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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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dem Projekt eigentlich«, rief Allie Co-ne. Mr. »Whisky« Sisodia strahlte bis hinter beide Ohren. »Mamadam«, sagte er, »er wird den Erzengel spielen, Gibril.«
     
    Vorgesehen war eine Folge von Filmen, historisch und zeitgenössisch zugleich, die s ich um jeweils ein Ereignis aus dem langen und illustren Leben des Engels drehten: mindestens eine Trilogie. »Sagen Sie bloß«, meinte Allie mit einem spöttischen Blick auf den kleinen, glänzenden Mogul.
    »Gibril injahilia, Gibril und der Imam, Gibril und das Schmetterlingsmädchen.« Sisodia war kein bisschen verlegen, sondern nickte stolz. »Haha-Handlung, Drehbücher, Bebe-Besetzungslisten, alles schon in Arbeit.« Das war zu viel für Allie. »Das ist doch oberfaul«, fuhr sie ihn an, so dass er, ein zitterndes und ein besänftigendes Knie, vor ihr davonlief und Allie hinter ihm her, durch die ganze Wohnung, sie drosch auf Möbel ein und knallte mit den Türen. »Ihr beutet doch nur seine Krankheit aus, nehmt keine Rücksicht auf seinen gegenwärtigen Zustand und legt eine außerordentliche Verachtung für seine eigenen Wünsche an den Tag. Er hat sich zurückgezogen. Könnt ihr das nicht respektieren? Er hat keine Lust, ein Star zu sein. Und bleiben Sie doch endlich stehen. Ich werde Sie nicht auffressen.«
    Er blieb stehen, ein dämpfendes Sofa zwischen sich und ihr.
    »Bitte verstehen Sie, es ist un-un-un«, rief er, und seine Zunge war vor Panik fast gelähmt. »Kaka-kann sich der Mond zurückziehen? Und, es tut mir leid: hier sind seine sie-sieben Unterschriften. Er hat sich eineindeutig festgelegt. Es sei denn, Sie stecken ihn in ein Papa.« Er gab auf, schweißüberströmt.
    »In ein was?«
    »Pagal Khana. Irrenhaus. Das wäre noch eine Mo-Möglichkeit.«
    Allie griff zu einem schweren, metallenen Tintenfass in Form des Mount Everest und schickte sich an, es zu werfen. »Sie sind wirklich eine miese Ratte«, begann sie, aber Gibril stand in der Tür, noch immer reichlich blass , mager und hohläugig.
    » Alleluja «, sagte er. »Ich überleg e, ob ich nicht mitmachen soll. Vielleicht brauche ich die Arbeit wieder.«
     
    »Gibril Sahib! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie s ehr ich mich freue! Ein Star is t wiedera uferstanden.« Billy Battuta war eine Überraschung: nicht mehr der Klatschspalten-Gauner mit Brillantine im Haar und jeder Menge Ringe an den Fingern, sondern dezent gekleidet, blauer Blazer mit Messingknöpfen, Bluejeans, und statt des selbstbewussten , überheblichen Auftretens, das Allie erwartet hatte, übte er sympathische, geradezu respektvolle Zurückhaltung. Er hatte sich einen gepflegten Ziegenbart stehen lassen, der ihm eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Christus des Turiner Leichentuchs verlieh.
    Nachdem er die drei (Sisodia hatte sie in seiner Limousine abgeholt, und der elegant gekl eidete Chauffeur, Nigel aus St. Lucia, erzählte Gibril unterwegs, wie viele Fußgänger außer ihm er durch seine blitzschnellen Reflexe vor schweren Verletzungen oder dem Tod bewahrt habe, wobei er diese Reminiszenzen immer wieder mit Telefonanten unterbrach, in denen über mysteriöse Geschäfte und sagenhafte Geldbeträge verhandelt wurde) willkommen geheißen und Allie herzlich die Hand geschüttelt hatte, war er über Gibril hergefallen und hatte ihn mit unverstellter, ansteckender Begeisterung umarmt. Seine Begleiterin Mimi Mamoulian war viel direkter: »Es ist schon alles arrangiert«, verkündete sie, »Obst, Stars, Paparazzi, Talkshows, Gerüchte, angedeutete Skandälchen, alles was eine internationale Berühmtheit braucht. Blumen, Leibwächter, Verträge über zig Millionen Pfund. Macht’s euch bequem!«
    So lief es immer, dachte Allie. Ihr anfänglicher Widerstand gegen den ganzen Plan war gescheitert an Gibrils eigenem Interesse, das wiederum seine Ärzte veranlasste , sich einverstanden zu erklären, in der Annahme, dass seine Rückkehr in das vertraute Milieu, eine Heimkehr gewissermaßen, seiner Genesung nur förderlich sein könne.
    Und wenn Sisodia sich die Träume, die er an Gibrils Bett gehört hatte, unter den Nag el gerissen hatte, so konnte das als genialer Einfall aufgefasst werden: sobald diese Geschichten nämlich eindeutig erkennbar in der künstlichen, gefälschten Welt des Kinos untergebracht wären, müsste es auch Gibril leichter fallen, sie als Phantasiegebilde zu sehen. Vielleicht ließe sich dann auch jene Berliner Mauer zwischen Träumen und Wachen sehr viel schneller wiederaufbauen. Grundsätzlich lohnte es

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