie krepierte Ratten.
Oha, oha,
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