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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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ein seltsames Gefühl, eine Kälte im Nacken, so als wäre die Stelle schutzlos entblößt. Sie wirbelte herum. Trish, die Physiotherapeutin, half Mrs. Potterton ins Bett. Elspeth stand an Bett sechs und fixierte einen Infusionsbeutel mit einem Antibiotikum am Ständer. Die Ärzte standen immer noch vor dem Schwesterntresen herum und stritten sich wegen des Bildes. Ein jeder war beschäftigt und vollkommen in seine Arbeit vertieft. Niemand beachtete Dawn, aber sie fühlte sich trotzdem beobachtet. Irgendjemand hatte sie im Blick. Jemand von dieser Station hatte ihr die E-Mail geschickt! Alles ringsum verschob sich und verschwand. Auf einmal sah Dawn überall Augen, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten. Sie musste weg von hier. Sie musste sofort ins Freie.
    Mandy schüttelte ihren Stift zum letzten Mal. Die Tinte spritzte auf den nächsten Vorhang.
    »Na also«, sagte sie, schob die Zungenspitze vor und schrieb. »Labor. Hughes. Wird gemacht. Noch irgendwas?«

    »Nein, das ist alles. Danke, Mandy.« Dawn wandte sich erneut zum Gehen. Sie lief nicht, aber fast. Draußen auf dem Flur war es genauso voll wie auf der Station. Vor dem Aufzug hatte sich eine lange Warteschlange gebildet. Dawn eilte daran vorbei zur Treppe und stieß mit der Schulter die Tür auf. Das Treppenhaus war kühl und – Gott sei Dank – menschenleer. Hinter Dawn fiel die schwere Sicherheitstür ins Schloss. Sie ließ sich dagegensinken und legte die Stirn an das kalte Metall. Zum ersten Mal begriff sie, was ihre Patienten fühlten, die unter Panikattacken litten; es war, als hätte sich ein lebendiges, panisch flatterndes Wesen in ihrem Brustkorb verfangen. Sie schloss die Augen und legte sich die Hände ans Schlüsselbein, um das Gefühl in den Griff zu bekommen. Sie spürte die kalte Zugluft, die durch das stille, schneckenförmige Treppenhaus zog, auf ihren Wangen.
    Dann schlug sie die Augen wieder auf und machte sich auf den Weg nach unten. Es ging abwärts, immer im Kreis, wie Gedanken, die um eine immer gleiche Frage kreisten. Wer hatte ihr die Nachricht geschickt? Wer? Wieder musste sie heftig atmen und stehen bleiben. Sie hielt sich an der Wand fest und zwang sich, langsam Luft zu holen. Zählen , sagte sie zu sich selbst. Zählen und atmen . Auf keinen Fall durfte sie hier auf der Treppe ohnmächtig werden und mit dem Zettel in der Hand gefunden werden.
     
    Als sie das Café Pio in der Lavender Hill erreicht hatte, ging es ihr schon besser. Manchmal kam sie hierher, wenn der Verkehr zu dicht war, um direkt mit dem Bus nach Hause zu fahren. Dawn trat ein; die warme Luft im Café duftete angenehm nach frischem Brot, Muffins und Pfannkuchen.
    »Einen großen Cappuccino, bitte«, sagte sie zur Kellnerin.
    Sie lehnte sich an den Tresen, denn immer noch hatte sie weiche Knie. Direkt vor ihr standen Teller mit Scones, Keksen
und Kuchenstücken. Auf dem Gasherd hinter dem Tresen köchelte Suppe in einem schmiedeeisernen Topf vor sich hin. Zwei Frauen saßen an einem Tisch und schwatzten, zwischen sich eine Teekanne. Hier war alles so gemütlich und friedlich und normal. Sicher hatte sie die E-Mail falsch verstanden. Es konnte gar nicht anders sein. So etwas passierte nicht im richtigen Leben. Nicht ihr, die als Oberschwester in einem von Londons renommiertesten Krankenhäusern arbeitete. Die harten Kanten des Zettels waren in ihrer feuchten Handfläche klamm und weich geworden. Sie hatte vollkommen überreagiert. Sie würde ihren Kaffee trinken, sich an den Tisch vor den Bücherregalen setzen und die Nachricht noch einmal lesen, ganz in Ruhe diesmal.
    Sie nahm den Cappuccino mit an den Tisch. Am Nachbartisch saß eine Frau und las in einer Zeitschrift. Dawn hängte ihre Tasche über die Stuhllehne und setzte sich. Sie fühlte sich schon viel ruhiger, so als hätte sie die Situation wieder im Griff.
    Sie wollte den Zettel gerade auffalten, als ein schriller Alarmton die Stille zerriss: Blieeep, blieeep, blieeep  …
    Weil ihre Nerven zum Bersten gespannt waren, hätte Dawn um ein Haar ihren Cappuccino verschüttet. Auch die Frau am Nebentisch war zusammengezuckt. Sie hob ihre Handtasche vom Fußboden auf und fing an, darin herumzukramen. Schlüssel, Taschentücher und Stifte landeten auf dem Tisch. Sorry, sorry , formten die Lippen der Frau lautlos. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und klappte es auf. Der schrille Warnton verstummte.
    »Hallo?«, sagte die Frau.
    Dawn lehnte sich mit trockenen Lippen zurück.
    Das laute Handyklingeln

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