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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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wie dein Gott; es ist nicht mehr wie in der guten alten Zeit, als solche Personen noch wirkliches Interesse aufbrachten.«
    Dieser Beitrag musste aus mehreren Gründen zurückgewiesen werden. »Du warst verheiratet«, erwiderte er.
    »Kugellager. Ich war deine Beilage. Und nachdem ich so lange auf Ihn gewartet habe, werde ich jetzt, post facto, nach seinem persönlichen Auftritt, nicht schlecht über Ihn sprechen. Und überhaupt, was soll das ganze Geschwätz? Du schreckst wohl vor nichts zurück?«
    »Du weißt nicht, was die Hölle ist«, entgegnete sie aufbrausend und ließ ihren gespielten Gleichmut fallen. »Aber du wirst es schon noch merken, Freundchen. Wenn du nur ein Wort ges agt hättest, ich hätte diesen langweiligen Kugellagerfritzen im Handumdrehen rausgeworfen, aber du hast den Mund gehalten. Jetzt werden wir uns da unten wiedersehen: in Neechayvalas Hotel.«
    »Du hättest dich nie von deinen Kindern getrennt«, beharrte er. »Arme Kerlchen, hast sie sogar, noch bevor du selbst gesprungen bist, runtergeworfen.« Da platzte ihr der Kragen.
    »Schweig! Dass du es wagst, so zu reden. Mann, ich mach’ dich fertig! Ich werde dein Herz braten und auf Toast essen! Und was dein Schneewittchen angeht, ist es der Ansicht, dass Kinder allein der Mutter gehören, weil Männer kommen und gehen, sie aber bleibt, nicht wahr? Du bist nur der Samen, pardon, sie ist der Garten. Wer fragt einen Samen schon um Erlaubnis, ihn pflanzen zu dürfen! Was weißt du überhaupt, du dummer Junge aus Bombay. Misch dich nicht ein in die Ideen moderner Frauen.«
    »Und du«, bellte er zurück, »hast du beispielsweise ihren Daddyji um Erlaubnis gefragt, bevor du seine Kinderchen vom Dach geworfen hast?«
    Sie löste sich explosionsartig in Zorn und gelben Rauch auf, so dass er torkelte und ihm der Hut vom Kopf geris sen wurde (er landete ihm zu Füßen auf dem Bürgersteig). Sie setzte zudem einen derart widerlichen Gestank frei, dass er würgen und sich erbrechen musste . Mit leerem Magen: da er mehrere Tage nichts zu sich genommen hatte, war keinerlei feste Nahrung und Flüssigkeit in ihm. Ah, Unsterblichkeit! dachte er, ah, edle Erlösung von der Tyrannei des Leibes! Er bemerkte, dass zwei Menschen ihn neugierig beobachteten, der eine ein aggressiv aussehender Jugendlicher in Leder-und-Nieten-Kluft, mit Irokesenschnitt und einem aufgemalten Blitz, der in Zickzacklinie über seine Nase lief, und der andere eine freundliche Frau mittleren Alters mit Kopftuch. Also dann: ergreife die Gelegenheit! »Bereut!« rief er leidenschaftlich.
    »Denn ich bin der Erzengel des Herrn.«
    »Armes Schwein«, sagte der Irokese, warf eine Münze in Fanshtas heruntergefallenen Hut und ging weiter. Die freundlich lächelnde Frau hingegen beugte sich vertraulich zu Gibril und reichte ihm ein Flugblatt. »Wird Sie interessieren.« Sofort erkannte er, dass es sich um einen rassistischen Text handelte, der die »Repatriierung« der schwarzen Bevölkerung des Landes forderte, Sie hält mich, folgerte er, für einen weißen Engel. Diese Kategorien gelten also auch für Engel, stellte er staunend fest. »Sehen Sie es mal so«, sagte die Frau, die sein Schweigen als Unsicherheit interpretierte und, indem sie in eine überdeutliche, überlaute Sprechweise verfiel, zum Ausdruck brachte, dass sie ihn für nicht ganz lupenrein hielt, für einen levantinischen Engel, einen Zyprioten oder Griechen vielleicht, der ihrer besten Nothelfer-Stimme bedurfte. »Wenn die alle dorthin gingen und sich breit machten, wo Sie herkommen, na, das würde Ihnen doch auch nicht gefallen!«
     
    Die Nase blutig geschlagen, von Phantomen verhöhnt, mit Almosen bedacht statt mit Ehrfurcht und in mancherlei Weise auf die Abgründe hingewiesen, in welche die Bewohner der Stadt hinabgesunken waren, die Unversöh nlichkeit des Bösen offenkundig - Gibr il verspürte eine immer größere Entschlossenheit anzufangen, Gutes zu tun, das große Werk zu beginnen, die Grenzen des Reichs des Widersachers zurückzudrängen. Der Atlas in seiner Tasche war sein Generalstabsplan. Er würde die Stadt erlösen, Planquadrat für Planquadrat, von Hockley Farm in der nordwestlichen Ecke des kartographierten Gebiets bis nach Chance Wood in der südöstlichen; anschließend würde er das Ende seiner Bemühungen vielleicht mit einer Runde Golf feiern, auf dem Platz am Kartenrand mit dem passenden Namen: Wildernesse.
    Und irgendwo unterwegs würde der Widersacher warten.
    Schaitain, Iblis oder welchen Namen

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