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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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das ist dir nicht bekommen.
    Ich an deiner Stelle würde auch diesem Gott nicht glauben«, fügte sie eher verschwörerisch hinzu, wenngleich Gibril den Verdacht nicht loswurde, dass sie immer noch höhnte. »Er hat ja selber so eine Andeutung gemacht, so wie er deiner Frage nach dem Oopar-Neechay ausgewichen ist. Diese Vorstellung einer Rollentrennung, Licht versus Dunkelheit, Gut versus Böse, mag im Islam durchaus ehrlich gemeint sein - Ihr Kinder Adams! Dass euch der Satan nur nicht in Versuchung führt, so wie er eure Eltern aus dem Paradies vertrieben hat, indem er ihnen ihre Kleider auszog, um sie ihre Scham sehen zu la ssen - aber geh ein bisschen weiter zurück, und du wirst sehen, dass es sich um eine ziemlich ju nge Erfindung handelt. Amos, 8. Jahrhundert vor Christus, fragt: ›Ist etwa ein Unglück in der Stadt, das der Herr nicht tut?« Und auch Jahweh, zitiert von Jesaja zweihundert Jahre später, sagt: ›Ich mache das Licht und schaffe die Finsternis; ich gebe Frieden und schaffe Unheil.
    Ich bin der Herr, der dies alles tut.‹ Erst mit dem Buch der Chronik, 4. Jahrhundert vor Christus, wird mit dem Wort Schaitan ein Wesen bezeichnet und nicht nur ein Attribut Gottes.« Diesen Vortrag hätte die wirkliche Rekha gewiss nicht halten können, da sie einer polytheistischen Tradition entstammte und auch nie das geringste Interesse an vergleichender Religionswissenschaft oder ausgerechnet den Apokryphen an den Tag gelegt hatte. Die Rekha jedoch, die ihn verfolgte, seit er aus der Bostan gefallen war, war, das wusste Gibril, nicht wirklich in einer objektiven, psychologisch oder physisch konsistenten Art und Weise. Was war sie dann? Man könnte sie sich leicht als ein von ihm fabriziertes Ding vorstellen, als seine Komplizin-Gegnerin, seinen inneren Dämon. Das würde ihr gutes Verhältnis zu den Mysterien erklären. Doch wie war er selbst an dieses Wissen gekommen?
    Hatte er es früher tatsächlich besessen und dann verloren, wie ihn jetzt sein Gedächtnis informierte? (Hier hatte er ein Gefühl der Ungenauigkeit, aber als er versuchte, die Gedanken auf sein »dunkles Alter« zu konzentrieren, das heißt auf die Phase, in der er unerklärlicherwe ise an seiner Engelsexistenz gezweifelt hatte, stand er vor einer dicken Wolkenbank, durch die er, so angestrengt er auch spähen und blinzeln mochte, doch nur Schatten ausmachen konnte.) Oder konnte es sein, dass der Stoff, der jetzt seine Gedanken füllte, das Echo jener Situation - um nur ein einziges Beispiel zu nennen -, als seine Stellvertreter Ithuriel und Zephon im Garten Eden den Widersacher erblickten, der wie eine Kröte an Evas Ohr saß und all seine List aufwandte, »um die Organe ihrer Phantasie anzusprechen und mit ihnen, nach Belieben, Illusionen zu schmieden, Phantasmagorien und Träume«, ihm vielmehr von derselben zweideutigen Kreatur eingegeben worden war, diesem Oben-Unten-Ding, das ihm in Allelujas Boudoir gegenübergetreten war und ihn aus seinem langen Wachschlaf erweckt hatte? Dann war vielleicht auch Rekha ein Emissär dieses Gottes, ein äußerer, göttlicher Gegner und nicht ein innerer, aus Schuldgefühlen entstandener Schatten; einer, der geschickt worden war, mit ihm zu ringen, ihn wiederherzustellen.
    Seine Nase, aus der Blut sickerte, begann schmerzhaft zu pochen. Schmerzen hatte er noch nie ertragen können.
    »Wehleidige Heulsuse!« lachte Rekha ihn aus. Schaitan hatte mehr verstanden:
    Lebt dort, wer seinen Schmerz liebt? Wer würde nicht, einen Weg wissend, der Hölle entfliehen, wiewohl dorthin verdammt?
    Du selbst würdest es tun, zweifellos, und kühn dich wagen, überall dorthin, wo der Schmerz am entferntesten ist, wo du Qualen gegen Ruhe einzutauschen hoffst…
    Er hätte es nicht besser formulieren können. Wer sich in einem Inferno wiederfindet, würde alles tun, um zu entkommen, Vergewaltigung, Erpressung, Mord, Selbstmord… er tupfte sich die Nase mit einem Taschentuch, während Rekha, die noch immer auf ihrem fliegenden Teppich saß und seinen Aufstieg (Abstieg?) in das Reich metaphysischer Spekulationen ahnte, das Gespräch auf ein vertrauteres Thema brachte. »Du hättest bei mir bleiben sollen«, sagte sie. »Du hättest mich lieben können, so wie es sich gehört. Ich wusste , wie man liebt. Nicht jeder hat diese Fähigkeit. Ich habe sie, das heißt, ich hatte sie.
    Nicht wie diese egoistische blonde Sexbombe, die sich heimlich vornimmt, ein Kind zu bekommen, und dir nicht mal was davon erzählt. Und auch nicht

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