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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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Unkraut; Mülltonnen standen auf dem Rasen, Fahrräder waren an die Gitterzäune gekettet. Aber die meisten wirkten sehr gepflegt. Vor dem Haus Nummer 18 erstreckte sich ein kleiner Pfad aus schwarzen und weißen Steinen mit gewellter Einfassung, so wie bei Dora. Der Rasen war gemäht, die Koniferen waren gestutzt. In den Beeten am Haus blühten Azaleen in Rot, Rosa und Orange.
    Dawn trat unter das Vordach und drückte auf den Klingelknopf. Die Haustür war schwarz glänzend lackiert, Türklopfer und Briefkasten bestanden aus Messing. Rechts und links der Tür waren schmale Fenster aus gelbem Strukturglas eingelassen. Auf einem von Hand geschriebenen Kärtchen stand: Keine Werbung . Dawn betätigte die Klingel noch einmal. Keine Reaktion.
    Sie trat rückwärts auf den Gartenpfad und spähte an der Hausfassade empor. Alle Jalousien waren halb geschlossen. Unmöglich zu sagen, ob jemand sich im Haus befand oder erst am Abend heimkehren würde.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Dawn drehte sich um. Im Nachbargarten kniete eine ältere Frau im Blumenbeet. Sie war schlank, etwa Mitte siebzig
und hatte kurzes weißes Haar. Sie hielt eine Pflanzkelle in der Hand und musterte Dawn aufmerksam, aber misstrauisch.
    Dawn trat an die niedrige Mauer, die die Vorgärten trennte. »Ja«, sagte sie, »ich bin auf der Suche nach Mr. Gordon Farnley.«
    »Darf ich fragen, wer Sie sind?«
    Dawn überlegte. Sie erinnerte sich daran, wie Mr. Farnley aufgewacht war. An seine Fragen, an seinen flehentlichen Blick.
    »Ich kannte seine Frau«, sagte sie, »Edith.«
    »Ich verstehe.« Zögerlich legte die Frau die Pflanzkelle auf die Matte neben sich. Dann rappelte sie sich auf und klopfte sich den Dreck von den Knien. »Die arme Edie«, sagte sie und kam näher, »es war für uns alle ein Schock. Kannten Sie sie näher?«
    »Na ja, eigentlich war sie mit meiner Mutter bekannt«, ruderte Dawn zurück. Sie streckte der Frau eine Hand entgegen. »Dawn Torridge. Ich arbeite als Oberschwester im St. Iberius.«
    Wie immer ließ das Wort »Oberschwester« Zweifel und Misstrauen ihres Gegenübers dahinschmelzen wie Eis in der Sonne. Der Argwohn im Blick der alten Frau verwandelte sich in Respekt. Sie schüttelte Dawns Hand. »Helen Cummings.«
    Helen Cummings! Die nächste Angehörige in Mr. Farnleys Patientenakte. Dawn betrachtete die Frau genauer. Sie wirkte weniger streng als auf den ersten Blick, besaß ein rundes, freundliches Gesicht, Hamsterbäckchen und hellbraune Augen, die sie jugendlich aussehen ließen.
    »Sind Sie gut mit den Farnleys bekannt?«, fragte Dawn.
    »O ja«, antwortete Helen Cummings. »Seit vielen Jahren schon. Mein Mann ebenfalls.« Sie schüttelte den Kopf. »Der
arme Gordon. Er war immer ein Baum von einem Kerl. So wie diese Ringer im Fernsehen. Aber seit Edies Herzinfarkt ist er auf halbe Größe geschrumpft.«
    »Wie ich hörte, muss er bald ins Krankenhaus, nicht?«, fragte Dawn.
    »Ja. Heute«, antwortete Mrs. Cummings. »Er ist mit dem Taxi ins St. Iberius gefahren, heute Morgen um fünf. Können Sie das glauben? Ich finde es merkwürdig, einen so alten Menschen um die Uhrzeit zu einer Operation antanzen zu lassen. Dann wiederum«, Mrs. Cummings schien sich wieder an den Beruf ihrer Gesprächspartnerin zu erinnern, »wissen die Ärzte wohl am besten, was zu tun ist. Und Gordon war froh darüber, erst in letzter Minute hinzumüssen. Er hat Krankenhäuser immer gehasst.«
    Vorsichtig zupfte Dawn am Moos, das auf der Mauer wuchs. »Warum eigentlich? Hat er in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht?«
    »Ich glaube nicht, dass er je im Krankenhaus war«, sagte Helen Cummings unsicher. »Er war immer kerngesund. Aber meistens sind es ja gerade die Gesunden, die sich am wenigsten mit Ärzten und Krankheiten beschäftigen, nicht wahr? Edie hat ihn monatelang dazu überreden wollen, sich endlich eine neue Hüfte einsetzen zu lassen, aber er hat sich geweigert. Letztendlich blieb ihm keine Wahl. Das Gelenk war völlig abgenutzt. Er litt solche Schmerzen, dass er nicht einmal mehr mit dem Hund spazieren gehen konnte. Und wenn Sie Gordon kennen, wissen Sie ja, was das zu bedeuten hat.«
    Dawn tippte auf das Naheliegende. »Der Hund bedeutet ihm alles!«
    »O ja, alles!«, rief Mrs. Cummings. Sie kam in Plauderlaune. »Für die Farnleys waren die Hunde immer so eine Art Kinderersatz. Aber unter uns gesagt – ich hielt es für einen
großen Fehler, sich nach Rupert wieder einen so großen Hund anzuschaffen. Rupert war

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